Gesteinsart und Fortbewegung Was den Havelland-Asteroiden besonders macht
08.05.2024, 14:59 Uhr Artikel anhören
Das Bruchstück des Asteroiden wurde von vier polnischen Meteoritensuchern auf einem Feld bei Ribbeck gefunden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Anfang des Jahres fliegt ein Asteroid mit großer Geschwindigkeit in Richtung Erde. Kurze Zeit darauf werden Trümmerstücke des Planetoiden gefunden und später von Fachleuten analysiert. Dabei zeigen sich einige Besonderheiten.
Der am frühen Morgen des 21. Januar im Havelland in der Nähe von Berlin niedergegangene Asteroid 2024 BX1 war in zweifacher Hinsicht etwas Besonderes: Es handelt sich um einen seltenen Aubrit, der aus einer speziellen Art von Gestein besteht. Und der Himmelskörper hat sich vor seinem Eintritt in die Erdatmosphäre extrem schnell gedreht. Lediglich 2,6 Sekunden benötigte 2024 BX1 für eine Rotation. Damit stellte er einen neuen Rekord für die schnellste bekannte Eigendrehung bei Asteroiden auf, schreibt ein Team um Maxime Devogèle von der europäischen Weltraumorganisation ESA in einem beim Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" eingereichten Bericht, der als sogenanntes Preprint vorliegt.
Der ungarische Astronom Krisztián Sárneczky vom Piszkéstető-Observatorium hatte den lediglich einen halben Meter großen Asteroiden in der Nacht zuvor entdeckt und seine Kollegen in aller Welt alarmiert. Mithilfe ihres Frühwarnsystems für Asteroiden gelang es der US-Raumfahrtbehörde NASA, dessen Bahn sehr genau zu berechnen: 2024 BX1 sollte über dem Havelland niedergehen. Der Asteroid sorgte als leuchtende Feuerkugel mit hellem Schweif für eine spektakuläre Erscheinung am Nachthimmel über Berlin und Brandenburg.
Bruchstücke schnell gefunden
Bereits wenige Tage später wurden viele Bruchstücke des in der Atmosphäre geborstenen Asteroiden aufgespürt. Wie sich zeigte, handelte es sich bei 2024 BX1 um einen seltenen Aubrit. Das Gestein dieser kleinen Himmelskörper besteht hauptsächlich aus Magnesium-Silikaten. Diese Art von Gestein entsteht unter hoher Temperatur beim Zusammenstoß von Asteroiden. Bei 2024 BX1 handelt es sich also um ein Trümmerteil einer solchen Kollision.
Von Sárneczky vorgewarnt gelang es Devogèle und seinem Team, den Anflug des Asteroiden mit dem Spezialteleskop Trappist-Nord in Marokko zu beobachten. Die Forschenden waren gerade dabei, ein neues Verfahren zur Bestimmung der Rotation kleiner Asteroiden zu testen. Die Messungen der Gruppe zeigten starke Helligkeitsschwankungen von 2024 BX1 mit einer Periode von 2,6 Sekunden. Das bedeute, so ihre Folgerung, dass der Asteroid eine sehr unregelmäßige Form besaß und sich alle 2,6 Sekunden einmal um sich selbst drehte.
Neuer Rekord bei Drehungen
"Kleine Objekte wie 2024 BX1 entstehen beim Zusammenstoß größerer Asteroiden", erläutert Devogèle. "Dabei erhalten die Bruchstücke eine Menge Energie, die es ihnen erlaubt, sich extrem schnell zu drehen." Mit einer Periode von 2,6 Sekunden stelle 2024 BX1 einen neuen Rekord auf. "Je kleiner ein Asteroid ist, desto schneller kann er auch rotieren", so Devogèle. "Wenn wir also in der Lage wären, die Drehung noch kleinerer Objekte zu messen, würden wir wahrscheinlich auch auf noch schnellere Drehungen stoßen."
Millionen von Asteroiden und Kometen rasen durch das Sonnensystem. Unterschieden werden sie vor allem anhand ihrer Zusammensetzung; ganz klar definiert ist der Unterschied jedoch nicht. ASTEROIDEN sind die kleineren Geschwister der Planeten, sie bestehen aus Gestein und Metallen. Weil sie klein und leicht sind, bleibt ihre Bahn um die Sonne nicht unbedingt konstant, sondern kann sich durch die Gravitationskräfte anderer Körper verändern. Für sehr kleine Objekte mit weniger als einigen Dutzend Metern Durchmesser wurde die Bezeichnung METEOROIDEN eingeführt. Verglühen sie beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht komplett, sondern erreichen noch den Boden, werden sie METEORITEN genannt. Jeden Tag gelangen viele Tonnen kosmischen Materials auf die Erde, allerdings zum größten Teil als Staub. KOMETEN oder Schweifsterne sind ebenfalls Überreste der Entstehung des Sonnensystems und bestehen aus Eis, Staub und lockerem Gestein.
Für die Zukunft gibt es Pläne, kleine Asteroiden für eine genaue Untersuchung oder die Ausbeutung ihrer Mineralien im Weltall einzufangen. Zudem sollen Asteroiden mit gefährlichem Kurs auf die Erde durch gezielten Beschuss zerstört oder abgelenkt werden. Für derartige Missionen, so Devogèle, sei es sehr wichtig, die genaue Rotation der Zielkörper zu kennen.
Quelle: ntv.de, Rainer Kayser, dpa