Fußball

6 Dinge, am 12. Spieltag gelernt FC Bayern frisst seine Jäger, Klopp jammert

Ein Bild des Jammerns: Jürgen Klopp verzweifelt an der Gesamtsituation.

Ein Bild des Jammerns: Jürgen Klopp verzweifelt an der Gesamtsituation.

(Foto: imago/osnapix)

Die Fußball-Bundesliga kapituliert am zwölften Spieltag vor dem Spitzenreiter, die Jäger des FC Bayern sind ausgestorben. Der BVB hadert nicht nur mit Marco Reus' Verletzung. Schalke überrascht, das Nordderby entsetzt.

1. Eine Klatsche gegen die Bayern gibt's nicht mehr

War doch prima. "Wir haben mutig gespielt und über weite Strecken einen selbstbewussten Auftritt hingelegt", sagte Torhüter Oliver Baumann. Und Verteidiger Andreas Beck befand, die Partie habe sich aus Hoffenheimer Perspektive "gut angefühlt". Haben wir etwas verpasst? Nach unseren Informationen hat der FC Bayern München an diesem zwölften Spieltag der Fußball-Bundesliga mit 4:0 (2:0) gegen die TSG Hoffenheim gewonnen. Die Älteren werden sich erinnern: Früher hieß so etwas Klatsche. Mittlerweile aber ist es offenbar so, dass vier Tore beim Tabellenführer als respektables Ergebnis durchgehen. Oder wie es Hoffenheims Trainer Markus Gisdol formulierte: "Wir haben in den entscheidenden Momenten nicht zugeschlagen. 4:0 hört sich hart an, wir haben einen guten Versuch gestartet, Bayern wehzutun und haben ihnen im Rahmen unserer Möglichkeiten ein paar Probleme bereitet." Wahrscheinlich hat der Mann sogar Recht: Mehr ist gegen diese Bayern nicht drin.

Die wehrten dann Glückwünsche zur erneuten Meisterschaft auch nur halbherzig ab. Trainer Josep Guardiola wies zwar der Form halber darauf hin, dass bei sieben Punkten Vorsprung auf den Tabellenzweiten nichts entschieden sei, schob dann aber ein "noch nicht" hinterher. Alles eine Frage der Zeit also. Dabei können die Münchner derzeit wahrlich nicht in mit ihrer besten Mannschaft auflaufen, vor allem im defensiven Mittelfeld fehlen wichtige Spieler. Kapitän Philipp Lahm ist verletzt, ebenso David Alaba und Thiago. Aber was heißt das schon bei einem Verein wie dem FC Bayern? Dann spielen eben mit Franck Ribéry, Arjen Robben, Thomas Müller, Mario Götze und Robert Lewandowski fünf Offensivkräfte. Und wenn es dann mit Xabi Alonso alleine vor der Abwehr nicht ganz so gut klappt, stellt Guardiola eben auf eine Dreierabwehrkette um und Rafinha, der rechte Verteidiger, rückt ins Mittelfeld auf. Hat prima geklappt. Und als dann noch Bastian Schweinsteiger erstmals seit dem Endspiel der Weltmeisterschaft für eine gute Viertelstunde an einem Fußballspiel teilnahm, war die bajuwarische Glückseligkeit perfekt. Und die Hoffenheimer? Haben sich dann, so viel sei zu ihrer Ehrenrettung erwähnt, schon doch noch ein wenig geärgert. Wie die "Rhein-Neckar-Zeitung" in der Mixed Zone aufschnappte, sagte Pirmin Schwegler: "Am Ende hört sich das 0:4 saublöd an. Das ist bitter, frustrierend und tut sehr weh." Hilft aber auch nichts.

2. Der BVB versinkt im Tal des Jammers

Irgendwas ist immer. Das bittere Foul an Marco Reus und das völlig zu Unrecht nicht gegebene Tor von Kevin Großkreutz sind in der Tat mehr als ärgerlich. Und dennoch müssen sich die Dortmunder überlegen, warum das mit ihrer angekündigten Aufholjagd nichts wird. Das liegt nämlich unter anderem daran, dass der in der Champions League so erfolgreiche Klub nicht in der Lage ist, einen 2:0-Vorsprung beim Aufsteiger in Paderborn in der zweiten Halbzeit über die Runden zu bringen. Das 2:2 fühlt sich an wie eine Niederlage. Da war es Salz in den Dortmunder Wunden, dass André Breitenreiter davon sprach, der Gast sei vor der Pause "im Stil einer Weltklassemannschaft" aufgetreten. Ein vergiftetes Lob, mit dem der Trainer wohl auch die Leistung seiner wackeren Paderborner adeln wollte. Sein Pendant Jürgen Klopp sagte hinterher, dass es ihm angesichts der Ereignisse, "nach diesem Wahnsinn", extrem schwer falle, über Fußball zu reden. Aber vielleicht sollten sie in Dortmund genau das tun, anstatt ihr zugegeben großes Pech zu beklagen. Zumindest Klubchef Hans-Joachim Watzke hat schon einmal damit angefangen. Er beklagte bei der Jahreshauptversammlung am Sonntag, dass "unsere Mannschaft in der zweiten Halbzeit nur noch das Ergebnis verwalten wollte. Das kann man sich nicht leisten, wenn man auf dem 15. Tabellenplatz liegt". In der Tat: Zur Strafe steht der BVB nun hinter dem Hamburger SV auf Rang 16. "Wir erwarten, dass sich das ändert", sagte Watzke noch. "Wir haben eine tolle Mannschaft - aber ihr müsst es auch jede Woche beweisen." Aber irgendwas ist halt immer.

3. Reus' Verletzung weckt Volkszorn

Marvin Bakalorz erfreut sich in Dortmund aktuell einer ähnlichen Beliebtheit wie Claus Weselsky in der Bahn-Zentrale. Der 25-Jährige grätschte Marco Reus derart ungestüm ins Krankenhaus, dass er selbst beim Anblick der Szene erschrak. BVB-Trainer Jürgen Klopp sah wahrscheinlich nur von sofortiger Blutrache ab, weil überall diese vermaledeiten Kameras stehen. Zu sagen hatte er Bakalorz aber so einiges, und das weit unter der Gürtellinie. Sogar nach dem Spiel konnte er sich nur schwer beruhigen und attestierte seinem ehemaligen Spieler einen Hang zur leichtsinnigen Grätsche. "Das sind Emotionen", sagte der sichtlich mitgenommene Bakalorz nach dem Spiel knapp zu den verbalen Attacken. Mehr müsste zum Foul und dem Trubel danach eigentlich auch nicht gesagt werden. Wird es aber. Im "Doppelpass" zum Beispiel, der sonntäglichen Gesprächsrunde zum FC Bayern und ausgewählten anderen Bundesligisten auf Sport1. Da dürfen sich auch Zuschauer an der Diskussion beteiligen, via Telefon. Der interessanteste Vorschlag: Bakalorz soll so lange gesperrt bleiben, wie Reus verletzt fehlt. Der Vorstoß fand keine Unterstützer in der Expertenrunde. Ohnehin attestierten die Experten wie Huub Stevens und Thomas Strunz dem Foulenden, er habe sicher nicht absichtlich getreten. Stevens, ein Freund engagierter Abwehrarbeit, tadelte Bakalorz für seine Grätsche - allerdings nicht aus moralischen Gründen: "Mittellinie, da musst du nicht so schnell grätschen. Da musst du den Gegner stellen, das ist viel besser. Das Risiko ist viel zu groß, dass du ausgespielt wirst." Was uns noch interessiert: Was wird wohl der am "Dopafon" stets besonnene Uli Hoeneß nächste Saison für eine Strafe fordern, wenn Reus im Trikot der Bayern so umgenietet wird?

4. Schalke wähnt sich mit di Matteo im Glück

Am Ende war wieder von Glück die Rede, und das war wohl auch im Spiel. Das ändert aber nichts daran, dass der FC Schalke 04 mit seinem neuen Trainer Roberto Di Matteo nach den Siegen gegen die Berliner Hertha und den FC Augsburg nun auch sein drittes Heimspiel in Folge gewonnen hat. Zählt man das 4:3 gegen Sporting Lissabon mit, sind es nach dem 3:2 gegen den VfL Wolfsburg an diesem Samstag sogar vier. Alles gut also in Gelsenkirchen? Ach, das ist es doch nie. Aber immerhin haben die Schalker den Tabellenzweiten geschlagen und finden sich selbst auf Rang sieben wieder. Di Matteo darf den Erfolg gegen Wolfsburg durchaus für sich reklamieren. Er bot mit Roman Neustädter, Felipe Santana und Benedikt Höwedes erstmals eine Dreierkette in der Abwehr auf, die bei Ballbesitz des Gegners durch die beiden Außendienstmitarbeiter Atsuto Uchida und Christian Fuchs zu einer Fünferreihe mutierte. Es funktionierte überraschend gut, wie Höwedes durchaus stolz berichtete: "Wolfsburg ist mit der taktischen Umstellung nicht so gut zurechtgekommen. Wir hatten bei Ballbesitz immer einen Mann mehr im Mittelfeld, haben schnell umgeschaltet und schöne Tore geschossen." Das mit der Überraschung wollte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking zwar so nicht stehen lassen, man habe vor der Partie "gewisse Informationen" gehabt. Aber auch er räumte ein: "Wenn man die ersten 25 Minuten betrachtet, erkennt man schnell die Fehler. Wir haben keinen richtigen Zugriff bekommen und Schalke hat das ausgenutzt. Es darf aber nicht nach einer halben Stunde 0:3 stehen." Stand es aber. Fehlt zum Schalker Glück nur noch ein Auswärtssieg. Aber der Spielplan meint es gut mit Di Matteo: In der Champions League steht am Dienstag zwar die Partie in London beim FC Chelsea an. Aber am Samstag geht es gegen den FSV Mainz - daheim in Gelsenkirchen.

5. Es gibt keine Bayern-Jäger

Herzallerliebst, liebe Deutsche Presse-Agentur: "Bayern-Verfolger schwächeln". Zum Hinter-die-Ohren-Schreiben: Es gibt keine Bayern-Verfolger. Auch keine Bayern-Konkurrenten. Schon gar keine Bayern-Jäger. Diese Wörter sollten in allen Sportredaktionen dieses Landes auf dem Index stehen. Wer sie benutzt, muss zur Strafe Wolfsburgs Dieter Hecking fragen, wie er sich so fühlt, als Bayern-Jäger. Seine Standard-Antwort dazu in letzter Zeit: "Machen Sie Witze?" Nach der Pleite in Schalke wurde er noch unfreundlicher: "Hört auf mit dieser Scheiße, verdammt noch mal." Zum Glück für die Journalisten in Mönchengladbach gilt Lucien Favre als besonnener Charakter. Die zweite Niederlage in Folge kommentierte der Schweizer nachsichtig: "Jede Mannschaft hat während einer Saison mal Schwierigkeiten. Jetzt sind wir gerade dran." Wann der Spitzenreiter aus München wohl in diese Phase gerät? Wenn überhaupt, wahrscheinlich erst, wenn die Bayern-Spielkameraden schon 20 Punkte entfernt sind.

Ach so, richtig ärgerlich wurde Lucien Favre dann doch noch: Als es um Granit Xhaka ging. Der Schweizer bekommt in dieser Woche den Sonderpreis für den dümmsten Platzverweis der Woche. Gerade erst von einer Verletzung genesen, verdiente er sich in der Nachspielzeit innerhalb von neunzig Sekunden die gelb-rote Karte aber sowas von redlich, dass Stefan Effenberg vor Freude den kalten Kaffee in der Sky-Kantine heiß brüllte. Erst den Ball weggeschlagen, dann die eingeflogene Grätsche - eindringlicher kann man den Schiedsrichter nicht um einen vorzeitigen Abgang bitten. "Das war leider nicht das erste Mal", motzte Favre. Er hat ja nun genug Zeit, seinen Landsmann mit ein paar saftigen Trainingseinheiten wieder einzunorden.

6. Das Schlimmste am Norden sind die Derbys

Apropos Norden, würde Überleitungsgott Gerhard Delling jetzt sagen. Wir müssen über das Nordderby reden. Wir tun das nicht gerne, wirklich nicht. Lieber würden wir den Mantel des Schweigens über dieses Spiel decken - nicht so einen schönen gemütlichen Wintermantel, eher einen Betonmantel, wie er über dem Atomreaktor in Tschernobyl liegt. Wir tun es als eine Art aktive Trauerarbeit. Denn das einst so stolze Derby, es ist nur noch eines dieser Sonntagsspiele, das man am Ende noch mehr bereut als das letzte Bier am Vorabend. Fehlpässe en masse, kaum Torchancen, und dann bekommt dieses Spiel auch noch einen Sieger, den es nicht verdient hatte. Der Gipfel der Frechheit: Das 2:0 von Tolgay Arslan. Völlig freistehend muss der Hamburger aus kurzer Distanz nur noch einschieben, trifft den Innenpfosten, der Ball trudelt an der Linie entlang - doch dann springt Bremens Torhüter Raphael Wolf hinterher und bugsiert das Leder ins Tor. Minus und minus ergibt plus. Müssen wir eigentlich erwähnen, dass sich Wolf bei seinem missglückten Abwehrversuch auch noch verletzt hat?

Quelle: ntv.de

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