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Frust bei der Altersvorsorge Warum Sie Ihre Riester-Rente nicht kündigen sollten

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Vorschnell sollte niemand die Flinte ins Korn werfen ...

Vorschnell sollte niemand die Flinte ins Korn werfen ...

Die gesetzliche Rente ist und bleibt eine Baustelle und wird für viele im Alter nicht reichen. Die Riester-Rente soll etwaige Lücken stopfen, hat sich aber in den meisten Fällen als unrentabel erwiesen. Das hat sich herumgesprochen, Millionen trennen sich von ihren Verträgen. Was meist keine gute Idee ist.

Dass das Geld im Alter nicht reicht, treibt viele Menschen hierzulande um. Vollkommen zu Recht, denn die gesetzliche Rente wird in der derzeitigen Form für die wenigsten ausreichen, um den Lebensstandard zu sichern. Private Altersvorsorge tut also not. Am besten in staatlich geförderter Form. Ist auch seit mehr als 20 Jahren zu haben, nennt sich Riester-Rente. Die stößt aber auf immer breitere Ablehnung.

Laut einer Analyse von "Finanztip" wurden bis Ende 2023 von den rund 20 Millionen Kontrakten 4,6 Millionen gekündigt. Denn die Riester-Rente funktioniert für die wenigsten. Die entsprechenden Produkte kosten die Sparer zu viel an Provisionen und Verwaltung. Das schmälert ihre Rendite und bereichert stattdessen Banken und Versicherungen. Zudem senkt auch die mangelnde Flexibilität der Produkte durch ein staatlich begrenztes Risiko die Renditemöglichkeiten. Die sogenannte Riester-Auszahlungsstatistik des Bundesfinanzministeriums beweist eindrucksvoll, dass die Sache in der Breite nicht funktioniert.

Wenig verwunderlich also, dass der eine oder andere beschließt, sich von seinem Vertrag zu trennen. Doch der Schritt sollte gut überlegt sein. Denn zum einen ist zu bezweifeln, dass das nun eingesparte Geld nach einer Kündigung in anderer Form in die Altersvorsorge fließt und zum anderen sollte geprüft werden, ob die Riester-Rente im Einzelfall nicht doch besser ist als gar nichts.

Vielleicht doch nicht so unattraktiv?

Denn grundsätzlich unterstützt der Staat Riester-Verträge mit 175 Euro Zulage pro Jahr, wenn mindestens Sparbeträge in Höhe von vier Prozent des Bruttoeinkommens im Vorjahr eingezahlt werden. Eltern erhalten zudem jährlich 185 Euro für jedes vor 2008 geborene Kind und 300 Euro für Nachwuchs, der seit 2008 geboren wurde. Und wer beim Abschluss des Vertrages jünger als 25 Jahre ist, erhält zudem einmalig einen Bonus in Höhe von 200 Euro. Laut Verbraucherschützern lohnen sich Verträge vor allem, wenn die Förderung hoch ist, also zum Beispiel für Familien mit mehreren Kindern.

Zudem winken noch steuerliche Vorteile, weil die Sparbeiträge auch steuerlich abgesetzt werden können. Was vor allem für Gutverdiener interessant ist, die Einzahlungen über dem Mindestbetrag (höchstens 2100 Euro inklusive Zulagen) leisten und diesen dann steuerlich absetzen können. Je nach Einzelfall können durch Zulagen und Steuervorteile mit Leichtigkeit Förderquoten von 30 bis 40 Prozent erreicht werden. Da fällt es dann auch weniger ins Gewicht, wenn sich das gewählte Riester-Produkt als an sich unrentabel und überteuert erweist. Beachtet werden sollte auch, dass es jederzeit möglich ist, den Anbieter oder den Tarif zu wechseln.

Besser dürfte die Sache ohnehin für jene aussehen, die auf fondsgebundene Verträge gesetzt haben, die zumindest in der Ansparphase schwerpunktmäßig in Aktien investiert haben.

Nicht kündigen, Vertrag ruhen lassen, auf Reform hoffen

Doch abgesehen davon, wie sich die Verträge im Einzelnen entwickelt haben, ist generell von einer Kündigung abzuraten. Denn alle erhaltenen Steuervorteile und Zulagen müssen in diesem Fall zurückgezahlt werden. Laut "Finanztest" seien dies zuletzt durchschnittlich 1900 Euro je Vertrag gewesen. Was den in vielen Fällen ohnehin kläglichen Ertrag weiter drastisch reduziert. Zudem stellt sich auch hier wieder die Frage: wie sonst das freigewordene Geld fürs Alter anlegen? Bei dem einen oder anderen dürfte zudem zu befürchten sein, dass der Spargroschen, erst einmal verfügbar, ohnehin umgehend verjubelt wird.

Die bessere Alternative statt einer Kündigung wäre ansonsten auch, den Vertrag einfach nicht weiter zu besparen - also ruhen zu lassen. Dann geht zumindest erst einmal nichts verloren. Und Hoffnung ist auch für bestehende Riester-Sparer in Sicht. Verbraucherschützer haben das Problem mit der Riester-Rente schon lange vor der Politik ausgemacht und trommeln seit Jahren für einen Neustart der privaten Altersvorsorge. Denn wenn Verbraucher ergänzend zur gesetzlichen Rente kapitalgedeckt sparen sollen, muss dafür gesorgt werden, dass jeder gesparte Euro effizient eingesetzt wird. Die Verbraucherschützer treten für die Einführung eines öffentlich organisierten Vorsorgeangebots ein.

Mit deutlicher Verspätung hatte sich auch die aktuelle Bundesregierung des Themas angenommen und zu diesem Zweck die "Fokusgruppe private Altersvorsorge" eingesetzt. Zu der gehörten unter anderem mehrere Ministerien, Verbraucherschützer sowie Wirtschaftsverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund.

Die Fokusgruppe lieferte denn auch ein paar brauchbare Vorschläge, wie die staatlich geförderte private Altersvorsorge in Zukunft besser und sinnvoller gestaltet werden könnte. Ihr Hauptziel war es, ein einfaches, transparentes und effizientes Angebot zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt für breite Bevölkerungsgruppen zu erschließen. Was nicht zuletzt durch eine Verbesserung der Produktqualität erzielt werden könnte.

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Hier sind die wesentlichen Punkte:

  • Es sollen chancenreichere Anlagen mit höheren Renditen ermöglicht werden. Dafür schlägt das Gremium ein förderfähiges Altersvorsorgedepot ohne Garantievorgaben vor, in dessen Rahmen Vorsorgende in Fonds und ETFs und andere geeignete realwertorientierte Anlageklassen investieren können. Mit Blick auf diejenigen, die einen hohen Wert auf Sicherheit legen, empfiehlt die Fokusgruppe mehrheitlich, dass auch weiterhin Produkte mit Garantien angeboten werden können. Das vor allem von Verbraucherschützern favorisierte Modell eines öffentlich verantworteten Fonds mit Abwahlmöglichkeit soll aber nicht weiter verfolgt werden.
  • Kosten für die entsprechenden Produkte sollen sinken. Dafür empfiehlt die Fokusgruppe eine größere Standardisierung von Produktanforderungen und mehr Wettbewerb zwischen den Anbietern. Dies sollte beispielsweise durch einfache, kostengünstige Wechselmöglichkeiten in der Anspar- sowie vor der Auszahlungsphase unterstützt werden. Die Ausgestaltung eines erweiterten Zertifizierungsverfahrens für die Zulassung aller privaten förderfähigen Altersvorsorgeprodukte (möglicherweise per Ausschreibung, ähnlich wie es in Schweden praktiziert wird) sollte ausgearbeitet und umgesetzt werden. Durch ein solches Verfahren könnte in transparenter Form sichergestellt werden, dass qualitative und quantitative Kriterien (unter anderem Risikodiversifikation, Kosten, Garantien) berücksichtigt werden.
  • Die staatliche Förderung durch die Zahlung direkter Zulagen und ergänzende Steuervorteile soll im Wesentlichen erhalten bleiben, aber verbessert werden. Dazu gehören besser nachvollziehbare Zulageformen, eine vereinheitlichte Kinderzulage (300 Euro pro Kind - unabhängig vom Geburtsjahr), ein Ausbau des Berufseinsteigerbonus sowie eine Anpassung des Höchstbetrags, in dem der Sonderausgabenabzug auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt wird.
  • Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge soll perspektivisch allen Erwerbstätigen offenstehen. Die Ausweitung des förderberechtigten Personenkreises auf Selbstständige sollte daher spätestens erfolgen, sobald eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (mit Möglichkeit eines Opt-Out) für diese Gruppen besteht.
  • In der Auszahlungsphase soll das Altersvorsorgevermögen flexibler verwendet werden können. Neben lebenslangen Leibrenten sollten künftig höhere Teilauszahlungen (bisher maximal 30 Prozent), Auszahlungspläne sowie Investitionen in eine selbst genutzte Immobilie möglich sein - Letzteres ist auch bisher schon unter Auflagen möglich. Zudem sollte die Möglichkeit des Einsatzes des gesamten privaten Altersvorsorgevermögens beispielsweise für die Verschiebung des Vollrentenbezugs der gesetzlichen Altersrente oder möglicherweise auch für den Erwerb von Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung geprüft werden.
  • Die Empfehlungen für die neue geförderte private Altersvorsorge sollen im Rahmen des rechtlich Möglichen auch für den aktuellen Riester-Bestand aufgenommen werden können, wobei bestehende Verträge nur im Konsens zwischen den Vertragspartnern geändert werden können. Sprich, sie sollen mit Zustimmung der Kunden auf das neue Konzept umgestellt werden können.
  • Zu guter Letzt soll die Riester-Rente nicht mehr Riester-Rente heißen. Ein neuer Name für die Vorsorgeprodukte ist aber den Vorschlägen der Fokusgruppe nicht zu entnehmen.

Soweit die Vorschläge. Noch ist also nichts in trockenen Tüchern. Das Bundesfinanzministerium wird nun einen konkreten Reformvorschlag erarbeiten, der die Empfehlungen der Fokusgruppe berücksichtigt. Das Gesetzgebungsverfahren sollte dann eigentlich im Laufe des Jahres 2024 erfolgen.

Quelle: ntv.de

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