Fußball

FC Bayern im Pokalfinale Wie robust ist Don Jupps Meisterwerk?

Jupp Heynckes verabschiedet sich - fünf Jahre nach seinem Karriereende.

Jupp Heynckes verabschiedet sich - fünf Jahre nach seinem Karriereende.

(Foto: dpa)

Er kam als Retter in der Not des FC Bayern, nun steht Jupp Heynckes im DFB-Pokal zum letzten Mal an der Seitenlinie der Münchner. Das nationale Double wäre der angemessene Abschied für eine der größten Persönlichkeiten im deutschen Fußball.

Gibt es eine glanzvollere Bühne für einen letzten Abschiedsgruß als das DFB-Pokal-Finale? Vermutlich nicht. Jedenfalls nicht für Jupp Heynckes, der heute im Berliner Olympiastadion (20 Uhr in der ARD und im Liveticker bei n-tv.de) gegen die Frankfurter Eintracht zum letzten Mal an der Seitenlinie des FC Bayern München stehen wird. Der DFB-Pokal sei "das schönste", was der deutsche Fußball zu bieten habe. Das nationale Double, es wäre der krönende Abschluss, der gebührende Abschied für Heynckes, den größten Trainer der Münchner Vereinsgeschichte. Eine Wertschätzung für das, was der 73 Jahre alte Fußballlehrer in den vergangenen sieben Monaten geleistet hat. Kapitän Thomas Müller formuliert es so: "Wir sind in der Bringschuld, dass wir das veredeln." Was Heynckes für den Verein getan habe, sei unbeschreiblich.

Meister-Routine in München.

Meister-Routine in München.

(Foto: imago/ActionPictures)

Nun, bilanzieren lässt sich der Erfolg seiner insgesamt vierten Amtszeit beim deutschen Rekordmeister schon. Dass am Ende das nationale Double unter der abschließenden Ägide Heynckes steht, daran zweifelt niemand. Die Deutsche Meisterschaft? Abgefrühstückt mit derselben Souveränität wie in den vergangenen fünf Bundesliga-Spielzeiten. Nur mit der Champions League, da hat es wieder einmal nicht geklappt. Ein Makel, der einzige, in der ansonsten blitzblanken Comeback-Bilanz von Heynckes. Und auch in der Hinsicht bleibt immerhin die bajuwarische Geschichtsschreibung, nach der man doch, mit Verlaub, im Halbfinale gegen Real Madrid die bessere Mannschaft gewesen sei. Dennoch: Die Bühne des Königsklassenendspiels am 26. Mai in Kiew hätte Heynckes' letztem Auftritt wohl noch ein kleines bisschen mehr Glanz verliehen. Mindestens hätte sie seinen Abschied hinausgezögert.

"Es ist ganz klar, dass ein bisschen Wehmut mitklingt", gesteht der Trainer nach einer Woche der Abschiede: Zum letzten Mal Bundesliga, zum letzten Mal Training an der Säbener Straße, jetzt also zum letzten Mal DFB-Pokal. Fünf Jahre nach dem Karriereende ist definitiv Schluss, es geht zurück auf den Bauernhof nach Schwalmtal, zurück zu Schäferhund Cando und Ehefrau Iris. Ein letzter Schlussakkord für Heynckes, den Ausnahmetrainer, der sich nach der Normalität des Alltags sehnt. Einmal allerdings muss er die große Bühne noch betreten, als Ehrengast: Heynckes, der Protagonist. Ihm gegenüber wird Niko Kovac stehen, sein Nachfolger. Als Trainer der Eintracht soll er an diesem Abend nur eine Nebenrolle spielen. Die große, vielleicht größte im deutschen Vereinsfußball, wartet dann ab dem 1. Juli auf ihn. Und deswegen wird sich Kovac, wohl auch aus Sicht des künftigen Bayern-Trainers, wünschen, dass es nicht klappt mit dem goldenen Abschied. Die Fußstapfen, in die er tritt, sind auch so verdammt groß. Eine Mammutaufgabe für den eher unerfahrenen Coach, glaubt Heynckes. Er weiß, wovon er spricht.

Eine Mammutaufgabe für Kovac

Denn es ist so, dass das Münchner Double-Verständnis in dieser Spielzeit nicht ganz so selbstverständlich daherkommt. Es ist vielmehr das Resultat intensiver Trauma-Therapie, angeleitet durch Heynckes. Selbst wenn der FC Bayern das gerne zu vergessen scheint: Noch zu Saisonbeginn setzte die selbstverpflichtete Münchner Altlast namens Carlo Ancelotti dem Rekordmeister arg zu. Der italienische Startrainer hatte das sportliche Mittelmaß in der Vorsaison erfolgreich etabliert, untermauert wurde es im Spätsommer vergangenen Jahres dann mit einer Vehemenz, wie man sie im Zusammenhang mit der personifizierten italienischen Gemütlichkeit Ancelotti selten zu Gesicht bekommt. Abgerutscht war der FC Bayern, stand nach sechs Spieltagen auf Tabellenrang sechs. Noch schwerer wogen die sportlichen Langzeiteffekte, die den FC Bayern spätestens nach der legendären 0:3-Demütigung bei Paris Saint-Germain in einen Zustand akuter Schnappatmung versetzt hatten. Ancelotti hatte es geschafft, aus einer gut geölten, von seinem Vorgänger Josep Guardiola taktisch perfekt ausgebildeten Mannschaft einen atmosphärisch wie taktisch verwilderten Haufen zu machen. "Das war nicht der FC Bayern" hatte Karl-Heinz Rummenigge nach der Nacht im Prinzenpark geschäumt.

Der FC Bayern nur so gut wie seine Trainer

Ancelotti musste gehen, Heynckes, der Triple-Trainer, kam. Ein Freundschaftsdienst in einer für die Verantwortlichen beim FC Bayern äußerst unangenehmen Situation. Heynckes, der Alternativlose mit dem selbst diagnostizierten Helferkomplex. Aus dem Ruhestand heraus korrigierte er den sportlichen Irrweg in Rekordzeit. Mit Disziplin, gesteigerter Trainingsintensität und der Beseitigung sämtlicher atmosphärischer Störungen brachte er die Bayern-DNA zurück, die den Münchnern abhandengekommen war. Ein Vermächtnis, das auch über die letzte Amtszeit hinaus fortbestehen wird, schenkt man den Worten der Spieler Glauben. Manuel Neuer nennt Heynckes einen "Freund" und ein "Vorbild", andere bedanken sich dafür, dass Heynckes sie zu besseren Spielern und Menschen geformt hat. Der FC Bayern ist eben nur so gut wie seine Trainer.

Jupp Heynckes, der große "Don Jupp", hat bei seinem wirklich letzten Comeback seine Rettungsmission mehr als erfüllt: Er hat eine große Mannschaft geformt, er hat dem FC Bayern zu alter Stärke verholfen. Ein Meisterwerk an Effizienz. Wie robust es ist, wird sich in der kommenden Spielzeit zeigen. Er hinterlasse, sagt Heynckes stolz, seine "tolle Truppe physisch und psychisch in Topzustand". Mit Blick auf seinen Nachfolger klingt das auch ein bisschen wie: Mach' was draus.

Quelle: ntv.de

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