Wissen

USA fürchten China und Russland Droht ein Krieg im Weltraum?

214824959.jpg

USA, Russland und China duellieren sich um die Vormachtstellung im Weltall.

(Foto: picture alliance/dpa/Goddard's Conceptual Image Lab/NASA)

Findet bald ein Krieg im Weltraum statt? US-Geheimdienstbehörden warnen vor der Konkurrenz aus China und Russland. Beide Länder würden an Weltraumwaffen arbeiten, um Satelliten der Amerikaner und ihrer Verbündeten zu zerstören, heißt es in einem neuen Bericht.

Krieg im Weltraum. Ist das realistisch? Wird aus Star Wars, wird aus Science Fiction irgendwann Realität? Die US-Geheimdienste sind jedenfalls besorgt. Die "Intelligence Community", ein Zusammenschluss der 17 amerikanischen Nachrichtendienste, hat kürzlich ihren jährlichen Bericht zu den weltweiten Gefahren für die Sicherheit der USA veröffentlicht. Darin wird China als Amerikas größte Gefahr im Weltraum angesehen. Das chinesische Militär arbeite daran, mit den Fähigkeiten der USA im Weltraum gleichzuziehen oder diese sogar zu übertreffen. China sei zunehmend in der Lage, Satelliten mit Raketen vom Himmel zu schießen oder mit Lasern zu blenden oder zu beschädigen.

Die Militarisierung des Weltraums ist grundsätzlich nicht neu. Die habe schließlich schon mit der Nutzung des Weltraums eingesetzt. "Viele Technologien, viele Nutzungen des Weltraums sind militärisch ausgerichtet oder haben eine Dual-Use-Komponente", erklärt Kai-Uwe Schrogl, Herausgeber des "Handbook of Space Security" sowie Präsident des International Institute of Space Law (IISL), im ntv-Podcast "Wieder was gelernt". Noch sei die Militarisierung des Weltraums aber nicht in eine Bewaffnung des Weltraums übergegangen.

"Killersatelliten" sind zweitrangig

Der Weltraumexperte warnt vor einem Rüstungswettlauf der Großmächte im All. Zwar habe bislang noch keine Nation Waffen im Weltraum stationiert, aber Angriffe oder Störungen vom Boden aus seien längst möglich. "Wir haben natürlich alle dieses Star-Wars-Szenario vor Augen, wo Killersatelliten herumfliegen und sich andere Satelliten ausgucken und dann mit Laserwaffen zerstören. Aber das ist zweitrangig. Was wirklich gefährlich ist, ist das, was vom Boden aus gegen andere Satelliten gerichtet werden kann", erklärt Schrogl.

China ist das bereits 2007 gelungen. Vom Boden aus wurde eine Rakete in den Orbit geschossen, diese hat dort einen eigenen Wettersatelliten in etwa 850 Kilometern Höhe zerstört. Es war das erste Mal, dass ein Satellit von der Erde aus abgeschossen wurde. Schrogl spricht von einer "Demonstration der Fähigkeit, die einschüchtern sollte". Das Problem: Durch das Manöver wurde viel Weltraumschrott auf einer Umlaufbahn hinterlassen, die hauptsächlich von Beobachtungs- und meteorologischen Satelliten genutzt wird. "Wir haben immer noch Probleme auf dieser Umlaufbahn wegen dieses Vorfalls."

"Gefahr, dass etwas passiert, wird immer größer"

Nicht nur China und die USA duellieren sich im Weltall, auch Russland spielt eine wichtige Rolle. Im Geheimdienstbericht der Amerikaner heißt es, Russland entwickele neue Antisatellitenwaffen, um die USA und ihre Verbündeten im All zu stören und zu beeinträchtigen. "Wir haben nichts gelernt von den Eskalationsmechanismen, die wir im Kalten Krieg studieren konnten. Wir müssten eigentlich die Lehren aus dem Rüstungs- und Bedrohungswettlauf im Kalten Krieg ziehen und das auf den Weltraum anwenden", so Schrogl.

"Wieder was gelernt"-Podcast

"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige: Warum wäre ein Waffenstillstand für Wladimir Putin vermutlich nur eine Pause? Warum fürchtet die NATO die Suwalki-Lücke? Wieso hat Russland wieder iPhones? Mit welchen kleinen Verhaltensänderungen kann man 15 Prozent Energie sparen? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein bisschen schlauer.

Alle Folgen finden Sie in der ntv App, bei RTL+ Musik, Apple Podcasts und Spotify. "Wieder was gelernt" ist auch bei Amazon Music und Google Podcasts verfügbar. Für alle anderen Podcast-Apps können Sie den RSS-Feed verwenden.

Doch das Gegenteil ist Realität. Die Großmächte USA, Russland, China würden eine aggressive Rhetorik an den Tag legen und nur Gegner sehen, analysiert Kai-Uwe Schrogl. Das liege etwa daran, dass immer mehr Länder immer mehr Satelliten ins All bringen und diese eben immer wichtiger werden. Sie dienen zu Telekommunikations-, Navigations-, aber auch zu Überwachungszwecken. "Die Gefahr, dass etwas passiert, wird immer größer, ob intentional oder nicht intentional. Die Länder werden immer abhängiger von den kritischen Infrastrukturen im Weltall. Deswegen befürchten Sie immer stärkere Angriffe beziehungsweise das Lahmlegen der kritischen Infrastruktur. Das setzt natürlich eine Rüstungs- oder auch Eskalationsspirale in Gang."

Europa als Vermittler?

Das Misstrauen ist groß, deshalb haben die USA unter Donald Trump die Space Force gegründet. Es könne schnell zu "kritischen Situationen" und möglicherweise sogar zu einem "gewaltsamen Konflikt im Weltraum" kommen, betont Experte Schrogl. "Ich würde jetzt nicht die Amerikaner dafür verurteilen, dass sie mit dieser Rhetorik etwas in Gang setzen würden." Die USA, Russland und China würden alle gleichermaßen die "militärische Nutzung des Weltraums ausweiten". Die Amerikaner würden dabei immerhin eine gewisse Transparenz an den Tag legen. Die US-Regierung kommuniziere wenigstens, was sie macht, so Schrogl.

Kai-Uwe_Schrogl.jpg

Kai-Uwe Schrogl ist Präsident des International Institute of Space Law.

(Foto: ESA)

Das ist bei Russland und China nicht der Fall. Im vergangenen Jahr warfen die Amerikaner Russland vor, einen Waffentest im Weltall durchgeführt zu haben. Das US Space Command hatte im Juli erklärt, es gebe "Beweise" dafür, dass die Russen eine Antisatellitenwaffe getestet haben. Demnach habe der russische Satellit "Kosmos 2543", der sich seit einem Jahr im Weltall befindet, eine Art Projektil abgeschossen. Moskau wies den Vorfall zurück. Bei dem Test habe nur ein kleiner Satellit mit speziellen Geräten ein russisches Raumfahrzeug inspiziert, hieß es aus dem russischen Außenministerium.

Kai-Uwe Schrogl

Prof. Dr. Kai-Uwe Schrogl ist Herausgeber des "Handbook of Space Security" und Präsident des International Institute of Space Law (IISL) mit 500 Mitgliedern aus 50 Ländern. Außerdem ist er als Honorarprofessor mit Schwerpunkt Internationale Technologiepolitik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen tätig

Kai-Uwe Schrogl fordert auch angesichts solcher Ereignisse einheitliche Regeln für den Weltraum. Der Weltraumvertrag von 1967, wonach jedes Land den Weltraum nutzen, aber keines Besitzansprüche erheben darf, reiche nicht aus. "Europa hat eine Initiative gestartet, das Space Traffic Management zu etablieren. Das ist eine Art Regulierung des Weltraumverkehrs."

Europa könnte die Rolle des Vermittlers einnehmen, damit sich die USA, Russland und China im Weltall nicht bekriegen. "Europa ist anerkannt als diplomatische Macht", betont Schrogl im Podcast.

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen