Macher der Doku erklärt sich Umfrage-Ergebnis schockt Gündoğan nicht - im Gegenteil

İlkay Gündoğan sieht einen weltweiten Trend, der ihn nachdenklich stimmt.

İlkay Gündoğan sieht einen weltweiten Trend, der ihn nachdenklich stimmt.

(Foto: IMAGO/MIS)

Laut einer Umfrage wünscht sich jeder Fünfte in Deutschland, dass für die Fußball-Nationalmannschaft mehr weiße Kicker auflaufen. Auch die türkischen Wurzeln von İlkay Gündoğan sehen viele kritisch - der DFB-Kapitän ist allerdings nicht überrascht.

DFB-Kapitän İlkay Gündoğan ist von rassistischen Tendenzen in der deutschen Gesellschaft "wenig überrascht". Man sehe ja "die politische Entwicklung der letzten Monate, vielleicht sogar Jahre", sagte der Nationalspieler bei einem Medientermin im EM-Trainingslager in Herzogenaurach. Das Problem, so Gündoğan weiter, gebe es aber "weltweit. Die Zahlen sind nicht überraschend. Wir wissen das alle. Vielleicht wird es das auch noch die nächsten zehn Jahre geben, vielleicht wird es besser - hoffentlich", ergänzte der Profi des FC Barcelona.

In einer repräsentativen Umfrage für die WDR-Sendung "Sport Inside" hatten 17 Prozent der Befragten angegeben, dass sie es "schade" fänden, dass der DFB-Kapitän türkische Wurzeln habe. Jeder Fünfte (21 Prozent) hatte zudem erklärt, dass er es besser fände, wenn wieder mehr weiße Spieler in der Nationalmannschaft spielen würden. Für Gündoğan ist es "irgendwie traurig, dass wir in der heutigen Zeit solche Umfragen machen und darauf Wert legen. Was mich stört, ist auch der Zeitpunkt. Das ist für mich komplett unnötig und macht wenig Sinn", sagte der 33-Jährige.

Die Umfrage hatte zu heftigen Reaktionen und reichlich Kritik geführt. Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte appelliert: "Wir müssen aufwachen! Es gibt unzählige Menschen in Europa, die flüchten müssen. Ich finde es Wahnsinn, wie verblendet wir da sind." Eine Fußball-Mannschaft wie die DFB-Elf könne "Vorbild sein, wie man verschiedene Kulturen und Hautfarben vereint und an einem gemeinschaftlichen Ziel arbeitet".

Joshua Kimmich sagte zu den Umfrage-Ergebnissen: "Wer im Fußball aufgewachsen ist, der weiß, dass das absoluter Quatsch ist." Sein Sport sei "ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man verschiedene Nationen, Hautfarben und Religionen vereinen kann". Er würde "viele Spieler sehr vermissen, wenn sie nicht hier wären", betonte Kimmich. So etwas sei "absolut rassistisch".

"Um rassistische Haltungen zu prüfen, muss man rassistische Haltungen abfragen"

Die Umfrage wurde für die TV-Dokumentation "Einigkeit und Recht und Vielfalt" bei Infratest dimap in Auftrag gegeben. Sie wurde am 2. und 3. April unter 1304 zufällig ausgesuchten Personen durchgeführt. Der Autor der Dokumentation, Philipp Awounou, hatte die Umfrage verteidigt, jedoch Fehler in der Kommunikation dazu ausgemacht.

"Es hätte direkt einen klaren Bezug geben müssen: Warum ist diese Umfrage erstellt worden und was ist der Hintergrund davon. Ich glaube, der ist sehr nachvollziehbar. Und ich denke, dass auch Herr Nagelsmann oder andere Menschen im Kontext des Films durchaus verstehen, warum wir das gemacht haben", sagte Awounou in der ARD-Sendung "Hart aber fair".

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Man sei im Laufe der Recherche für die Dokumentation auf rassistisch konnotierte Aussagen über die Nationalmannschaft gestoßen, schreibt Awounou in einem Beitrag des "Spiegel". "Und so verstörend sich Sätze wie "Ich fände es besser, wenn wieder mehr weiße Spieler für die Nationalmannschaft auflaufen" auch lesen mögen: Um rassistische Haltungen zu prüfen, muss man rassistische Haltungen abfragen. Das ist in der wissenschaftlichen Meinungserhebung ein normaler Prozess."

Awounou schreibt zudem: "Hätte der WDR in Zusammenarbeit mit Infratest dimap die Daten nicht erhoben, hätten wir, hätte ich als Autor keine Klarheit darüber gehabt, ob wir gerade an der Realität vorbeiberichten oder falsch gewichten, indem wir einem Meinungsspektrum (zu viel) Raum geben, obwohl es in der Gesamtgesellschaft kaum Anklang findet. Wären die Zustimmungswerte zu den von uns abgefragten rassistischen Thesen verschwindend gering gewesen, hätten wir die entsprechenden Aussagen aus dem Film entfernt."

Quelle: ntv.de, tsi/sid/dpa

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