Diskussion über Zinssenkungen Sorgt Coronavirus für Niedrigzinsrekord?
18.02.2020, 07:03 Uhr
Sollten die Notenbanken wirklich am Leitzins arbeiten, sind neue Niedrigrekorde beim Baugeld so gut wie ausgemacht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Covid-19 hält nicht nur die Wissenschaft und die Gesundheitsbehörden in Atem. Auch die Finanzwelt rätselt, wie man auf die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie reagieren soll. Erste Ideen gibt es bereits. Was Sparer und Bauherren wissen sollten.
Sowohl Vertreter der Fed als auch der EZB sorgen sich wegen der Auswirkungen des Coronavirus (Covid-19) auf die Weltwirtschaft. Keinesfalls wollen sie untätig zusehen, wie der Ausnahmezustand in China in einen wirtschaftlichen Abschwung globalen Ausmaßes mündet. Noch sind zwar keine konkreten Maßnahmen beschlossen. Weitere Zinssenkungen sind aber durchaus denkbar.
Die FMH-Finanzberatung hatte bereits Anfang Februar einen Zusammenhang zwischen den sinkenden Baugeldzinsen und dem Coronavirus hergestellt. Denn normalerweise entwickeln sich die Renditen der Bundesanleihe und der deutschen Pfandbriefe immer dann nach unten, wenn die Investoren Anlageängste haben.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Solche Fälle gab es in den vergangenen Jahren immer wieder. Zuletzt drückte der Handelskrieg zwischen China und den USA die Stimmung. Aber auch die politische Probleme in Italien, der Dauerkonflikt in Syrien, das Brexit-Drama und die brisante Lage im Iran haben das Bedürfnis nach Sicherheit geweckt, auch wenn es für die begehrten deutschen Wertpapiere inzwischen nur noch eine Negativrendite gibt. Einige der genannten Probleme haben sich inzwischen zwar zumindest entspannt. Das Coronavirus aber verhindert, dass sich diese Entspannung auch auf die Anlagezinsen durchschlägt. Entsprechend konnte Deutschland seine Bundesanleihe in den vergangenen drei Wochen mit einer Minusrendite von rund 0,4 Prozent an den Mann bringen - Anfang Januar waren es noch minus 0,2 Prozent.
Von ihrem bisherigen Allzeittief aus dem vergangenen September ist die Bundesanleihe zwar noch 0,3 Prozentpunkte entfernt (siehe aktuelle Zinsentwicklung). Dennoch zeichnen die jüngsten Entwicklungen ein klares Bild der Stimmung an den Märkten.
Die Überlegungen der Notenbanker, wegen des Coronavirus nochmals an der Zinsschraube zu drehen, dürften die Laune weiter verschlechtern. Es ist gut denkbar, dass die Bundesanleihe angesichts der jüngsten Nachrichten weiter ins Minus rutscht. Zwar leidet auch die Exportnation Deutschland unter den Entwicklungen in China, als sicherer Hafen taugt die Bundesrepublik aber offenbar trotzdem noch.
Baufinanzierungen könnten günstiger werden als je zuvor
Wenn bereits Gerüchte über Zinssenkungen derartige Auswirkungen haben, kann man sich gut vorstellen, was passiert, wenn die EZB die Strafzinsen für Bankeinlagen tatsächlich erhöhen würde. Das gilt umso mehr, als inzwischen fast alle Banken bereit sind, diese EZB-Strafzinsen früher oder später an ihre Tagesgeld- und Girokunden weiterzureichen - zum Teil sogar ab dem ersten Euro auf dem Konto.
Der Albtraum für Sparer würde allerdings einmal mehr zum Fest für all jene, die Schulden machen wollen oder müssen: Baufinanzierer können sich sogar heute schon freuen. Erstens verzichten die Banken derzeit bewusst auf Margen, um die Kreditvergabe zusätzlich zu erleichtern. Und zweitens sind die Zinsen extrem günstig: Der FMH-Index für die Bauzinsen für zehn Jahre fest ist nur noch 0,03 Prozentpunkte vom neuen Zinstief entfernt.
Sollten die Notenbanken wirklich am Leitzins arbeiten, sind neue Niedrigrekorde so gut wie ausgemacht. Die folgenden Werte könnten also schon bald nach unten korrigiert werden: Im Moment ist Baugeld mit zehn Jahren Zinsbindung und 50 Prozent Beleihung für sagenhafte 0,45 Prozent zu haben. Wer sich die günstigen Konditionen für 15 Jahre festschreiben lässt, zahlt 0,66 Prozent und 20 Jahre Planungssicherheit kosten gerade einmal 0,95 Prozent. Selbst wer kaum Ersparnisse mitbringt, kann momentan extrem günstige Darlehen aufnehmen: Bei 10 (statt 50) Prozent Eigenkapital erhöhen sich die Zinsen bei 10 Jahren fest auf 0,65 Prozent, bei 15 Jahren auf 1,10 Prozent und bei 20 Jahren 1,40 Prozent.
Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Quelle: ntv.de