Ist ein Darmbakterium schuld? Warum manche Menschen Zucker schlechter widerstehen
13.01.2025, 17:11 Uhr Artikel anhören
Wie viele Tierarten hat der Mensch generell eine angeborene Vorliebe für Süßes.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Viele Menschen haben keine Schwierigkeit damit, Süßigkeiten abzulehnen - anderen fällt das wesentlich schwerer. Aber warum? Möglicherweise sind Bakterien im Darm schuld, wie eine neue Studie nahelegt. Die Erkenntnisse der Forscher scheinen auch die Wirkungsweisen eines Abnehmtrends zu bestätigen.
Einer chinesischen Studie zufolge können bestimmte Bakterien im Darm Anteil daran haben, wie groß das Verlangen eines Menschen nach Zucker ist. Die auf Analysen bei Menschen und Mäusen beruhenden Ergebnisse könnten die Entwicklung von Therapien zur Behandlung von Fettleibigkeit und Stoffwechselkrankheiten wie Typ-2-Diabetes unterstützen, hoffen die Forschenden.
Wie viele Tierarten hat der Mensch generell eine angeborene Vorliebe für Süßes - in heutigen Zeiten unbegrenzter Verfügbarkeit kann das jedoch zu einem hohen Blutzuckerspiegel und einem erhöhten Risiko für Stoffwechselkrankheiten führen. Dass manche Menschen süßen Verführungen besser widerstehen können als andere, hat verschiedene Gründe - einer könnte das Darmbakterium Bacteroides vulgatus sein, wie das Team um Shenglong Zhu von der Jiangnan University in Wuxi im Fachmagazin "Nature Microbiology" berichtet.
Weniger Bakterien, weniger Zuckerlust
Bekannt sei bereits gewesen, dass unser Verlangen nach verschiedenen Lebensmitteln auch auf Signale zurückzuführen ist, die vom Darm ausgehen. Die Forschenden analysierten das Blut von 18 Mäusen mit künstlich herbeigeführtem Diabetes und 60 Patienten mit Typ-2-Diabetes und verglichen die Werte mit denen gesunder Kontrollgruppen.
Was sie herausfanden: Diabetische Mäuse und Menschen hatten weniger von dem Protein FFAR4 im Blut. Dieses Protein ist wichtig, weil es Fettsäuren aus der Nahrung erkennt und die Ausschüttung eines Hormons namens GLP-1 auslöst, das den Blutzucker und den Appetit reguliert.
Weniger FFAR4 führte bei Mäusen dazu, dass sie mehr Lust auf Zucker hatten. Außerdem fanden die Forscher heraus, dass weniger FFAR4 dazu führte, dass die Mikrobe Bacteroides vulgatus und ihr Stoffwechselprodukt Pantothenat im Darm seltener vorkamen. Pantothenat hilft dabei, GLP-1 freizusetzen, was wiederum ein anderes Hormon namens FGF21 freisetzt. FGF21 beeinflusst den Teil des Gehirns, der das Essverhalten steuert.
Abnehmspritze ahmt Hormon nach
Die Forscher überprüften diesen Zusammenhang durch Fütterungsversuche: Wenn diabetische Mäuse Pantothenat bekamen oder mit B. vulgatus besiedelt wurden, hatten sie viel weniger Lust auf Zucker.
Gegen Diabetes und Fettleibigkeit bereits im Einsatz sind seit einigen Jahren sogenannte GLP-1-Rezeptor-Agonisten, zu denen die Abnehmspritze Wegovy zählt. Sie ahmen die Wirkung des körpereigenen GLP-1 nach, regen die Bauchspeicheldrüse an, Insulin zu produzieren, und regulieren so den Blutzuckerspiegel. Zudem wirken sie auf das Gehirn: Sie verringern den Appetit. In der Folge sinkt das Gewicht. Allerdings sind auch noch viele Fragen zu der Stoffklasse offen - etwa zu möglichen Langzeitfolgen.
Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa