Attrappe soll Feinde täuschenSpinnen bauen riesige Fake-Doppelgänger

Tropische Radnetzspinnen setzen auf eine ungewöhnliche, aber clevere Taktik: Sie bauen täuschend echte Attrappen von sich selbst - nur in Übergröße. So schrecken sie erfolgreich Feinde ab. Manche Spinnen verstecken sich sogar in ihren Kunstwerken und bewegen diese bei Gefahr.
Manche Spinnen bauen aus verschiedenen Materialien riesige Doppelgänger auf ihre Netze und täuschen damit potenzielle Fressfeinde wie Libellen und Kolibris. In den Strukturen versteckt schütteln sie das Gebilde, um Bewegung vorzugaukeln - und schrecken Angreifer mit dieser furchteinflößenden Tarnung oft erfolgreich ab, wie ein Forschungsteam im Fachjournal "Ecology and Evolution" berichtet.
Die Mitte des Netzes ist optimal als Lauerplatz, weil die Spinne von dieser zentralen Position aus Beute überall im Netz spüren und schnell erreichen kann. Allerdings ist sie gerade in der Mitte auch besonders gut zu sehen - eine Reihe von Jägern wie bestimmte Libellen hält sogar gezielt nach dort sitzenden Radnetzspinnen Ausschau.
Immer wieder mal habe es Berichte über Ablagerungen in den Netzen von Radnetzspinnen gegeben, die einer größeren Spinne ähnelten, erklären die Forschenden. Sie untersuchten das wundersame Phänomen nun genauer. Dafür wählte das Team um George Olah von der Australian National University in Canberra und Lawrence Reeves von der University of Florida in Gainesville verschiedene Cyclosa-Spinnenarten aus tropischen Wäldern in Peru und auf den Philippinen.
Fake-Spinnen kriegen sogar Beine
In der Mitte ihrer Netze bauen Tiere dieser Spezies demnach aus winzigen Seidenfäden, Kadavern ihrer Beute und Pflanzenresten künstliche Doppelgänger - jeweils mehrfach größer als sie selbst. Das passiere nachts und oft binnen nur eineinhalb Stunden - was das Risiko vermindere, beim Bauen entdeckt und gefressen zu werden, heißt es in der Studie. Unpassendes Material schneiden die Tiere demnach gezielt aus dem Netz und schnipsen es mit einem Bein weg.
Die entstehenden großen Fake-Spinnen bestehen jeweils aus einer zentralen Körper, von der aus vier bis acht beinähnliche Ausläufer nach außen abgehen. Das eigene Netz mit einem so auffälligen Klops auszustatten, sei durchaus eine zweischneidige Sache, erläutern die Forschenden: Umherfliegende Jäger können dadurch auf ein Netz aufmerksam werden, an dem sie sonst vorbei geschwirrt wären. Beobachtungen zeigten aber, dass der Nutzen durch Abschreckung oder dadurch, dass der Angreifer die Fälschung attackiere und enttäuscht von dannen ziehe, größer sei.
Spinnen bewegen ihre Figuren bei Gefahr
Der Erfolg mag auch daran liegen, dass manche der Spinnen ihre Doppelgänger sogar noch mit einer Zusatzfunktion ausstatten: Der vermeintliche Körper der Fake-Spinne wird als Höhle oder Tasche konstruiert, in der die Spinnen lauern können. Naht eine Gefahr, knallen die Spinnen wiederholt ihren Hinterleib gegen die Struktur, die daraufhin einschüchternd wobbelt. Gelingt auch diese Abschreckung nicht, hüpfen die Spinnen auf den Boden und lassen sich erst nach etwa einer Stunde wieder auf ihrem Netz blicken.
Und als wäre all das der evolutionären Raffinesse nicht genug, haben die Forschenden einen weiteren möglichen Erfolgsfaktor ausgemacht: Die in den Doppelgängern verbauten Reste lassen diese ein Stück weit wie Vogelkot aussehen - und Vögel fressen ihre eigenen Exkremente in der Regel nicht.