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"Schande" schockt wütenden Xavi Der FC Barcelona steigt tatsächlich ab

Dembele (r.) und Barcelona spielten wie Absteiger.

Dembele (r.) und Barcelona spielten wie Absteiger.

(Foto: picture alliance / Wagner)

Ein Sieg beim FC Bayern hätte dem FC Barcelona die Schmach des Abstiegs erspart. Aber von einem Sieg beim FC Bayern war der FC Barcelona in der Champions League meilenweit entfernt. Das Spiel der Katalanen ist von einer verzweifelten Suche geprägt.

Hallo? HALLO? Ist da jemand? Leider nein, leider gar nicht. So spielt sich Tiki-Taka, wenn am Ende der Passstafette einfach niemand ist, der aus Tiki-Taka auch mal ein Tor erzielen kann. Und diese höchste Form der verzweifelten Suche durchleidet gerade der FC Barcelona. Wo in den vergangenen Jahren noch ein Lionel Messi war, ein Luis Suarez, ein Antoine Griezmann oder aber ein Neymar, da ist nun meistens ein Nichts. Gelegentlich traut sich ein Memphis Depay in diesen verwaisten Raum. Aber so überraschend er als Strafstürmer auftaucht, so blitzschnell ist er auch wieder verschwunden. Hallo?

Es ist ein bemitleidenswertes Schauspiel, das die Mannschaft des brutal abgestürzten Fußballriesen in diesen Wochen bisweilen auf den Rasen bringt. In München, beim FC Bayern, war das für die meisten Menschen am Mittwochabend nur aus der Ferne zu betrachten. Denn im Freistaat gibt es aufgrund der erschreckenden Infektionszahlen aktuell nur noch Geisterspiele. Ob diese Leere und die Stille für die Blaugrana noch gnädig war? Schwer zu sagen, aber die Tristesse auf den Rängen war das passende Signum für den Abstieg des stolzen Klubs aus Katalonien.

Und tatsächlich ist es ein Abstieg. Es ist nicht mehr nur ein ungreifbares Momentum. Im nächsten Jahr, also in der zweiten Hälfte der Saison, wird der FC Barcelona seine kontinentale Reise in der Europa League fortsetzen. Gemeinsam mit Borussia Dortmund, RB Leipzig und dem FC Sevilla, die alle in der Gruppenphase der Champions League gescheitert waren. Ob das ein schwacher Trost ist oder ob man sich als Spieler eher wünscht, dass es einfach zu Ende wäre? Nun, beim Innenverteidiger Clement Lenglet drängt sich zumindest der Eindruck auf, dass ihm die bittere Etappe des Absturzes reichlich egal ist. Ein Foto des lachenden Franzosen gemeinsam mit Robert Lewandowski nach dem Spiel geht viral. Es wird zum Moment der Scham ausgerufen. Nun ja.

Kollektiver Zusammenbruch

Nicht am Ende, sondern an einem ganz schwierigen Anfang steht noch immer Xavi. Der neue Trainer. Der Heilsbringer. Der Messias. Der Chefstratege der goldenen Tiki-Taka-Generation unter der Leitung von Josep Guardiola. Und nach seinen ersten Wochen dürfte der 41-Jährige jetzt ein schlüssiges Bild davon haben, wie komplex und gewaltig seine Aufgabe werden wird. Eine 90-minütige Präsentation über den Zustand seiner Mannschaft bekam er eben beim Königsklassen-Knockout in München (0:3). "Ich bin wütend. Es ist eine Schande, dass wir so früh raus sind. Das (Aus) ist unsere Realität. Heute beginnt eine neue Ära. Wir stehen in der Europa League, aber das ist nicht der Platz von Barcelona", bekannte Xavi. "Wir müssen hart arbeiten, um Barca wieder auf die Beine zu bringen und es auf ein anderes Niveau zu heben. Jetzt müssen wir die Europa League gewinnen und hart für die Punkte in der Liga arbeiten. Aber wir haben die Qualität."

Weit, meilenweit von der europäischen Spitze ist der FC Barcelona in dieser Spielzeit entfernt. Und damit ist nicht mal nur der Kreis jener Teams gemeint, die tatsächlich um den Titel mitspielen. Nein, es reicht für Barça nicht mal mehr für die Top 16. Ein Sieg beim FC Bayern (oder Schützenhilfe von Dynamo Kiew bei Benfica Lissabon) hätte es gebraucht, um sich noch in den Elitekreis zu ächzen. Aber auch davon, von einem Sieg beim FC Bayern, waren die Gäste meilenweit entfernt. Zwar war das eigene Spiel bisweilen ganz nett anzusehen, aber befreit von jedweder Torgefahr. Und immer nah am kollektiven Zusammenbruch, wenn die geschwächten Münchner anzogen. Das durchaus mutige und engagierte Pressing wurde viel zu oft viel zu einfach überspielt.

Das taten vor allem Leroy Sané und Thomas Müller immer wieder. Müller traf per Gefühlskopfball ohne jede Körperspannung zum 1:0, es war sein 50. Treffer in der Champions League. Sané traf ebenfalls, aber mit Wucht und Glück, denn sein flatternder Schuss wäre für DFB-Keeper Marc-André ter Stegen eigentlich haltbar gewesen. Dass nun auch noch der herausragende Torwart patzt, er hatte auch noch andere weniger souveräne Momente, passt zum chaotischen Zustand der Blaugrana.

Das Geld reicht nur noch für Gerüchte

Qualität, ja, die ist da. Das ist unbestritten. Nur nicht gut ausbalanciert. Und nicht konstant abrufbar. Das ist zum Beispiel Ousmane Dembélé. Der Flügelspieler ist ein herausragender Spieler, mit einem allerdings äußerst anfälligen Körper und einem Kopf, der das Profitum nicht verinnerlicht hat. Wenn der Franzose aber mal fit ist und Lust auf seinen Beruf hat, dann ist das eine Attraktion. Gegen den FC Bayern brach er mehrfach spektakulär über die linke Außenbahn durch, flankte oder passte dann ins Zentrum - hallo, ist da jemand? Leider nein, leider gar nicht. Depay tummelte sich woanders. Sergio Agüero kämpft nach Herzproblemen um seine Karriere. Martin Braithwaite ist verletzt. Und an Luuk de Jong hat Xavi kein Interesse. Ja, so ein richtiger Stürmer, das wäre auch eine prima Sache. Ebenso wie nachjustieren. Aber ohne Geld? Leider nein, leider gar nicht.

Und dennoch stapeln sich die Gerüchte. Nahezu jedes Talent, nahezu jeder unzufriedene Fußballer eines Topclubs darf sich über ein manchmal mehr, manchmal weniger konstruiertes Interesse von Barça freuen. Timo Werner, Pierre-Emerick Aubameyang und Arthur Cabral werden seit Wochen als Optionen gehandelt. Auch Raheem Sterling ist im Verteiler oder aber Ferran Torres. Gesprochen wurde auch über Karim Adeyemi, die deutsche Sturmhoffnung von RB Salzburg. Alles sicher kluge Ideen, aber alles auch teure Ideen. Die Millionen aus der Knockoutrunde der Champions League hätte einige Träume ein wenig realistischer werden lassen können. Aber leider nein, leider gar nicht.

Der Untergang

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Tatsächlich ist die Planstelle im Angriff die drängendste. Auf allen anderen Positionen hat Xavi noch immer gute bis sehr gute Qualität. Alternde Stars wie Abwehrchef Pique, Außenverteidiger Jordi Alba, der sich gegen die Bayern beim Stand von 0:0 verletzte, oder den Strategen Sergio Busquets, gepaart mit herausragenden Talenten wie den derzeit verletzten Pedri und Ansu Fati oder aber Gavi und Nico. Andere Spieler wie Frenkie de Jong oder aber Dembélé haben mächtiges Potenzial, aber noch mächtigere Probleme mit der Konstanz.

Xavi muss bei seinem Neustart nach dem Abstieg nun alles schnell zusammenbringen. Seine Idee der offensiven Dominanz mit defensiver Stabilität. Die Routiniers, die den Supertalenten Ruhe, Führung und Halt geben. Herausragende Spieler, die endlich das bringen, was ihre Anlagen versprechen. Und er muss seinem Team eine neue Mentalität einimpfen. Eine, die den Stolz des Klubs über 90 Minuten auf den Rasen bringt. Thomas Müller, der schon so oft gegen Barca gespielt hat, vermisst nämlich genau das: "Vom Technischen und Taktischen sind das alles super Spieler. Im Moment können sie anscheinend die Intensität, die im Spitzenfußball herrscht, nicht mitgehen. Wir wissen alle um die Umstände von Barcelona, dass es da wirtschaftlich nicht wirklich rosig zugeht. Aber das habe ich in der Art und Weise in der Gruppe nicht kommen sehen, dass sie am Ende so untergehen."

Quelle: ntv.de

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