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Rückgang teils um zwei Drittel Haie verschwinden aus Korallenriffen weltweit

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Die Populationen von fünf Riffhai-Arten gingen so stark zurück, dass sie von "potenziell gefährdet" auf "stark gefährdet" hochgestuft werden sollten, meint das Forschungsteam.

Die Populationen von fünf Riffhai-Arten gingen so stark zurück, dass sie von "potenziell gefährdet" auf "stark gefährdet" hochgestuft werden sollten, meint das Forschungsteam.

(Foto: Andy Mann/dpa)

An sämtlichen Korallenriffen gibt es einen deutlichen Schwund an Haien, zum Teil geht der Bestand um zwei Drittel zurück. Hauptursache: die Überfischung. Es gibt aber Anlass zur Hoffnung. Und: je reicher das jeweilige Land, desto größer der Schutz, desto geringer der Schwund an Haien.

Die Bestände von Haien an Korallenriffen gehen einer internationalen Studie zufolge drastisch zurück. Das zeigen Videoanalysen von 391 Korallenriffen in 67 Ländern. Die Populationen von fünf Riffhai-Arten schwanden demnach um 60 bis rund 70 Prozent, wie das Team um Colin Simpfendorfer von der James Cook University im australischen Townsville in der Zeitschrift "Science" berichtet.

Ursache dieser Entwicklung ist demnach vor allem Überfischung. Auffällig ist jedoch, dass das weit über 100-köpfige Forschungsteam weniger Schwund an jenen Riffen registrierte, die zu wohlhabenden Ländern zählten oder unter Schutz standen. In einem "Science"-Kommentar schreibt David Shiffman von der Arizona State University in Glendale, die Studie enthalte Zeichen der "Hoffnung" und zeige einen Weg auf, wie sich der derzeitige Trend an Korallenriffen stoppen lasse.

Haie wichtig für ökologisches Gleichgewicht

Unterwasserkamera mit Köder.

Unterwasserkamera mit Köder.

(Foto: Andy Mann/dpa)

Haie sind wichtig für das ökologische Gleichgewicht dieser ungemein artenreichen Lebensräume. Dass Haipopulationen an Korallenriffen zurückgehen, hatten bereits frühere Studien belegt. Um einen weltweiten Überblick zu bekommen, sichtete das Team nun Videos von fast 23.000 Unterwasserkameras, an die Köder gehängt waren, um die Raubfische anzulocken.

Dabei achteten die Forschenden auf jene fünf Haiarten, die an Korallenriffen besonders gängig sind: im Atlantik der Karibische Riffhai (Carcharhinus perezi) und der Ammenhai (Ginglymostoma cirratum), im Indopazifik der graue Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos), der Schwarzspitzenriffhai (Carcharhinusmelanopterus) und der Weißspitzenriffhai (Triaenodon obesus).

Der Analyse zufolge lag die Zahl dieser Haie im Mittel um 62,8 Prozent niedriger, als sie ohne menschlichen Einfluss wäre. An fast jedem siebten Riff (13,6 Prozent) wurden gar keine Haie gesichtet, an 35 bis 47 Prozent der Riffe waren einzelne Hai-Arten verschwunden. Als wesentliche Ursache für den Schwund nennt das Team Überfischung in den jeweiligen Meeresgebieten. Dies dezimiere entweder den Haibestand selbst oder Populationen seiner Beutetiere.

Hochstufung auf "stark gefährdet" gefordert

Die Resultate könnten Auswirkungen auf die Gefährdungskategorie der Weltnaturschutzunion (IUCN) haben, die die fünf Riffhaie bislang als "potenziell gefährdet" einstufte. Das Team schlägt vor, diese Arten um gleich zwei Kategorien hochzustufen - auf "stark gefährdet". "Unsere Studie in Ländern, die etwa 90 Prozent der Riffe weltweit abdecken, zeigt, dass die dortigen Riffhai-Arten einem viel höheren Aussterberisiko unterliegen als bisher gedacht."

Allerdings ist der Trend nicht weltweit einheitlich: Vor allem in wohlhabenden Regionen, in denen Korallenriffe unter Schutz standen, gab es eher intakte Haibestände. "Leider sind solche Länder relativ selten, und Länder mit geringerem Einkommen haben eher weniger Mittel für ein nachhaltiges Management der natürlichen Ressourcen", schreibt Kommentator Shiffman. "Ein Land, dem die Ressourcen fehlen, seine Bevölkerung zu ernähren, ist weniger fähig dazu, seine Artenvielfalt nachhaltig zu schützen."

"Zeichen der Hoffnung"

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Nichtsdestotrotz gebe es auch "Zeichen der Hoffnung", betont der Experte. "Das überraschendste Resultat der Studie ist, dass ein Rückgang oder sogar kompletter Verlust von Haiarten an einem Riff nicht immer mit ähnlichen Veränderungen an nahegelegenen Riffen einhergeht", heißt es weiter. "Demnach kann ein Riff so stark überfischt sein, dass eine einst gängige Haiart komplett verschwunden ist, aber ein anderes Riff in der Nähe kann gesunde Bestände derselben Art enthalten." Damit sei denkbar, dass sich bedrohte Populationen bei lokalen Schutzmaßnahmen wieder erholen könnten.

Das Team nennt konkrete Beispiele für unter Schutz stehende intakte Riffe, die in Gegenden mit stark schwindenden Haibeständen liegen. Dazu zählen demnach Tubbataha auf den Philippinen, Sipidan in Malysia, Misool in Indonesien und Lighthouse Reef in Belize.

Quelle: ntv.de, Lena Johanna Philippi, dpa

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