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Deutschland in der Krise Weshalb die Bauzinsen sogar steigen könnten

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Für Bauherren könnte es wieder teurer werden ...

Für Bauherren könnte es wieder teurer werden ...

(Foto: imago images/IlluPics)

Dass die Inflation sich normalisiert und die EZB die Leitzinsen im Laufe des Jahres senken wird, gilt als gesetzt. Damit müssten eigentlich auch Baufinanzierungen wieder günstiger werden. Oder nicht? Unser Autor ist da mehr als skeptisch.

Wiederholt sich die Geschichte? Derzeit sieht viel danach aus. Deutschland, das vor zwei Jahrzehnten schon einmal als "kranker Mann Europas" geschmäht wurde, steht auch 2024 vor immensen Problemen. Zwar ist die Pandemie überwunden. Die politische Lage aber bleibt angespannt - und die Wirtschaft will partout nicht in Schwung kommen.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.

Gründe dafür gibt es viele. Der Krieg, die hohen Energiepreise, der Fachkräftemangel, die marode Infrastruktur und nun auch noch die Dauerstreiks der gesammelten Gewerkschaften. Dazu eine Regierung, die - gefühlt - vor allem mit Streiten beschäftigt ist …

Entsprechend katastrophal ist die Stimmung im Land. Das Verbrauchervertrauen ist im Keller, die Wirtschaftslage mau - und auch im Ausland reiben sich die Menschen derzeit die Augen über den Zustand der Bundesrepublik. Ist das noch das Land, das in der Finanzkrise als sicherer Hafen für ausländische Gelder galt? Die klare Antwort lautet: Nein.

Verlorenes Vertrauen gibt's nicht im Hau-Ruck-Verfahren zurück

Das ist fatal. Denn wenn das Vertrauen in den Standort Deutschland schwindet, beginnt oft eine Abwärtsspirale, die schwer zu stoppen ist.

Am besten illustrieren lässt sich das an der Entwicklung der Bauzinsen. Deren Höhe hängt nämlich weniger als oft angenommen an der Inflation und den Vorgaben der Europäischen Zentralbank (EZB), sondern in erster Linie an der Rendite der deutschen Bundesanleihe. Diese ist das Spiegelbild des Vertrauens der Investoren in den deutschen Staat. Ist die Rendite niedrig, gilt Deutschland als verlässlicher Partner. Steigt sie hingegen, überwiegt die Skepsis. Will sich Deutschland Geld leihen, fällt deshalb ein Risikoaufschlag an. Die Rendite steigt. Genau das ist gerade der Fall, wie die Grafiken eindrucksvoll belegen.

(Foto: FMH)

(Foto: FMH)

Dennoch gibt es zahlreiche Experten, die angesichts der erwarteten Leitzinssenkungen auch fallende Zinsen für Immobilienfinanzierungen prognostizieren. Einige träumen sogar schon wieder von Werten um die drei Prozent. Diesen Optimismus kann ich nicht teilen.

Stattdessen fürchte ich, dass die Bauzinsen in den kommenden Monaten relativ konstant bleiben und sogar steigen werden. Unabhängig von der Entwicklung der Inflation oder der Leitzinsen. Denn das verloren gegangenen Vertrauen in Deutschland und seine (Wirtschafts)-Politik wird sich nicht auf die Schnelle wieder herstellen lassen. Im Gegenteil.

Die Wahlen dürften neue Probleme mit sich bringen

Ich befürchte, dass die AfD bei den Europawahlen im Juni bemerkenswerte Erfolge erringen wird. Bei den Landtagswahlen im September in drei ostdeutschen Bundesländern könnte sie sogar stärkste Kraft werden. Was das für die Regierungsbildung bedeutet, bleibt abzuwarten. Fest steht aber schon heute: Es wird schwierig werden, womöglich chaotisch. Denn selbst wenn die Ultrarechten mangels Koalitionspartner nicht den Regierungschef stellen sollten, können sie doch auch als stärkste Oppositionspartei schweren Schaden anrichten und das Vertrauen in das politische System weiter untergraben. Auch und gerade im Ausland. Und auch das ist nicht dazu angetan, das dringend nötige Vertrauen in Deutschland als Partner zurückzugewinnen.

Sollte sich dann auch noch im Laufe des Jahres abzeichnen, dass Donald Trump die nächsten US-Wahlen gewinnen wird, käme ein weiteres, schwerwiegendes Problem für Deutschland und seine Wirtschaft hinzu: Bekanntermaßen hat der Republikaner nicht viel übrig für Europa.

Vor diesem Hintergrund bin ich der Überzeugung, dass Deutschland für Investoren nicht mehr Anlegerland Nummer eins sein wird, sondern dass wegen der politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen höhere Risikoaufschläge anfallen werden. Das treibt die Rendite der Bundesanleihe und im Schlepptau dann auch die Bauzinsen. Anders als die meisten anderen Marktbeobachter sehe ich die Bauzinsen daher im Laufe des Jahres eher bei 4,5 oder fünf Prozent als bei drei Prozent oder weniger

Gute Vorbereitung beim Immobilienkauf ist wichtiger denn je

Für all jene, die sich mit einem Hauskauf oder einer Wohnung beschäftigen, sind das zwar keine guten Nachrichten - erst recht, weil die Immobilienpreise wieder anziehen. Es fehlen Wohnungen zum Mieten, was die Leute wieder zum Kaufen animiert. Grund zum Verzweifeln gibt es aber nicht. Denn anders als während der Niedrigzinsphase haben Interessenten derzeit genügend Zeit, nach einem passenden Objekt und Finanzierung zu suchen, das wirklich zu ihren Bedürfnissen passt.

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Weil es viele Baufinanzierungsvermittler gibt, die durch den Geschäftseinbruch der letzten Jahre schwer zu leiden haben, hat sich die FMH entschlossen, die Baufinanzierungsvermittler einem ausgiebigen Check zu unterziehen, ob sie bereit und in der Lage sind, kundenorientierte Beratungen und Betreuungen gewährleisten. Als Kunde hat man eigentlich das Problem, dass man erst einmal nur die Zinsangebote sieht, aber sehr wenig über die spätere Dienstleistung des Vermittlers weiß. Und diese wollen wir über ein Zertifikat dokumentieren oder eben nicht.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.

Quelle: ntv.de

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