Neuer Therapieansatz? Bestimmte Darmbakterien bauen Cholesterin ab
07.04.2024, 09:52 Uhr Artikel anhören
Derzeit geht die Wissenschaft davon aus: Je mehr verschiedene Bakterien sich im Darm befinden, umso besser für die Gesundheit.
(Foto: IMAGO/Panthermedia)
Schon lange wird zum Zusammenhang zwischen der Darmflora und der Gesundheit geforscht. Nun schaut sich ein Forschungsteam ganz gezielt den körpereigenen Fettstoff Cholesterin an. Es entdeckt dabei eine Bakterienart im Darm, die hilft, die körpereigenen Fette in Balance zu halten.
Bestimmte Darmbakterien bauen einer Studie zufolge Cholesterin ab, was gesundheitliche Auswirkungen haben könnte: Menschen mit einer hohen Konzentration dieser Bakterien hatten in der Analyse einer US-Forschungsgruppe weniger Cholesterin im Darm und im Blut. Das berichtet ein Team um Ramnik Xavier vom Broad Institute in Cambridge im Fachblatt "Cell".
Eine Veränderung der Bakterienvielfalt des Darms, des sogenannten Darmmikrobioms, wurde bereits mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit und entzündlichen Darmerkrankungen. Die Gruppe um Xavier fand nun heraus, dass Mikroben im Darm möglicherweise dazu beitragen, den Cholesterinspiegel und somit das Risiko von Herz-Kreislauf-Krankheiten bei Menschen zu senken.
Obwohl der Cholesterinspiegel von den Genen, der Ernährung und dem Lebensstil beeinflusst werde, habe ein anderes Team um Xavier bereits gezeigt, dass auch das Mikrobiom im Darm Cholesterin abbauen könne, berichten die Autorinnen und Autoren der neuen Studie. In der Arbeit von 2020 waren die einzelnen Bakterienarten und ihr Stoffwechsel jedoch nicht näher analysiert worden.
Oscillibacter können Cholesterin aufnehmen
Das Team nutzte jetzt Daten und Stuhlproben von 1429 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Framingham Heart Study, in deren Rahmen seit 1948 systematisch Menschen auf Ursachen und Risiken von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersuchten werden. Mithilfe der Shotgun-Metagenom-Sequenzierung entzifferte es zudem die gesamte DNA der Mikroben in einer Stuhlprobe. Daneben erfasste es mit einer neuen Technologie (Metabolomics) Tausende Stoffwechselprodukte.
Bei der zusammenfassenden Analyse fand das Team zahlreiche Korrelationen zwischen verschiedenen Darmbakterien und bestimmten Herz-Kreislauf-Daten. Ein Hauptergebnis: Menschen mit besonders vielen Bakterien aus der Gattung Oscillibacter im Darm hatten vergleichsweise niedrigere Cholesterinspiegel im Stuhl und im Blut.
"Die Projektergebnisse unterstreichen die Bedeutung hochwertiger, kuratierter Patientendaten", sagte einer der beiden Erstautoren, Martin Stražar von Xaviers Labor. "Das ermöglichte es uns, Effekte zu bemerken, die wirklich subtil und schwer zu messen sind, und sie direkt zu verfolgen."
Insbesondere Oscillibacter können Cholesterin aufnehmen und in Coprostanol umwandeln, das dann von anderen Bakterien weiter abgebaut wird, wie die Forschungsgruppe mithilfe zusätzlicher Laborversuche herausfand. Das entscheidende Gen für die Cholesterin-Umwandlung sei ismA.
Als Therapieansatz denkbar
Weitere Studien könnten zur Entwicklung von Therapien beitragen, die die Funktion des Darmmikrobioms gezielt nutzen, schreiben die Forschenden. So könnten Maßnahmen, die auf den mikrobiellen Cholesterinstoffwechsel im Darm abzielen, möglicherweise einmal zu hohe Cholesterinwerte absenken.
Das Bundeszentrum für Ernährung empfiehlt zur Cholesterinsenkung Sport und eine gesunde Ernährung. Ansteigen könne die Cholesterinkonzentration im Blut dagegen durch gesättigte Fettsäuren, die vor allem in tierischen Fetten, etwa in Wurst, Fleisch, Butter und anderen Milchprodukten enthalten seien. Diese Fettsäuren gebe es aber auch in Kokosfett, Backwaren und fettreichen Süßigkeiten.
Auch cholesterinreiche Lebensmittel - dazu zählen neben tierischen Fetten etwa fettreiches Fleisch und fettreiche Wurst, Räucherfisch, Innereien und Eigelb - könnten zu einem Anstieg von Cholesterin führen, jedoch in einem geringeren Ausmaß. Gesünder seien in jedem Fall ungesättigte Fettsäuren, zum Beispiel aus den Ölen von Pflanzen und Fischen.
Quelle: ntv.de, Simone Humml, dpa