NASA zeigt Simulationsvideo Wie wäre es, in ein Schwarzes Loch zu stürzen?
10.05.2024, 14:54 Uhr Artikel anhören
Schwarze Löcher gelten als alles schluckende Ungetüme im All. Die extremen Bedingungen, die die Objekte mit sich bringen, liegen außerhalb der menschlichen Vorstellungskraft. Ein NASA-Mitarbeiter entwickelt Simulationen, die erstmals zeigen, wie es in einem Schwarzen Loch aussehen könnte.
Die US-Weltraumbehörde NASA hat ein Simulationsvideo veröffentlicht, in dem gezeigt wird, was passieren könnte, wenn man von einem Schwarzen Loch verschluckt wird. Das Szenario wurde von Jeremy Schnittman entwickelt, der als Astrophysiker am Goddard Space Flight Center der NASA arbeitet. Sie beruht auf physikalischen Berechnungen mit riesigen Datenmengen. Das mit Musik unterlegte Video ist vier Minuten lang. In ihm wird für Interessierte aus mehreren Perspektiven erklärt, was man während der imaginären Reise sieht und was dabei passiert.
Schwarze Löcher könnten als Schwerkrafttrichter im All bezeichnet werden. Die Gravitationskräfte der massereichen Objekte sind so stark, dass nicht einmal das Licht diesen Bereich verlassen oder durchlaufen kann. Die äußere Grenze dieses Bereiches wird Ereignishorizont genannt. Weder Informationen noch Strahlung oder Materie kann diesen Ereignishorizont von innen nach außen überschreiten. Die Gravitationskräfte von Schwarzen Löchern sind so stark, dass sie sogar Sterne zerreißen können.
So ähnlich wie Saggitarius A*
Schnittmans Schwarzes Loch in der Simulation ist vergleichbar mit dem im Zentrum der Milchstraße, das als Sagittarius A* bezeichnet wird. Die Schwerkraft wird mit rund 4,3 Millionen Sonnenmassen angegeben. Der Ereignishorizont umfasst rund 25 Millionen Kilometer, das entspricht rund 17 Prozent des Weges von der Erde zur Sonne.
Um die Visualisierungen zu erstellen, tat sich Schnittman mit seinem Kollegen Brian Powell zusammen. Das Goddard-Team nutzt den Discover-Supercomputer am NASA Center for Climate Simulation. Für das umfangreiche Projekt mussten etwa 10 Terabyte an Daten generiert und verarbeitet werden. Das entspricht etwa der Hälfte des geschätzten Textinhalts in der Library of Congress - und dauerte auf nur 0,3 Prozent der 129.000 Prozessoren von Discover etwa fünf Tage. Die gleiche Leistung würde auf einem typischen Laptop mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen.
The point of no return
Die Erforschung von Schwarzen Löchern, die bis an die Grenzen der Gesetze der Physik gehen und mit ihrer "Unendlichkeit" das Raum-Zeit-Gefüge sogar überschreiten, machen für Forschende den besonderen Reiz aus. Die Simulation dieser schwer vorstellbaren Prozesse "hilft mir, die abstrakte Mathematik der Relativitätstheorie mit den Folgen im realen Universum zu verbinden", erklärt Schnittman dazu. Deshalb habe er auch zwei verschiedene Szenarien simuliert.
In einem fliege die Kamera eines todesmutigen Astronauten bis nah an den Ereignishorizont des Schwarzen Loches und werde dann wieder weggeschleudert. Im anderen Szenario überschreite dieser Astronaut samt Kamera den Ereignishorizont des Schwarzen Loches und damit den Punkt ohne Chance auf Rückkehr, erklärt der Astrophysiker.
Bereits in Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie wird beschrieben, wie sich in Schwarzen Löchern der Fluss der Zeit verändert. Das Konstrukt, das als gravitative Zeitdehnung beschrieben wird, nimmt auch Schnittman auf. Seinen Berechnungen zufolge, würde ein Astronaut, der einen sechsstündigen Flug bis in die Nähe des Ereignishorizontes des Schwarzen Loches unternehme und dann zurück ins All katapultiert würde, rund 36 Minuten jünger sein als die Kollegen, die sich in ausreichendem Abstand befänden. Handele es sich um ein schnell rotierendes Schwarzes Loch, dann könnten es sogar Jahre sein, erklärt Schnittman weiter.
Objekte werden spaghettifiziert
Bei der zweiten Simulation ist es etwas anders. Sowohl die Kamera als auch die Raumzeit, in der sie sich bewegt, rasen auf das Zentrum des Schwarzen Lochs zu, einen eindimensionalen Punkt namens Singularität, an dem die Gesetze der Physik, wie man sie auf der Erde kennt, nicht mehr wirken. "Sobald die Kamera den Horizont überquert, ist ihre Zerstörung durch Spaghettifizierung nur noch 12,8 Sekunden entfernt", erklärt Schnittman. Weil die Anziehungskraft am Ende eines Objekts, das näher am Schwarzen Loch liegt, viel stärker ist als am anderen Ende, dehnen sich Objekte wie Nudeln aus. Deshalb nennen Astrophysiker diesen Vorgang Spaghettiifizierung.
Schnittman wünscht sich, seine Theorie zu Schwarzen Löchern eines Tages beweisen zu können. Die Simulation ist ein erster Schritt dorthin.
Quelle: ntv.de, jaz