Capone war ein Meister im medialen Umgang.
(Foto: picture alliance / Everett Collection)
Alphonse "Al" Capone war einer der berühmtesten und berüchtigtsten Gangster des 20. Jahrhunderts. Der Film "Capone" schildert seine letzten Lebensmonate. Ein blutiger Fiebertraum an Bildern, der sich an seinen eigenen Ansprüchen verschluckt.
Al Capone prägte wie kaum ein anderer die Verbrecher-Legenden der 1920er und 1930er Jahre in den USA. Hochstilisiert durch Hollywood-Filme sind Männer in schicken Anzügen mit Hut und Maschinenpistole - die auf dem Trittbrett stehend von einem fahrenden Wagen ballern - ins Kollektivbewusstsein der Gesellschaft eingebrannt.
Capone war ein Meister im medialen Umgang. Die damalige US-Presse half dem 1899 in New York City geborenen Gangster bereitwillig, den Capone-Mythos weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt zu machen. Der Archetyp des Unterweltbosses war geboren: wortgewandt, selbstherrlich, skrupellos.
Eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche brachte Al Capone schließlich eine elfjährige Haftstrafe ein. Durch das Leben auf der Gefängnisinsel Alcatraz und einer Vorerkrankung durch Syphilis körperlich und mental gezeichnet, wurde Capone 1939 aus der Haft entlassen. Acht Jahre später 1947 starb der einst gefürchtete Verbrecher im Alter von nur 48 Jahren.
Schauspielerei am Limit
Seitdem ist viel über Al Capone geschrieben und gesagt worden. Auch Hollywood entdeckt den Mythos alle Jahre wieder für sich. Namhafte Akteure wie Rod Steiger (1959), Robert de Niro (1987) oder Stephen Graham (2010–2014) in der HBO-Serie "Boardwalk Empire" gaben ihr Bestes, um den Gangsterkönig zu porträtieren. Neuester Zuwachs in dieser Riege ist nun der Brite Tom Hardy. Gemeinsam mit dem US-Regisseur Josh Trank hat der "Mad Max"-Darsteller den ultimativen Abgesang und die vollkommene Demontage der Person Al Capone geschaffen.
Immer freitags präsentiert Ronny Rüsch "Oscars & Himbeeren", den ntv-Podcast rund ums Streamen. Außerdem in der neuen Folge: die Stephen-King-Verfilmung "Doctor Sleep", "Godzilla vs. Kong" und wie die Wachowski-Schwestern 2008 das Kino neu erfanden.
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Wie jüngst Vanessa Kirby im Filmdrama "Pieces of a Woman" geht Hardy an die Grenzen des optisch und akustisch erträglichen. Seine Interpretation des Unterweltbosses ist Schauspielerei am Limit und gehört zum Besten, was man in letzter Zeit gesehen hat. Im Umkehrschluss ist die Entscheidung, sich in "Capone" - jetzt bei Prime Video verfügbar - nur auf die letzten Monate des berüchtigten Gangsters zu beziehen, aber ein zweischneidiges Schwert. Regisseur Trank gelingt es trotz seines hervorragenden Hauptdarstellers nämlich leider nicht, eine funktionierende Ebene zwischen dem Publikum und seinem sterbenden Protagonisten herzustellen.
So verkommt der Film zu einem blutigen, unangenehmen Fiebertraum in gut fotografierten Bildern, die den Betrachter mehrfach mit der Frage zurücklassen: Warum schaue ich mir das eigentlich an?
Ein interessanter Versuch
Die romantische Gangster-Aura um Capone zu entmystifizieren, ist im Kern ein spannendes cineastisches Unterfangen. Doch ob dazu ein permanent in die Hosen machender, sabbernder und unverständlich in die Gegend brabbelnder Tom Hardy/Al Capone nötig ist, steht auf einem anderen Blatt. Unterm Strich bleibt "Capone" jedoch ein interessanter Versuch, über den man zwar sprechen muss, der es aber schwer haben wird, seine ihm wohlwollenden Zuschauer zu finden.
Neben der ausführlichen Kritik zu "Capone" sprechen Ronny Rüsch und Axel Max in der neuen Podcast-Folge von "Oscars & Himbeeren" auch über die Stephen-King-Verfilmung "Doctor Sleep", über "Godzilla vs. Kong" und wie die Wachowski-Schwestern 2008 das Kino neu erfanden.
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Quelle: ntv.de
