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Genanalyse weist Weg nach Wie die Vogelgrippe in die Antarktis gelangte

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Pinguine sind womöglich für die kursierende Vogelgrippe-Variante weniger anfällig als befürchtet.

Pinguine sind womöglich für die kursierende Vogelgrippe-Variante weniger anfällig als befürchtet.

(Foto: picture alliance / Bildagentur-online/McPhoto-Wolf)

Die Vogelgrippe breitet sich immer weiter aus und gelangt sogar in die entlegensten Ecken der Erde. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis die verheerende Welle an Virus-Ausbrüchen auch die Antarktis erreicht. Forschende zeichnen nun den Weg von H5N1 nach - und stellen sich die besorgniserregende Frage: Was passiert mit den Pinguinen?

Die Vogelgrippe hat die Antarktis von Südamerika ausgehend erreicht. Diese Annahme bestätigt eine im Fachjournal "Nature Communications" vorgestellte Analyse von Erbsequenzen des Erregers. Wahrscheinlich sei das H5N1-Virus durch Zugvögel eingetragen worden. Mehrere antarktische Seevogelarten wandern demnach regelmäßig zwischen dem Südatlantik und dem Südlichen Ozean hin und her und besuchen die südamerikanische Küste zur Nahrungssuche oder zum Überwintern.

"Die Daten der Studie stammen aus der vorangegangenen Brutsaison und belegen die Einführung und frühe Ausbreitung des Virus", sagte Marc Engelsma von der Universität Wageningen (Niederlande), der selbst nicht an der Studie beteiligt war. "Die Sorge gilt nun der neuen Brutsaison, die auf der südlichen Halbkugel bevorsteht."

Gewaltige Kolonien in Gefahr

Die antarktische Region beherbergt riesige Brutkolonien verschiedener Vogelarten, wie die Forschenden erläutern. Wie schlimm das Virus dort in nächster Zeit wüten werde, sei noch nicht abzusehen. Generell gelte aber, dass Krankheitsausbrüche mit hoher Sterblichkeitsrate für bereits gefährdete Seevogelpopulationen eine erhebliche Bedrohung darstellen. Zudem seien die Überlebenschancen des Virus in der kalten Umgebung erhöht und es sei wahrscheinlich, dass es dort in Kadavern länger infektiös bleibe, erklärt das Team um Ashley Banyard von der britischen Animal and Plant Health Agency (APHA-Weybridge) in Addlestone.

Lange Zeit war die Antarktis die einzige große geografische Region, in der die seit Jahren weltweit kursierende Vogelgrippe-Variante nicht vorkam. Im Oktober 2023 wurde es nun auch dort nachgewiesen. Damit gilt nur noch Australien als H5N1-frei.

Das Team um Banyard hatte Proben aus antarktischen und subantarktischen Regionen untersucht, zudem wurden in die Erbgutanalysen Funde in Südamerika einbezogen. In der antarktischen Region wurde das Virus demnach erstmals in einer Probe vom 8. Oktober 2023 gefunden, die bei einem Braunen Skua (Stercorarius antarcticus) auf der kleinen, Südgeorgien vorgelagerten Insel Bird Island genommen wurde. Schon zuvor hatten Forschende dort kranke Vögel bemerkt.

In der Zeit danach folgten Nachweise bei mehreren Vogel- und Säugetierarten aus verschiedenen Gebieten Südgeorgiens. Zugleich sei der Erreger bei Silbersturmvögeln (Fulmarus glacialoides) und Schwarzbrauenalbatrossen (Thalassarche melanophris) auf den Falklandinseln bestätigt worden.

Viele seltene Arten

Die Insel Südgeorgien liegt im Südpolarmeer, die Falklandinseln sind eine abgelegene Inselgruppe im Südatlantik etwa 1500 Kilometer westlich von Südgeorgien in der subantarktischen Region. Beides sind Gebiete mit einer großen Vielfalt an teils seltenen Vogelarten. Allein auf Südgeorgien brüten etwa 29 Spezies, wie es in der Studie heißt.

Die einzigartigen Ökosysteme der Antarktis und der subantarktischen Inseln seien von menschlichen Populationen zwar relativ isoliert, von den vom Menschen verursachten Umweltveränderungen wie der Einschleppung gebietsfremder Arten, Verschmutzung, Fischerei und raschem Klimawandel aber dennoch betroffen.

Vogelarten wie Wanderalbatros (Diomedea exulans), Goldschopfpinguin (Eudyptes chrysolophus), Graukopfalbatros (Thalassarche chrysostoma) und Weißkinn-Sturmvogel (Procellaria aequinoctialis) seien schon jetzt als gefährdete Arten gelistet. Und gerade langlebige Arten wie Albatrosse, die erst spät geschlechtsreif werden, seien wenig widerstandsfähig gegenüber einer höheren Sterblichkeit innerhalb der Population.

Weltweiter Siegeszug seit 2020

Ursache der weltumspannenden Vogelgrippe-Ausbrüche ist die sogenannte Klade 2.3.4.4b des H5N1-Virus. Seit etwa 2020 breitet sich diese Untervariante - wahrscheinlich von Asien ausgehend - immer weiter aus. Vor allem Wildvögel und Geflügel, seltener auch Säugetiere wie Meeressäuger, Nerze, Füchse und Bären erkranken. Zudem kam es unter anderem in den USA auch zu Übertragungen von Rindern auf Menschen.

Ende 2022 sei der Erreger nach Südamerika vorgedrungen, das bis dahin stets vogelgrippefrei geblieben war, so die Studie. Entsprechend empfänglich waren viele Vogelpopulationen dort. Zudem infizierten sich in der Region zahlreiche Meeressäugetiere und verendeten.

Was passiert bei den Pinguinen?

Im Februar 2024 wurde das H5N1-Virus erstmals auf dem antarktischen Festland nachgewiesen, bei einer verendeten Raubmöwe. Für eine riesige Gruppe in der antarktischen Region lebender Vögel ist das Ausmaß der Folgen bisher noch weitgehend unklar: Pinguine. Sie seien womöglich für die kursierende Variante weniger anfällig als befürchtet, schreiben die Forschenden.

Pinguine nisten in hohen Dichten, Seuchen können sich daher besonders rasant in ihren Kolonien verbreiten. "Die derzeitige Situation deutet jedoch nicht darauf hin, dass signifikante Sterblichkeitsfälle bei Pinguinarten zu erwarten sind", heißt es in der Studie.

Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa

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