Studie liefert neue Belege Warum Frauen länger leben als Männer
01.10.2025, 20:35 Uhr Artikel anhören
Trotz medizinischer Fortschritte und verbesserter Lebensbedingungen - bei der Lebensdauer bleibt ein Unterschied zwischen Männern und Frauen.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Eine neue Studie aus Leipzig wirft Licht auf das Rätsel, warum Frauen länger leben als Männer. Nach einer Analyse der Daten von mehr als 1000 Tierarten kommen die Forschenden zu dem Schluss: Die Ursache scheint demnach tief in der Evolution verwurzelt zu sein.
Warum leben Frauen länger als Männer? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Nicht nur bei Menschen, sondern bei den meisten Säugetieren überleben die Weibchen ihre männlichen Artgenossen. Dieses Muster gilt jedoch nicht bei Vögeln, Insekten und Reptilien - dort sind die Männchen langlebiger. Ein internationales Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig identifizierte nach einer intensiven Spurensuche gleich mehrere Ursachen für den Unterschied.
Anhand von Daten zu über 1176 Säugetier- und Vogelarten in Zoos weltweit stellten die Forschenden einen deutlichen Unterschied in der Lebenserwartung bei den Geschlechtern fest. Aus Sicht der Forscher stützt ihre Analyse damit die bereits existierende These, dass die Gene eine wichtige Rolle spielen.
Bei Säugetieren, zu denen auch der Mensch zählt, haben Weibchen zwei X-Chromosomen, während Männchen nur ein X- und ein Y-Chromosom besitzen. Frühere Forschungsergebnisse hatten darauf hingedeutet, dass zwei X-Chromosomen Weibchen vor schädlichen Mutationen schützen und ihnen somit einen Überlebensvorteil verschaffen. Bei Vögeln ist das System jedoch umgekehrt: Hier haben die Weibchen unterschiedliche Chromosomen.
Neben der Genetik spielen laut dem Forschungsteam aber auch Fortpflanzungsstrategien eine Rolle. Durch sexuelle Selektion entwickeln vor allem Männchen auffällige Merkmale: etwa ein farbenprächtiges Gefieder, Waffen oder größere Körper. Diese steigern zwar den Fortpflanzungserfolg, können aber die Lebensdauer verkürzen. Und tatsächlich: Bei polygamen Säugetieren mit starkem Wettbewerb sterben die Männchen in der Regel früher als die Weibchen, stellten die Autoren fest.
Elterliche Fürsorge verlängert Leben
Ein weiterer Aspekt bei der Lebensdauer spiele die elterliche Fürsorge, heißt es in der Studie: Die Forschenden fanden Hinweise darauf, dass das Geschlecht, das stärker in die Aufzucht der Nachkommen investiert, tendenziell länger lebt. Bei Säugetieren sind das oft die Weibchen. Bei langlebigen Arten wie Primaten dürfte ein Selektionsvorteil wirken: Die Weibchen überleben so lange, bis die Nachkommen selbstständig oder geschlechtsreif sind.
Umwelteinflüsse wie Raubtiere, Krankheiten oder raue klimatische Bedingungen sind laut der Studie jedoch nebensächlich. Die Forschenden hatten dafür Tierpopulationen in Zoos untersucht, wo diese Faktoren kaum eine Rolle spielen. Das Ergebnis: Die Unterschiede in der Lebenserwartung blieben bestehen, wenn auch weniger ausgeprägt als in Wildpopulationen. Ähnlich wie beim Menschen verringern verbesserte Lebensbedingungen und Zugang zu Ressourcen den Unterschied zwischen den Geschlechtern, beseitigen sie jedoch nicht vollständig, so die Autoren.
Laut den Forschenden machen die Ergebnisse deutlich, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Lebenserwartung tief in evolutionären Prozessen verwurzelt sind. "Sie entstehen wahrscheinlich durch ein Zusammenspiel von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen und wurden durch Selektionsdrücke geprägt, um Paarungspartner und das Überleben der Nachkommen zu sichern", heißt es in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Quelle: ntv.de, kst