Zehn IQ-Punkte weniger Schweres Covid lässt Gehirn massiv altern
05.05.2022, 10:47 Uhr
Vielen Betroffenen fallen die Einschränkungen selbst auf.
(Foto: picture alliance / PantherMedia)
Viele Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren, berichten von anhaltender Müdigkeit und "Gehirnnebel". In einer Studie werden die kognitiven Auswirkungen einer schweren Corona-Infektion nun untersucht. Das Forschungsteam aus Großbritannien kommt zu beunruhigenden Ergebnissen.
Eine schwere Covid-19-Erkrankung mit Behandlung auf der Intensivstation hinterlässt bei den Betroffenen erhebliche kognitive Störungen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die in eClinicalMedicine veröffentlicht wurde. In der Untersuchung wurden 46 an schwerem Covid-19 erkrankte Menschen mit 460 Personen einer Kontrollgruppe verglichen. Dabei stellten die Forschenden fest, dass die Auswirkungen einer schweren Corona-Infektion sechs Monate später dem Altern um 20 Jahre - von 50 auf 70 Jahre - oder dem Verlust von 10 IQ-Punkten entsprachen.
Das Team um den Neurowissenschaftler David Menon von der Universität Cambridge hatte mit den 46 Patienten etwa sechs Monate nach der Entlassung aus dem Addenbrooke's Hospital eine Reihe von kognitiven Tests gemacht. Dabei wurden Gedächtnis, Aufmerksamkeit, logisches Denken sowie Angstzustände, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen erfasst.
Alle Patienten im Alter von 28 bis 63 Jahren waren auf einer Intensivstation behandelt worden. 16 der Patienten wurden dort bis zu 50 Tage lang maschinell beatmet. Bei diesen Patienten kommt es auch nach anderen Erkrankungen häufig zu kognitiven Störungen. Deshalb war ein schlechteres Abschneiden bereits erwartet worden. Um eine weitgehende Vergleichbarkeit zu gewährleisten, glichen die Kontrollpersonen den Covid-19-Patienten in Alter, Geschlecht, Herkunft und Bildungsniveau.
Langsamer und ungenauer
Besonders auffällig waren die Verluste bei verbalen Analogieaufgaben, bei denen Menschen gebeten werden, Ähnlichkeiten zwischen Wörtern zu finden. Dies bestätigen zahlreiche Berichte von Betroffenen, demnach sie nach der Infektion Schwierigkeiten haben, die richtigen Worte zu finden. Dem Team zufolge war für die Vorhersage des kognitiven Ergebnisses die Schwere der Erstinfektion aussagekräftiger als die aktuelle psychische Gesundheit des Probanden oder der Probandin.
"Kognitive Beeinträchtigungen treten bei einer Vielzahl von neurologischen Störungen auf, einschließlich Demenz und sogar beim routinemäßigen Altern, aber die Muster, die wir gesehen haben - der kognitive 'Fingerabdruck' von Covid-19 - unterschieden sich von all diesen", sagt Menon.
Demnach waren die Unterschiede frappierend. Die Forscher führten dieselben Tests durch, die auch in Intelligenztests zum Einsatz kommen. Dabei ging es teilweise um Genauigkeit, teilweise um die Reaktionsgeschwindigkeit. In den meisten Tests erzielten die Post-Covid-Patienten schlechtere Ergebnisse als die Kontrollgruppe. Sie machten häufiger Fehler und benötigten länger für die Aufgaben. Die größten Defizite wurden bei den Patienten beobachtet, die während der Behandlung in der Klinik maschinell beatmet worden waren.
Etwas Hoffnung können die Wissenschaftler Betroffenen machen. Bei Nachuntersuchungen sahen sie Anzeichen einer allmählichen Erholung der kognitiven Fähigkeiten. "Wir haben einige Patienten bis zu zehn Monate nach ihrer akuten Infektion nachbeobachtet, wobei wir eine sehr langsame Besserung feststellen konnten", so Menon. Er bezeichnete es aber als "sehr wahrscheinlich, dass sich einige dieser Personen nie vollständig erholen werden".
Quelle: ntv.de, sba