Besser als gespritztes Vakzin? Berliner Forscher: Erfolg bei Corona-Nasenimpfstoff
03.04.2023, 18:32 Uhr Artikel anhören
Bisher nur im Tiermodell erfolgreich, hoffen die Forscher auf baldige Tests des nasalen Covid-19-Impfstoffs bei Menschen.
(Foto: imago images/Fotostand)
Vor knapp einem Jahr noch herbeigesehnt, ist eine neue Generation von Covid-19-Impfstoffen mittlerweile Realität: das Vakzin als Nasenspray. Die Hoffnung ruht auf einer Immunität der Nasenschleimhaut, welche das Virus frühzeitig stoppen soll. Berliner Forscher melden nun erfolgreiche Versuche.
Vor mehr als einem Jahr, die Corona-Pandemie war noch in vollem Gange, sprach Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten von einem "nächsten Meilenstein" im Kampf gegen das Virus: eine Lebendimpfung via Nasenspray. Anders als bei den RNA-Impfstoffen werden bei der Lebendimpfung abgeschwächte Viren verabreicht. Dies könnte eine Schleimhaut-Immunität auslösen, so Drosten damals, ein viel besserer Übertragungsschutz. Denn das Virus wird bereits an der Pforte zum Körper gestoppt.
Berliner Forscher melden nun genau das: einen erfolgreichen Test mit einem Lebendimpfstoff, der über die Nase verabreicht wird. Dieser vermittele zudem eine bessere Immunität als Impfstoffe, die in den Muskel gespritzt werden, heißt es in einer Mitteilung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin gemeinsam mit der Freien Universität und der Charité -Universitätsmedizin Berlin. Veröffentlicht wurde die entsprechende Studie im Fachblatt "Nature Microbiology".
Es ist allerdings nicht der erste Nasen-Impfstoff gegen Covid-19: Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurden zwei Präparate in Indien und China zugelassen. Weitere nasale Lebendimpfstoffe befinden sich weltweit in der Entwicklung und Erprobung.
Im Ernstfall erst spät entdeckt
Der Unterschied zwischen Nasenspray und Spritze: Wird ein Impfstoff in den Muskel injiziert, baut sich die Immunität vor allem im Blut und über den ganzen Körper verteilt auf. Das bedeutet aber, dass das Immunsystem Coronaviren im Ernstfall erst verhältnismäßig spät entdeckt und bekämpft, denn diese dringen über die Schleimhäute der oberen Atemwege in den Körper ein. "Genau dort benötigen wir eine lokale Immunität, wenn wir ein Atemwegsvirus frühzeitig abfangen wollen", sagt ein Co-Autor der Studie, Jakob Trimpert, Tiermediziner und Arbeitsgruppenleiter am Institut für Virologie der Freien Universität Berlin laut der Mitteilung.
"Nasale Impfstoffe bekommen das wesentlich besser hin als Vakzine, die injiziert werden und die Schleimhäute nur schwer oder gar nicht erreichen", betont Emanuel Wyler, ebenfalls Co-Autor. Im Idealfall regt ein nasaler Lebendimpfstoff direkt vor Ort die Bildung von Antikörpern an und lässt damit eine Infektion gar nicht erst zu.
"Schleimhäute gut geschützt"
Die Wirkung des neu entwickelten nasalen Covid-19-Impfstoffs testeten die Wissenschaftler an Hamstern, da diese sich mit denselben Virusvarianten wie Menschen infizieren lassen und ähnliche Krankheitssymptome entwickeln. Nach zweimaliger Impfung konnte sich das Virus in den Hamstern nicht mehr vermehren. "Das Immungedächtnis wurde sehr gut angeregt, und die Schleimhäute waren aufgrund der hohen Antikörperkonzentration sehr gut geschützt", erklärt Trimpert. Auch die Übertragbarkeit des Virus könnte auf diese Weise deutlich reduziert werden.
Im Vergleich zur gespritzten Variante schnitt der Nasen-Impfstoff bei den Versuchen zudem "in allen Parametern" besser ab, berichten die Forscher. Ausschlaggebend dafür dürfte der erwähnte Umstand sein, dass der nasal verabreichte Impfstoff eine Immunität direkt an der Eintrittspforte des Virus aufbaut. Außerdem enthält der Lebendimpfstoff alle Virusbestandteile und nicht nur das Spike-Protein, wie es beim mRNA-Impfstoff der Fall ist. Spike ist zwar das wichtigste Antigen des Virus - doch das Immunsystem kann das Virus darüber hinaus an ungefähr 20 weiteren Proteinen erkennen.
Kombination am besten
Den besten Schutz vor Sars-CoV-2 konnte eine zweifache Impfung über die Nase erzielen, gefolgt von der Kombination aus einer Injektion des mRNA-Impfstoffes in den Muskel und dem anschließend nasal verabreichten Lebendimpfstoff, so die Forscher. "Das könnte den Lebendimpfstoff besonders als Booster interessant machen", sagt Co-Autorin Julia Adler, Tierärztin und Doktorandin am Institut für Virologie der Freien Universität Berlin.
Wie es nun weitergeht? Als Nächstes stehen laut den Forschern Sicherheitsprüfungen an, eine sogenannte klinische Phase-1-Studie im Menschen. Danach sollen weitere klinische Studien folgen, welche eine Marktzulassung ermöglichen. "Wir sehen auf dem Markt ein großes Potenzial für saisonale nasale Impfstoffe", sagt Vladimir Cmiljanovic, Chef des Schweizer Startups RocketVax, welches zusammen mit den deutschen Forschern den Impfstoff weiterentwickeln will.
Quelle: ntv.de, kst