Ende einer Forschungs-Sensation Seltener Tiefseehai-Fund womöglich nur Spielzeug
28.03.2023, 10:07 Uhr Artikel anhören
Koboldhaie leben in der Tiefsee - im Mittelmeer sind sie bisher noch nicht nachgewiesen worden.
(Foto: picture alliance / NHPA/Avalon.red)
Noch nie wurde ein seltener Koboldhai im Mittelmeer nachgewiesen - doch im vergangenen Jahr meldete eine Forschungsgruppe einen solchen Fund in Griechenland. Ein Foto sollte die Sensation belegen. Doch dann mehrten sich Zweifel. Gingen die Forscher einem Spielzeug auf den Leim?
Ein bizarrer Vorfall rund um den Fund eines vermeintlichen Koboldhais im Mittelmeer sorgt für Aufregung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. In der Fachzeitschrift "Mediterranean Marine Science" wurde letztes Jahr ein Foto des angeblichen Hais veröffentlicht, der auf einem griechischen Strand gefunden wurde. Doch nun mehren sich die Zweifel an der Echtheit des Hais, da einige Experten vermuten, dass es sich in Wahrheit um ein Plastikspielzeug handelt.
Über Koboldhaie ist nur wenig bekannt. Markant sind ihre vorstehenden Kiefer. Sichtungen von ihnen sind jedoch außerordentlich selten. Man weiß, dass sie in tiefen Küstengewässern auf der ganzen Welt leben, im Mittelmeer wurden sie jedoch noch nie gefunden.
"Es sah nicht richtig aus"
Laut dem ursprünglichen wissenschaftlichen Artikel wurde der angebliche Hai im August 2020 von einem Mann namens Giannis Papadakis entdeckt. Das Foto gelangte in die Hände einer Gruppe örtlicher Wissenschaftler, die es zwei Jahre später zusammen mit Aufzeichnungen anderer erstmals im Mittelmeer entdeckter Arten veröffentlichte. Doch bald darauf äußerten Haiforscher weltweit in einer Facebook-Gruppe Zweifel an der Authentizität des Koboldhais. "Es sah nicht richtig aus", sagte David Ebert, Autor des Buches "Sharks of the World", der "New York Times". "Er ist zu klein, und seine Kiemen sehen nicht so aus, als ob sie wirklich offen wären. Es sieht überhaupt nicht natürlich aus."
Schließlich veröffentliche eine Gruppe von Haiforschern im November einen Kommentar, in dem sie die Echtheit des in Griechenland gefundenen Koboldhais infrage stellten. "Wir haben Zweifel", schrieben sie, dass der Koboldhai "ein natürliches Exemplar ist". Die Forscher machten ihre Bedenken etwa an den deutlich hervorstehenden Kiefern des Hais auf dem Foto fest, was ungewöhnlich für ein gestrandetes Exemplar dieser Art sei. Auch hätte der vermeintliche Hai einen Kiemenschlitz zu wenig und zu runde Flossen.
Foto von Spielzeug-Koboldhai
Die Skepsis wurde noch größer, als in den sozialen Medien ein Bild von einem Plastik-Koboldhai des italienischen Unternehmens DeAgostini geteilt wurde, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem in Griechenland gefundenen Exemplar aufweist. Auch Jürgen Pollerspöck, unabhängiger Haiforscher aus Deutschland und Mitautor des kritischen Kommentars, schrieb Mitte März dem Magazin Gizmodo zu dem umstrittenen Foto in der Studie: "Meiner Meinung nach ist es ein Modell eines solchen Hais". Wie der mutmaßliche Plastikhai an den Strand in Griechenland gelangt sein könnte, ist jedoch nicht bekannt.
Die Autoren des Artikels über den Hai-Fund verteidigten zunächst ihre Arbeit und änderten auch ihre Größenschätzung des Hais von knapp 80 auf etwa 18 Zentimeter, berichtete die "New York Times". Zudem schlugen sie zunächst vor, dass es sich bei dem Koboldhai-Exemplar um einen Embryo handeln könnte. Schließlich zogen sie vor einigen Tagen ihre Arbeit jedoch zurück und räumten ein, dass es zu viele Unsicherheiten bei dem Fund gebe.
Quelle: ntv.de, kst