In immungeschwächter Patientin Sars-Cov-2 zeigt Resistenz gegen Remdesivir
25.03.2022, 17:12 Uhr
Mit Remdesivir kamen die Mediziner in diesem Fall nicht ans Ziel.
(Foto: AP)
Sars-Cov-2 ist ein besonders mutationsfreudiges Virus, das zeigt sich nicht nur an den ständig neu auftretenden Varianten. Auch gegen mögliche Medikamente setzt es sich mit Veränderungen zur Wehr, wie ein Fall aus den USA zeigt.
In der deutschen Therapie-Leitlinie für Covid-19 wird auch Remdesivir genannt. Doch möglicherweise können Ärztinnen und Ärzte nicht mehr lange auf dieses Mittel setzen. In einer Studie wurde beobachtet, dass Sars-CoV-2 eine Resistenz gegen das Virostatikum entwickeln kann.
US-Mediziner stellen in der Zeitschrift "Nature Communications" den Fall einer abwehrgeschwächten Lymphompatientin vor, bei der eine zehntägige Behandlung mit Remdesivir erfolglos blieb. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass eine Mutation im Virus das Medikament wirkungslos machte. Zugleich habe die Mutation aber auch das Virus geschwächt.
Die Möglichkeit, dass sich Sars-CoV-2 durch Mutationen dem Zugriff von Medikamenten entziehen könnte, war in Laborstudien bereits vorhergesehen worden. Virologen hatten gezeigt, dass die Mutation E802 im Gen NSP12 die RNA-abhängige RNA-Polymerase so verändert, dass sie durch Remdesivir nur noch geringfügig gehemmt werden kann.
Fast ein halbes Jahr Dauerinfektion
Diese Mutation entdeckten Infektiologen der Yale University School of Medicine in New Haven/Connecticut bei einer 70-jährigen Patientin mit Non-Hodgkin-Lymphom. Nachdem die Frau mit dem Antikörper Rituximab behandelt worden war, konnte sie keine Antikörperantwort gegen Sars-CoV-2 entwickeln. Als sie sich im Mai 2020 mit dem Coronavirus infizierte und an Covid-19 erkrankte, kam es zu einer chronischen Infektion. Nach 148 Tagen Dauerinfektion entschlossen sich die Ärzte zu der Behandlung mit Remdesivir, die aus Sorge vor einem Rückfall von fünf auf zehn Tage verlängert wurde.
Wie Shiv Gandhi und sein Team berichten, war die Behandlung zunächst erfolgreich. Ein steigender Ct-Wert im PCR-Test zeigte eine sinkende Viruslast an. Doch noch während der Behandlung mit Remdesivir kam es zu einem Rückfall. Den Medizinern gelang es, die Infektion schließlich durch eine Infusion der monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab zu beenden. Diese Medikamente waren gegen die damals kursierende Variante noch wirksam.
Die Forscher konnten mehrere Nasen-, Rachen-, Speichel-, Stuhl- und Blutproben untersuchen, die im Verlauf der Erkrankung genommen wurden. Das Genom von Sars-CoV-2 wurde insgesamt 27 Mal sequenziert. Die Mutation E802 wurde erstmals am siebten Tag der Remdesivir-Behandlung entdeckt. Nach wenigen Tagen hatte sie sich gegen andere Varianten durchgesetzt. Tests bestätigten, dass die Mutation die Wirksamkeit von Remdesivir deutlich abschwächte. Gandhi, der Erstautor der Studie, vermutet, dass immungeschwächte Patientinnen und Patienten möglicherweise anfälliger für die Entwicklung von Resistenzen sind, "sei es gegen ein kleines Molekül wie Remdesivir oder gegen eine Antikörpertherapie".
Gleichzeitig verminderte die Mutation die Infektiosität der Viren. Unter normalen Umständen würde sich die Mutante deshalb vermutlich nicht durchsetzen können, so die Forschenden. Nur wenn Remdesivir die Vermehrung anderer Varianten verhindert, haben Mutanten mit E802 eine Chance.
Die Forschenden empfehlen deshalb eine Kombinationstherapie, die auch die Behandlungsresistenz bei der immungeschwächten Patientin in der Studie offenbar erfolgreich begrenzt hat. Sie verringere das Risiko, dass ein Virus gegen eine einzelne Therapie resistent wird, so die Wissenschaftler in einer Mitteilung der Universität. Diese Behandlungen, bei denen mehrere Wirkstoffe verwendet werden, die auf verschiedene Teile eines Virus abzielen, waren bereits erfolgreich bei der Behandlung von Patienten mit HIV.
Quelle: ntv.de, sba