Je wärmer, desto mehr Starkregen Klimawandel macht Flutkatastrophen wahrscheinlicher
24.08.2021, 00:41 Uhr
Die Bundesstraße, die durch das Ahrtal führt, ist bei Altenahr hinter einem Tunnel durch die Flut weggerissen worden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Eine Studie bestätigt den Zusammenhang zwischen Erderwärmung und Hochwasserkatastrophen wie unlängst an Ahr und Erft. Die Auswirkungen könnten die von früheren Unwettern weit übersteigen.
Der Klimawandel erhöht laut einer Studie die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle und damit von Hochwasserkatastrophen, wie sie im Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mindestens 180 Menschen das Leben gekostet haben. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team von Wissenschaftlern in einer aktuellen Untersuchung.
Unter den derzeitigen Klimabedingungen sei zu erwarten, dass eine bestimmte Region in Westeuropa etwa einmal in 400 Jahren von einem solch verheerenden Ereignis heimgesucht werde. Innerhalb des gesamten Gebiets, das die Wissenschaftler betrachteten, seien in dem Zeitraum mehrere solche Ereignisse zu erwarten. Die Arbeit, für die Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen analysiert wurden, entstand im Rahmen der World Weather Attribution Initiative, die mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse untersucht.
Mit weiter steigenden Temperaturen werde extremer Starkregen häufiger, so die Wissenschaftler. Werde es nochmals 0,8 Grad wärmer, erhöhe sich die Häufigkeit auf alle 300 Jahre, auch die Intensität des Starkregens steige weiter. Die Wissenschaftler betrachteten für ihre Analyse Frankreich, Westdeutschland, den östlichen Teil von Belgien, die Niederlande, Luxemburg und den Norden der Schweiz als Region und fragten, wie wahrscheinlich ähnlich extremer Starkregen hier ist und inwiefern dies durch weltweit steigende Temperaturen beeinflusst wird. Die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Katastrophen hat sich demnach in dieser Region bereits um einen Faktor zwischen 1,2 und 9 erhöht, die maximale Regenmenge ist zwischen 3 und 19 Prozent größer als früher.
"Selbst Industrieländer nicht geschützt"
Dies mache deutlich, "dass selbst Industrieländer nicht vor den schweren Auswirkungen solcher Extremwetterereignisse geschützt sind und dass sich dies mit dem weiteren Klimawandel noch verschärfen wird", mahnte die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto, die an der Universität Oxford lehrt und derzeit die World Weather Attribution leitet. "Das stellt für uns alle eine globale Gefahr dar, der wir dringend Einhalt gebieten müssen."
Ein Beispiel der Wissenschaftler: Wenn die Wahrscheinlichkeit um den Faktor 5 erhöht sei, bedeute dies, dass ein Ereignis im Mittel anstelle alle 2000 alle 400 Jahre auftrete. Dass der Faktor nicht genauer angegeben werden könne, liege unter anderem daran, dass verschiedene Klimamodelle zugrunde gelegt worden seien, deren Vorhersagen sich unterschieden, erklärte Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Die Zahlen zeigten eine sehr klare Tendenz in Richtung häufigeren Extremwetters durch den Klimawandel.
Die Auswirkungen könnten die von früheren Unwettern weit übersteigen, sagte Kreienkamp. "Die lokalen und nationalen westeuropäischen Behörden müssen sich dieser wachsenden Risiken durch Starkregen bewusst sein, um besser auf mögliche künftige Extremwetterereignisse vorbereitet zu sein", erklärte der Leiter des Regionalen Klimabüros Potsdam des DWD.
Enno Nilson von der Bundesanstalt für Gewässerkunde erklärte, die Erkenntnisse würden in Analysen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes einbezogen. In der Region um die Flüsse Ahr und Erft waren den Angaben zufolge pro Tag durchschnittlich 93 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen - ein Höchststand seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bei den Überschwemmungen auch um den Fluss Maas in Belgien starben den Angaben zufolge insgesamt mindestens 220 Menschen.
Die 39 Wissenschaftler verglichen die Auswirkungen des heutigen Klimas mit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als die globale Durchschnittstemperatur 1,2 Grad weniger betrug. Hier ist der Link zur Studie.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP