Fußball

6 Dinge, gelernt am 12. Spieltag Bayern-eske Borussen, königsgraue Schalker

Henrikh Mkhitaryan und Dennis Aogo lieferten sich mit ihren Teams einen heißen Derby-Tanz.

Henrikh Mkhitaryan und Dennis Aogo lieferten sich mit ihren Teams einen heißen Derby-Tanz.

(Foto: imago/Eibner)

Der FC Bayern begeistert weiter die Liga und die Schiedsrichter. Auf Schalke gibt's eine neue Farbenlehre und beim Hamburger SV hören sie schon wieder einen Roland-Kaiser-Klassiker.

1. Der FC Bayern spaltet die Liga

Für die einen ist das Münchner Starensemble die größte Attraktion seit Bestehen der Fußball-Bundesliga. Für die anderen ist der Siegeszug der Münchner einfach nur langweilig. Denn die Mannschaft von Trainer Josep Guardiola gewinnt nicht nur einfach, sie zerlegt ihre Gegner und darf sich dabei auch noch über tatkräftige Schiedsrichterhilfe freuen. Am zwölften Spieltag war es nun der VfB Stuttgart, der dran glauben musste - und mit vier Toren noch gut bedient war. Frankfurts Trainer Armin Veh, der sich mit seinen Frankfurtern vor einer guten Woche ein 0:0 ermauert hatte und den Münchnern damit die bisher einzigen beiden Punkte abknöpfte, brachte es auf den Punkt: "Die spielen in was für einer Liga auch immer - jedenfalls nicht in unserer."

Dem sportlichen Wettbewerb um die Meisterschaft, der längst keiner mehr ist, tut das nicht gut. Allein die Dortmunder sind mit fünf Punkten noch annähernd auf Schlagdistanz. Auf den Tabellendritten, den VfL Wolfsburg, haben die Münchner 13 Zähler Vorsprung, die Tordifferenz liegt bei +33. Der VfL seinerseits steht 13 Punkte vor der TSG Hoffenheim - dem Tabellenvorletzten. Erst kommen die Bayern, dann der BVB - und dann der Rest. Aber es ist nun einmal nicht zu ändern. Und wenn das irgendjemand überhaupt nicht stört, dann die Bayern. Sie feiern ihre Feste, wann es ihnen beliebt. Und liefern dem geneigten Publikum auch noch etwas fürs Herz. Das Comeback von Holger Badstuber zum Beispiel, der exakt 200 Tage verletzt aussetzen musste, inszenierten sie gekonnt. Guardiola wechselte den Innenverteidiger nach einer knappen Stunde - beim Stand von 4:0 - für Thomas Müller ein. Die Fans standen auf und bekundeten stehend ihre Zuneigung, kaum einer, der sich hinterher nicht gerührt gab. Bleibt eigentlich nur noch eine Frage offen: Verlängert der Trainer seinen Vertrag, der noch bis zum Sommer kommenden Jahres gilt? Oder zieht er weiter? Das Gespräch mit Pep Guardiola  findet nach dem letzten Spieltag der Hinrunde statt. "Dann gibt es eine Weihnachtsüberraschung - so oder so", sagte Vorstandschef  Karl-Heinz Rummenigge. Bis dahin dürfen die Exegeten darüber streiten, was den Spanier außerhalb Münchens überhaupt noch reizen könnte. Schließlich dirigiert er die größte Attraktion seit Bestehen der Fußball-Bundesliga. Und auf europäischer Bühne kantern die Bayern, wie jüngst gegen Arsenal ja auch.

2. Der BVB-Rausch geht weiter

Wer ist der Herr links im Bild? Ach ja, Jürgen Klopp. Über den Erfolgscoach des BVB spricht in Dortmund niemand mehr - der vielleicht größte Verdienst seines Nachfolgers Thomas Tuchel.

Wer ist der Herr links im Bild? Ach ja, Jürgen Klopp. Über den Erfolgscoach des BVB spricht in Dortmund niemand mehr - der vielleicht größte Verdienst seines Nachfolgers Thomas Tuchel.

(Foto: imago/Rene Schulz)

Zweitbester Zweiter aller Zeiten, nullneun Punkte Vorsprung auf den Erzrivalen aus Schalke, Kopfballtore von Dribbelkönig Shinji Kagawa und mit Umschüler Matthias Ginter einen der offensivstärksten Abwehrspieler Europas in seinen Reihen: Der BVB stürmt weiter Bayern-esk durch die Bundesliga und liegt bei fünf Punkten Rückstand auf die Über-Münchner sogar wieder auf, Obacht!, Tuchel-Führung zur Tabellenspitze. 18 Erfolge und 3 Remis in 22 Pflichtspielen bei nur einer Niederlage, das bedeutet für die Dortmunder wettbewerbsübergreifend den besten Saisonstart der Vereinsgeschichte – und das im Jahr eins nach Messias Jürgen Klopp, der aktuell am Mersey versucht über Wasser zu laufen und nun erstmals baden gegangen ist. Messianisch ist freilich auch das Wirken von Thomas Tuchel. Das oft begeisternde BVB-Spiel, die Auferstehung Abgeschriebener wie Henrikh Mkhitaryan und Kagawa, das alles lässt Dortmund gar keine Zeit für Wehmut nach Klopp und dessen Vollgas-Fußball, allerdings auch nicht für Kritik an den langsam regelmäßigen Aussetzern von Torwart Roman Bürki oder Abwehrchef Mats Hummels. Nur dieses Hamburg-eske 1:5 Anfang Oktober in München trübt die Gesamtbilanz ein wenig, danach haben die Dortmunder aber schon wieder sieben Siege in Serie gesammelt und wirken ungeheuer stabil – sofern sie sich wie im unnötig zittrigen Derby gegen die Schalker nicht selbst das Leben schwer machen. Nach dem verdienten 3:2-Zittersieg kommt Dortmund jetzt auf 29 Zähler. "Mit unserem Punktekonto wären wir in Spanien, Italien und England Tabellenführer", frohlockte BVB-Sportdirektor Michael Zorc: "Aber da spielt ja auch Bayern München nicht mit."

3. Schalkes Königsblau verblasst

Das Talent und die akutelle Form von Leroy Sané machen dem FC Schalke in der Krise Hoffnung.

Das Talent und die akutelle Form von Leroy Sané machen dem FC Schalke in der Krise Hoffnung.

(Foto: imago/Uwe Kraft)

Beim FC Schalke 04 ist die Stimmung derzeit besser als die Verfassung. Nach der Derbypleite gegen Borussia Dortmund, erklärte Coach André Breitenreiter offenbar nicht ganz unzufrieden: "Wir haben ein hochklassiges Spiel gesehen, einen Fight, alles, was ein Derby ausmacht. Dazu haben wir einen großen Teil beigetragen." Nun, es gibt durchaus Fakten, die seine Einschätzung untermauern. Da wären zum Beispiel neun Torschüsse und zwei Treffer. Und hätte Pierre-Emile Höjbjerg in der 80. Minute bei seinem Distanzschuss etwas mehr Glück gehabt und BVB-Keeper Bürki den Ball nicht noch an den Pfosten gelenkt, dann wäre sogar ein Punkt möglich gewesen. Ein unverdienter, denn die Borussia spielte reifer, oft intelligenter und war in der Vorwärtsbewegung fast immer schneller. Und so bejubelte der BVB den siebten Sieg in Serie. Und Schalke? Tja, Schalke wartet nun schon seit sechs Spielen (inklusive Cup-Wettbewerbe) auf einen Sieg. Der letzte dreifache Punktgewinn datiert vom 17. Oktober, vom 2:1-Last-Minute-Heimerfolg gegen die Hertha aus Berlin, die damals ab der 18. Minute zu zehnt spielen musste. Nach dem bärenstarken Saisonstart mit 16 Punkten aus den ersten sieben Spielen, ist "Königsblau" nun "Königsgrau", wie der "Kicker" titelte, auf Rang fünf abgerutscht und ein Zwischenausstieg auf der Rolltreppe abwärts ist nicht in Sicht, geht's doch am 13. Spieltag zu Hause gegen die Bayern und eine Woche später zu Bayer Leverkusen. Zwar sagt Sportvorstand Horst Heldt: "Wir sind auch in diesen Spielen nicht chancenlos." Doch was taugt auf Schalke derzeit zum Mutmacher? Nicht wirklich viel. Natürlich, sie haben mit Ralf Fährmann einen überragenden Keeper, doch wenn ihn seine Mannschaft so alleine lässt, wie beim ersten Gegentor durch Shinji Kagawa oder dem dritten Treffer durch Pierre-Emerick Aubameyang, kann auch der beste Torwart nichts mehr ausrichten. Und ja, sie haben Leroy Sané. Den torgefährlichen Youngster, der auch gegen den BVB nachweisen konnte, warum Bundestrainer Joachim Löw ihn mal antesten will. Aber dann? Dann wird's aktuell sehr dünn. Und was herauskommen kann, wenn auf Schalke ein Talent aus den eigenen Reihen zum nahezu einzigen Hoffnungsträger erkoren wird, haben sie bei Julian Draxler leidvoll erleben müssen.

4 . Der VfL Wolfsburg - gereizt in der Krise

Hatte am Samstag nicht so gute Laune: VfL-Trainer Dieter Hecking.

Hatte am Samstag nicht so gute Laune: VfL-Trainer Dieter Hecking.

(Foto: imago/Werner Schmitt)

Stichwort Draxler, Stichwort Wolfsburg. Nicht so richtig rund läuft es beim VfL, die in der vergangenen Saison noch die zweite Kraft im deutschen Fußball waren, sich in der Liga direkt hinter dem FC Bayern platzierten und zudem den Pokal gewannen. Nicht gewonnen haben sie am Samstag ihre Partie in Mainz, 2:0 hieß es am Ende für die Gastgeber - auch, weil 37-Millionen-Einkauf Draxler in der 13. Minute Rot sah. Und es bleibt dabei, dass die Wolfsburger in dieser Saison erst einmal auswärts gewonnen haben. Dennoch reicht es in der Tabelle, in der auch die Heimspiele zählen, zu Rang drei. Die Protagonisten aber reagieren zunehmend gereizt. "Wer jetzt wieder denkt, er könne es sich gemütlich machen, der wird  scheitern", sagte Manager Klaus Allofs. "Das war eines der frustrierendsten Spiele in meiner Amtszeit." Auf die Palme brachte ihn vor allem, dass sich seine Mannschaft gegen durchaus engagierte, aber nicht übermächtige Mainzer keine einzige klare Torchance erarbeitete: "Das geht nicht! Wir konnten in keiner Sekunde auch nur ansatzweise  unsere Qualität zeigen." Auch mit dem Schiedsrichter war er, wie in jüngster Zeit öfter, nicht zufrieden. Daniel Siebert hatte Draxler nach dessen Tritt in Manier japanischer Kampfkünstler gegen den Kopf von Gonzalo Jara von Platz gestellt. Allofs fand: "Auch wenn es wirklich gefährliches Spiel war, war es keine Szene, nach der ein Spieler verletzt raus musste." Auch Trainer Dieter Hecking war sichtlich angefressen. Allofs räumte aber immerhin ein: "Eine Randnotiz - das  Thema ist, wie wir danach gespielt haben." Und das war nicht gut.

5. The Trend is not der HSV-Friend

Es war ein erstaunliches Feuerwerk, das der Hamburger SV in Darmstadt abbrannte - und es war sinnbildlich für die Lage des Bundesliga-Dinos. Denn es bestand nicht aus spielerischen "Zuckerbissen", famosen Kombinationen, traumhaften Traumtoren. Es bestand aus Pyros satt und Silvesterraketen, die den Himmel über Darmstadt erleuchteten - und es fand vor dem Spiel statt. Im Spiel war von Hamburger Knalleffekten im nominellen Topspiel des 12. Spieltags nicht mehr viel zu sehen, am Ende stand es 1:1 und damit waren die Hamburger noch ganz gut bedient. Die ärgerten sich trotzdem, weil sie "einmal fantastisch geschlafen" (Torwart Rene Adler) hatten und deshalb wie schon in der Vorwoche gegen Hannover 96 eine Führung verspielten. Und weil der Trend jetzt endgültig nicht mehr ihr Friend ist, wie es ein bekannter Steuerbetrüger aus Bayern sagen würde. Einen Sieg aus den letzten sechs Spielen haben die Hamburger eingefahren, fünf Punkte insgesamt, weil man "zu oft falsche Entscheidungen getroffen" habe, wie Coach Bruno Labbadia fand. Statt die Europapokalränge anzugreifen, rutschen die Hamburger also wieder Richtung Tabellenkeller - und ihre Fanschaft summt traurig einen Roland-Kaiser-Hit. Nächster Gegner ist ausgerechnet Dortmund. Immerhin: Gegen den BVB war dem HSV in den letzten Jahren immer wieder mal ein Feuerwerk gelungen - sogar auf dem Rasen.

6. Hertha verhandelt Saisonziele unterm Weihnachtsbaum

In den hiesigen Tipprunden gibt es zwei Mannschaften, die vor der Saison als sichere Bank für den Abstieg in Liga zwei galten: der SV Darmstadt 98 und Hertha BSC Berlin. Und während sich der Aufsteiger aus Hessen trotz guter Leistung immer mehr der gefährlichen Zone annähert, stürmen die Hauptstädter mit ihren Top-Neuzugängen Vladimir Darida und Mitchell Weiser sowie dem endlich aufgewachten Torjäger Salomon Kalou in Regionen vor, die ihn niemand zugetraut hätte und eigentlich immer noch niemand zutraut. Selbst im Verein bleiben die Verantwortlichen trotz Platz vier äußerst skeptisch: "Wir wissen, dass wir keine Mannschaft haben, die zu den Top 6 gehört", sagt Manager Michael Preetz. Sein Coach, Pal Dardai, sieht das aber offenbar etwas anders. Der will sein Team bis Weihnachten auf diesem Niveau stabilisieren, "dann können wir neu verhandeln". Was das heißt? Nun, Preetz gibt einen kleinen Vorgeschmack: "Europa? Die Spieler können träumen und von mir aus auch davon erzählen." Verdient haben sie es sich - Stand jetzt.

Quelle: ntv.de

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