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Komplette Umwandlung der Natur Mensch greift mehr ein als Ende der Eiszeit

Terrassenfelder in China: Der Mensch hat das Gesicht der Erde grundlegend verändert, schon vor Jahrtausenden.

Terrassenfelder in China: Der Mensch hat das Gesicht der Erde grundlegend verändert, schon vor Jahrtausenden.

(Foto: picture alliance/dpa)

In den letzten Jahrzehnten hat der Mensch die Natur gravierend verändert - sei es durch Abholzung der Wälder oder Landwirtschaft. Aber sein Einfluss auf die Pflanzenwelt reicht noch viel länger zurück als gedacht - und ist sogar stärker als die Veränderungen am Ende der letzten Eiszeit.

Der Mensch verändert die Vegetation der Erde mindestens ebenso sehr, wie es die klimatischen Veränderungen am Ende der letzten Eiszeit getan haben. Das schließen Wissenschaftler aus der Analyse fossiler Pollen.

Die globale Ausbreitung des Menschen, die Entwicklung der Landwirtschaft und die Abholzung von Wäldern gehören zu den menschlichen Einflüssen, die die pflanzliche Artenvielfalt in den letzten 3000 bis 4000 Jahren nachhaltig verändert haben, wie das internationale Forscherteam im Fachmagazin "Science" berichtet. Mit dem Einfluss des Klimawandels werde sich der Wandel der Ökosysteme in der Zukunft vermutlich noch beschleunigen.

"Am Ende der Eiszeit hatten wir eine komplette Umwandlung der Ökosysteme", sagt Studienleiter John Williams von der University of Wisconsin-Madison in einer Mitteilung seiner Universität. "Und in den letzten paar Tausend Jahren sind wir wieder in diesem Maßstab. Es hat sich so viel verändert. Und diese Veränderungen haben früher begonnen, als wir bisher gedacht haben."

Pollen geben Einblicke in Vergangenheit

Forscher entnehmen in St. Paul, Alaska, eine Bohrkern-Probe.

Forscher entnehmen in St. Paul, Alaska, eine Bohrkern-Probe.

(Foto: Jack Williams/dpa)

Das Team um Williams hatte fossile Pollenproben untersucht, die weltweit gesammelt und in einer Datenbank erfasst wurden. Sie können wertvolle Einblicke in die Vergangenheit geben: Wenn Pollen etwa in Seen fallen, lagern sie sich dort Schicht für Schicht ab. In Bohrkernen der Sedimente lassen sich später jahrtausendealte Pflanzengemeinschaften rekonstruieren. Insgesamt betrachteten die Forscher 1181 Proben aus allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis. Sie ergänzten die Daten mit statistischen Analysen und rekonstruierten so die Veränderungen der pflanzlichen Ökosysteme im Verlauf der vergangenen 18.000 Jahre.

Eine erste, dramatische Veränderung sahen sie zu jener Zeit, als die Gletscher sich am Ende der letzten Eiszeit zurückzogen und sich die Umweltbedingungen massiv veränderten. Das geschah auf den verschiedenen Kontinenten zu unterschiedlichen Zeiten, in einem Zeitraum von vor 8000 bis vor 16.000 Jahren. Dann stabilisierten sich die Ökosysteme, bis sich beginnend vor etwa 4000 Jahren die Pflanzengemeinschaften erneut erheblich veränderten.

"Überraschender Befund"

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"Das war ein überraschender Befund, denn in den letzten paar Tausend Jahren ist klimatisch nicht viel passiert, aber die Raten der Ökosystemveränderung waren genauso groß oder größer als alles, was wir von der letzten Eiszeit bis heute gesehen haben", sagt Williams.

Die Studie der Forscher war nicht explizit darauf angelegt, Ursachen der Veränderungen zu erforschen. Aufgrund der zeitlichen Nähe gehen die Wissenschaftler aber davon aus, dass der Mensch, insbesondere der Beginn der Landwirtschaft, die Entstehung von Städten und großen Zivilisationen, Ursache der beobachteten Veränderungen ist. Das Anthropozän  - also das Zeitalter, in dem der Mensch einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Erde ist  - habe nicht erst mit der Industrialisierung begonnen, sondern schon viel früher, schreiben sie.

Quelle: ntv.de, Anja Garms, dpa

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