Genetische Übereinstimmungen Woher stammt 2019-nCoV ursprünglich?
06.02.2020, 13:01 Uhr
Computergrafik des neuen Virus.
(Foto: Alissa Eckert, MS, Dan Higgins, MAM/CDC/Reuters)
Der Ausbruch der Coronavirus-Epidemie in China lässt Forscher mit Hochdruck nach den Ursprüngen des Erregers suchen. Dabei werden die Viren auch in ihre genetischen Einzelstücke zerlegt. Beim Vergleich mit bereits bekannten Keimen gibt es große Übereinstimmungen und weitere Fragen.
Klar scheint, dass das neuartige Coronavirus, das derzeit in China grassiert, von einem Markt in Wuhan stammt. Unklar hingegen bleibt, wo genau der Ursprung des als 2019-nCoV bezeichneten Erregers liegt. Forscher gehen nun davon aus, dass 2019-nCoV von Fledermäusen stammt. Mithilfe von Gen-Analysen konnten Virologen eine Verwandtschaft mit Coronaviren nachweisen, die schon vorher bei Fledermäusen aufgetaucht sind, schreibt ein Forscherteam um Yong-Zhen Zhang in der Fachzeitschrift "Nature".
Die durch die Gen-Analyse gewonnenen 29.903 Nukleotide, also die chemischen Grundbausteine von DNA und RNA, wurden mit den bereits bekannten Genbausteinen von verschiedenen Viren verglichen. Die größte Übereinstimmung zeigte sich bei einem Coronavirus mit der Bezeichnung ZC45. Dieser ist unter Fledermäusen verbreitet und für den Menschen ungefährlich. Trotz der großen genetischen Übereinstimmung von 89,1 Prozent scheint das Virus einen Weg gefunden zu haben, auf den Menschen überzuspringen und diesen zu infizieren.
Aus diesen Ergebnissen stellten sich den Forschern zwei weitere Fragen: Durch welche Veränderungen ist es dem Virus gelungen, nun auch Menschen zu infizieren? Wie kam es zur Infektion in Wuhan, obwohl dort zum Zeitpunkt der ersten Infektion gar keine Fledermäuse zum Verkauf gestanden haben sollen? Die Forscher untersuchten deshalb die sogenannten Spike-Proteine, mit denen sich das Virus an eine Zelle bindet. Sie fanden dabei heraus, dass das neue Coronavirus die gleiche Eintrittspforte benutzt wie das Sars-Virus, das erstmals 2002 in China auftauchte. Es handelt sich dabei um das Protein ACE2, das sich auch in den Zellen menschlicher Atemwege befindet.
Eine Zelle, zwei Erreger?
Die Forscher gingen nun davon aus, dass sich ein Fledermausvirus durch einen Austausch von Genen mit dem Sars-Erreger die typische Bindungsstelle angeeignet hat. Das sei möglich, wenn eine Zelle gleichzeitig mit beiden Erregern infiziert ist. Dazu könnte es eventuell in dem bisher noch nicht identifizierten Zwischenwirt gekommen sein, der auf dem Markt in Wuhan gehandelt wurde, schreibt das Deutsche Ärzteblatt dazu. Dort soll zum Zeitpunkt der ersten Infektion im Dezember 2019 lebende Igel, Dachse, Schlangen und Tauben, aber keine Fledermäuse zum Verkauf angeboten worden sein. Eine darauffolgende 3D-Computeranalyse der Forscher konnte diese Annahme vom Austausch von Genen jedoch nicht stützen.
Ein anderes Forscherteam führte die gleichen Analysen durch. Es testete die Proben von sieben Erkrankten, von denen sich sechs höchstwahrscheinlich auf dem Markt in Wuhan infizierten. Das Team um Zheng-Li Shi berichtete unterdessen von einer 96,2-prozentigen Übereinstimmung mit dem Virus TG13, das vorher in Fledermäusen der Art Hufeisennasen (Rhinolophus affinis) entdeckt worden war. Auch dieses Virus bindet sich an ACE2, nutzt aber nicht nur die Fledermäuse als Zwischenwirt, sondern auch Schleichkatzen und Schweine. Beide Arten werden auf chinesischen Märkten angeboten. Einen Beweis, dass eine dieser Arten der Ursprung für die gegenwärtige Epidemie ist, können die Forscher zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht liefern. Die Untersuchungen dazu werden fortgeführt.
Quelle: ntv.de, jaz