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Scarlett Johansson darf nochmal "Black Widow" emanzipiert sich

Stellt sich ihrem letzten großen Abenteuer: "Black Widow" (Scarlett Johansson).

Stellt sich ihrem letzten großen Abenteuer: "Black Widow" (Scarlett Johansson).

(Foto: Marvel Studios)

Natasha Romanoff ist zurück. Nach sieben Auftritten im Marvel-Kino-Universum bekommt die "Black Widow" endlich ihren Solofilm. Doch ist das nach ihrem Filmtod in "Endgame" überhaupt noch notwendig? Und funktionieren Themen wie Feminismus und Sexismus in einem Marvel-Blockbuster?

Mit "Black Widow" steht der 24. Kinofilm des Marvel Cinematic Universe (MCU) endlich in den Startlöchern. Eine Erfolgsgeschichte, die 2008 mit "Iron Man" ihren Anfang nahm. Ein Jahr durch Corona ausgebremst, hat Natasha Romanoff, dargestellt durch Scarlett Johansson, nun die unbequeme Aufgabe, den Disney-Motor auf der großen Leinwand wieder anzukurbeln. Seit sie vor über zehn Jahren im zweiten "Iron Man"-Film nach Aussage Johanssons als sexualisierter Sidekick eingeführt wurde, hat "Black Widow" innerhalb des MCUs einen weiten Weg zurückgelegt. Romanoff wurde trotz oder vielleicht sogar wegen ihrer dunklen Vergangenheit als Auftragsmörderin in den Folgefilmen zum moralischen Kompass der überwiegend männlichen "Avengers".

In "Endgame" opferte sie im ultimativen Kampf gegen den galaktischen Despoten Thanos schließlich ihr Leben. Natasha Romanoffs Geschichte war auserzählt. Das würdige Ende einer Heldin, die sich von der Dunkelheit ans Licht gekämpft hat. Warum also jetzt noch einen Solofilm?

Weil es mehr als nur überfällig ist.

Charakterprofil vs. Comic-Action

Zeitlich ist die Kernhandlung von "Black Widow" zwischen "Captain America: Civil War" und "Avengers: Infinity War" angesiedelt. In Rückblenden wird Romanoffs Jugend und Kindheit erzählt: geboren in der Sowjetunion, vom KGB entführt und aufs Töten programmiert. Als Kind in die USA eingeschleust, wird Natasha Mitglied einer vierköpfigen Agenten-Tarnfamilie in Ohio. Ein Umstand, der im Laufe der Geschichte noch für einige der skurrilsten Momente des MCUs sorgen soll. Diese Schläfer-"Al Bundy"-Familie, zu der neben Natasha, auch die "Black Widow"-Agentinnen Yelena (Florence Pugh) und Melina (Rachel Weisz) sowie die sowjetische Antwort auf "Captain America" alias "Red Guardian" Alexei (David Harbour) gehören, wird lange in Erinnerung bleiben.

"Black Widow" ist eine Rachegeschichte - aber nicht nur.

"Black Widow" ist eine Rachegeschichte - aber nicht nur.

(Foto: imago images/Prod.DB)

Der australischen Independent-Regisseurin Cate Shortland, die man bisher von kleineren Produktionen wie "Lore" oder "Berlin Syndrome" kennt, gelingt es, den Fokus mehr auf die Figuren als auf die mittlerweile standardisierte Comic-Film-Action zu legen. Denn nach dem 23. MCU-Showdown gibt es nichts, was dem Zuschauer in puncto Optik noch einen Aha-Effekt bereiten könnte. Spätestens seit "Endgame" sind alle Register gezogen. Die Action-Szenen der Marvel-Filme ähneln sich mittlerweile so sehr, dass selbst Fans manchmal nicht wissen, welche Alien-Invasion oder welcher Heldenkampf welche Stadt in Schutt und Asche gelegt hat.

Marvel-Kino als Independent-Film

In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die Verantwortlichen bei Marvel immer wieder den Mut haben, die Kreativen auf dem Regiestuhl nicht immer nur wegen eines großen Namens auszuwählen. Ebenso wie die Russo-Brüder, die seinerzeit mit "Captain America: The Winter Soldier" den bis dato vielleicht besten Marvel-Film erschufen, ist auch "Black Widow"-Regisseurin Cate Shortland mit Hinblick auf das Blockbuster-Kino ein vollkommen unbeschriebenes Blatt. Hier ist Marvel neben all der Action auch immer mit am stärksten. Shortland inszeniert "Black Widow" teilweise wie einen Independent-Film.

Es sind die Charaktere, mit der die Regisseurin gut arbeiten kann und die den Film aus der seelenlosen Dutzendware des Blockbuster-Kinos hervorheben. Die Szenen, in denen Natasha nach vielen Jahren wieder auf ihre vermeintliche Familie trifft, sind persönlich, bewegend, tragikomisch und bittersüß. Wie damals Robert Downey Jr. als Tony Stark oder Christian Bale als Bruce Wayne ist es der Mensch hinter der Superhelden-Fassade, der mehr zählt und mehr interessiert als das bunte Kostüm oder die Flug-, Kampf- und Explosions-Action.

Auch Florence Pugh (l.) erhält als Yelena viele gute Szenen.

Auch Florence Pugh (l.) erhält als Yelena viele gute Szenen.

(Foto: Marvel Studios)

"Black Widow" erzählt dabei eine spannende Rachegeschichte, beschäftigt sich mit Themen wie Sexismus und Feminismus sowie dem Verlust der Kindheit. Dass bei alledem der erzählerische Bogen und die im Grunde unnötigen und unrealistischen Kämpfe etwas aus dem Ruder laufen, ist bei all den Ansprüchen - denen der Film durchaus gerecht wird - ein akzeptabler Beigeschmack.

"Black Widow" ist kein Requiem

Es ist aber auch eine Tatsache, dass der "Schwarzen Witwe" zum Ende hin etwas die Luft ausgeht und viele gute Themenansätze im Marvel üblichen CGI-Bombast an Kraft verlieren - Natasha Romanoff ist nun mal kein Tony Stark. Unterm Strich jedoch steht ein fantastisches Blockbuster-Kino, dem das vielschichtige Kleid der Authentizität hervorragend steht. Hier darf auch Scarlett Johanssons Teamgeist nicht unerwähnt bleiben, teilt sie sich doch den Filmtitel mit Florence Pugh und Rachel Weisz, deren Charaktere ebenfalls dem "Black Widow"-Programm entstammen. Vor allem Florence Pugh erhält - als Natashas Schwester - viele gute Szenen und wird so zum geheimen Star des Films. "Black Widow" ist kein Requiem, er ist trotz Romanoffs bevorstehenden Todes ein Anfang.

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Marvels cineastischer Triumph geht damit in die nächste und vierte Phase: "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings", "Eternals" und "Spider-Man: No Way Home" sollen dieses Jahr noch folgen. "Black Widow" ist in diesem Zusammenhang nicht nur ein würdiger Auftakt - der Film ist die längst überfällige Verneigung vor einer Heldin, die im MCU schon immer mehr war als optisches Beiwerk. Natasha Romanoff hat sich emanzipiert. Rückwirkend wird man sie, auch in den älteren Filmen, mit anderen Augen betrachten.

"Black Widow" läuft ab dem 8. Juli in den deutschen Kinos und ist ab dem 9. Juli auch bei Disney+ - mit VIP-Zugang, für den zusätzliche Kosten anfallen, im Streaming-Angebot erhältlich.

Quelle: ntv.de

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