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Hinweis auf Sars-CoV-2-Herkunft War ein Marderhund der Pandemie-Auslöser?

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Der Marderhund ist mit dem Fuchs verwandt, ähnelt aber eher einem Waschbär.

(Foto: picture alliance / blickwinkel/M. Henning)

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Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie steht die Frage im Raum, woher das Virus ursprünglich kommt. Die einen sind sicher, dass es aus einem Labor stammt, die anderen tippen eher auf einen tierischen Ursprung. Eine neue Untersuchung liefert starke Hinweise in eine Richtung, mehr aber nicht.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat mit einer neuen genetischen Untersuchung bewiesen, dass sich zu Beginn der Pandemie Marderhunde auf dem Markt in Wuhan befanden. Es bestehe zudem die Möglichkeit, dass Sars-CoV-2 am Markt 2019 von diesen Wildtieren auf den Menschen übergesprungen ist, berichtet die US-amerikanische Zeitschrift "The Atlantic" unter Berufung auf drei Wissenschaftler.

Die Daten stammen dem Bericht zufolge aus gewonnenen Abstrichen, die bereits zu Beginn der Pandemie, also im Januar 2020, auf dem "Huanan Seafood Wholesale"-Markt in Wuhan und in der Nähe der Marktstände genommen worden waren. Zu diesem Zeitpunkt war der Markt von den Behörden bereits geschlossen worden. Auch Tiere befanden sich dort zu diesem Zeitpunkt keine mehr, dafür aber ausreichend genetische Spuren von ihnen, zum Beispiel auf Wänden, Böden, Metallkäfigen und Karren, die zum Transport von Tierkäfigen verwendet wurden.

Untersucht und analysiert wurden die Proben zunächst von chinesischen Wissenschaftlern. Die Forschergruppe, die ihre Ergebnisse im Februar 2022 vorab veröffentlichte, berichtete zwar von positiven Sars-CoV-2-Befunden. Diese sollten aber höchstwahrscheinlich von infizierten Menschen und nicht von Tieren stammen. Zudem kam das Forscherteam anhand der Ergebnisse zu dem Schluss, dass "kein tierischer Wirt von Sars-CoV-2" abgeleitet werden könne. Die Forschergruppe in China hatte ihre Daten daraufhin in der frei zugänglichen Genomdatenbank "GISAID" veröffentlicht.

Andere Ergebnisse, andere Interpretationen

Dort sind die genetischen Sequenzen eher zufällig, Anfang März 2023, von der Evolutionsbiologin Florence Débarre entdeckt worden, schreibt die "New York Times" dazu. Die Forscherin aus Frankreich erklärte in einem Interview, sie habe bemerkt, dass bei ihrer Suche in der Datenbank auf einmal mehr Sequenzen als gewöhnlich auftauchten. Verwirrt darüber, ob es sich um neue Daten handelte, legte sie ihren Fund zunächst beiseite. Débarre schaute erst einige Tage später nochmal darauf und stellte schließlich fest, dass es sich um eine Fundgrube an Rohdaten handelte. Sie gab die Erkenntnisse über ihren Fund weiter.

Die Rohdaten wurden daraufhin von Forschenden aus Europa, Nordamerika und Australien heruntergeladen und ausgewertet. Die drei Wissenschaftler, Kristian Andersen, Edward Holmes und Michael Worobey, bestätigten "The Atlantic" zufolge, dass sie in den Proben genauso wie die chinesischen Kollegen genetische Spuren für Sars-CoV-2 vorfanden, darüber hinaus aber auch eine Menge genetischen Materials von Tieren ausmachten. Ein Großteil davon stammte von Marderhunden. Die eng mit Füchsen verwandten Tiere (Nyctereutes procyonoides), die auch als Waschbärhund, Tanuki oder Enok, bezeichnet werden, werden vor allem wegen ihres Fells oft illegal gezüchtet und gehandelt. Aber auch ihr Fleisch wird in China zum Kauf angeboten. Tierschutzorganisationen gehen davon aus, dass allein in China jedes Jahr rund fünf Millionen Marderhunde wegen ihres Fells getötet werden.

Aufgrund der Art und Weise, wie die untersuchten Proben gesammelt wurden und der Tatsache, dass Viren allein nicht in der Umwelt überleben können, glauben die Wissenschaftler, dass ihre Ergebnisse auf das Vorhandensein eines mit Sars-CoV-2 infizierten Marderhundes an den Stellen hinweisen könnten, an denen die Abstriche genommen wurden.

DNA-Funde sind kein Beweis

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Die Tatsache, dass sich in den frühen Proben vom Markt in Wuhan neben der DNA von Sars-CoV-2 auch DNA von Marderhunden befand, ist allerdings noch lange kein Beweis dafür, dass es tatsächlich eine Übertragung vom infizierten Marderhund auf den Menschen gegeben hat. Es liefert aber einen starken Hinweis darauf, wie sich die Übertragung des Pandemie-Auslösers vom infizierten Wildtier auf den Menschen zugetragen haben könnte. "Das spricht wirklich für einen natürlichen Ursprung", wird Seema Lakdawala, eine Virologin an der Emory University, die nicht an der Forschung beteiligt war, von "The Atlantic" zitiert. Klar ist bereits, dass sich Marderhunde mit Sars-CoV-2 infizieren können und dass sie das genetische Potenzial besitzen, Sars-CoV-2 zu übertragen.

"Glaube ich, dass es auf dem Markt infizierte Tiere gab? Ja, das tue ich", wird der Mikrobiologe Kristian Andersen, einer der beteiligten Wissenschaftler von "The Atlantic" zitiert. "Ergänzen diese neuen Daten diese Beweisgrundlage? Ja." Die aktuelle Analyse baut zudem auf umfangreichen früheren Untersuchungen auf, die auf den Markt als Quelle des frühesten großen Ausbruchs von Sars-CoV-2 hinweisen: Viele der frühesten bekannten Covid-19-Fälle der Pandemie traten gehäuft in der Nähe des Marktes auf. Und das genetische Material des Virus wurde in vielen Abstrichen gefunden, auf Karren und Tierverarbeitungsgeräten am Veranstaltungsort sowie in Teilen der nahe gelegenen Infrastruktur wie Lagerhäusern, Abwasserbrunnen und Wasserabläufen. Die Daten der aktuellen Untersuchung des internationalen Forschungstrios wurden bisher nicht veröffentlicht.

Quelle: ntv.de, jaz

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