Erster H5N1-Fall beim Schwein Wächst die Vogelgrippe-Gefahr für den Menschen?


Das Vogelgrippe-Virus breitet sich derzeit unter Milchkühen in den USA aus - und hat jetzt zum ersten Mal auch ein Schwein infiziert.
(Foto: picture alliance / BSIP)
Auf einer kleinen Farm im US-Bundesstaat Oregon ist ein Schwein mit Vogelgrippe infiziert. Es ist der erste Fall dieser Art und löst bei Fachleuten Alarmbereitschaft aus. Ein Ausbruch unter Schweinen würde das H5N1-Virus dem Menschen einen gefährlichen Schritt näher bringen.
Ein Infektionsfall auf einem kleinen Bauernhof im US-Bundesstaat Oregon sorgt derzeit für Aufsehen. Dort wurde das Vogelgrippevirus H5N1 erstmals bei einem Schwein nachgewiesen, wie die zuständige US-Landwirtschaftsbehörde USDA mitteilte. Es hatte sich offenbar bei infizierten Hühnern angesteckt. Gewebetests ergaben, dass das Schwein "im ganzen Körper Viren hatte", sagte Ryan Scholz, der staatliche Tierarzt von Oregon, dem US-Online-Portal "Statnews".
Dass nun nach Milchkühen auch ein Schwein betroffen ist, versetzt Fachleute in Alarmbereitschaft. Schweine werden manchmal als "Mischgefäß" für Grippeviren bezeichnet, da sie sich gleichzeitig mit Vogelgrippeviren und auch menschlichen Grippeviren infizieren können. Durch den Austausch von Genen kann dann ein neues, gefährlicheres Hybridvirus entstehen, das den Menschen leichter infiziert. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung von H5N1 wird wahrscheinlicher.
Dieses Szenario ist dabei keineswegs eine Fiktion. Die "Schweinegrippe-Pandemie" (H1N1) hatte im Jahr 2009 nach diesem Muster ihren Lauf genommen. Der Startpunkt war eine Schweinefarm in Mexiko, wo eine solche Vermischung verschiedener Influenzaviren stattgefunden hatte.
"Das wäre eine Katastrophe"
Davon kann bei dem aktuellen Fall in Oregon allerdings noch keine Rede sein. Der betroffene Hof ist ein nichtkommerzieller Betrieb. Es gebe dort keine Massen an Tieren und die betroffenen Hühner und Schweine seien auch nicht für die kommerzielle Lebensmittelversorgung bestimmt gewesen, erklärt das Landwirtschaftsministerium. Es gäbe also "keine Bedenken zur Sicherheit der nationalen Schweinefleischversorgung". Und auch die Gefahr der Vogelgrippe bleibe für die Bevölkerung gering.
Ähnlich sieht das auch der US-Virologe Florian Krammer. "Wenn [das Virus] sich nicht von Schwein zu Schwein ausbreitet und der Ausbruch sich auf diesen einen Bauernhof begrenzt, ist es keine große Sache", sagt der Experte "Statnews". Allerdings rät Krammer zur Wachsamkeit. Sollte sich H5N1 von Schwein zu Schwein ausbreiten - wie aktuell bei Milchkühen - sei das ein viel größeres Problem, so Krammer. "Wenn das Virus in großen Schweinepopulationen in den USA auftritt, ähnlich wie bei Kühen, wäre das meiner Meinung nach eine Katastrophe."
Virus passt sich an
Schweine sind sehr anfällig für Grippeviren. In der Vergangenheit haben saisonale menschliche Grippeviren immer wieder ihren Weg in Schweinepopulationen gefunden, wo sie zirkulieren und sich neu sortieren. Hin und wieder gelangen diese Viren wieder auf den Menschen, wobei sie in der Regel Landarbeiter oder Besucher von Landwirtschaftsmessen oder Viehauktionen infizieren. Über 500 solcher Infektionen wurden Behördenangaben zufolge in den letzten 15 Jahren in den Vereinigten Staaten registriert, wie die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) berichten. Glücklicherweise handelte es sich bisher um Einzelfälle.
Früheren Studien zufolge können H5N1-Viren Schweine zwar infizieren, sich aber nicht besonders gut unter ihnen verbreiten. Mit den neuen Varianten könnte sich das jedoch ändern. Eine aktuelle Untersuchung von Wissenschaftlern des US-Landwirtschaftsministeriums ergab, dass die Vogelgrippe-Variante, die derzeit in den USA zirkuliert, Schweine deutlich leichter infizieren könne.
Fast 390 Ausbrüche bei Kühen
H5N1 grassiert bereits seit mehreren Jahren weltweit. Zahlreiche Wildvögel und Wildtiere fielen dem Erreger bereits zum Opfer. Im Mai 2024 tauchte das Virus erstmals in verschiedenen Rinderfarmen in den USA auf. Den Behörden ist es bisher nicht gelungen, die Vogelgrippe-Epidemie zu stoppen. Inzwischen wurden fast 390 Ausbrüche bei Kühen dokumentiert, wobei derzeit regelmäßig neue Nachweise aus Kalifornien gemeldet werden, dem größten Milchproduzenten der USA.
Auch Farmarbeiter in Milchviehbetrieben infizieren sich immer wieder mit H5N1. So wurden bereits 36 Erkrankungen beim Menschen dokumentiert. Die Infektion verlief in der Regel jedoch leicht, Betroffene bekamen beispielsweise eine Bindehautentzündung, Erkältungs- oder auch Grippesymptome.
Bisherigen Erkenntnissen zufolge wurden die Viren in allen Fällen von Geflügel oder Kühen auf den Menschen übertragen. Die einzige bekannte Ausnahme ist ein Fall in Missouri, bei dem die Infektionsquelle bisher nicht geklärt werden konnte. Einen echten Ausbruch von H5N1 beim Menschen hat es bisher nicht gegeben. Dieser Fall wird allerdings umso wahrscheinlicher, je länger die Epidemie andauert, warnen Fachleute.
Quelle: ntv.de