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Mikroben in der Rinde helfen Bäume überraschen mit neuem Klimaschutzaspekt

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Messung des Gasaustauschs von Eichen in Wytham Woods, UK.

Messung des Gasaustauschs von Eichen in Wytham Woods, UK.

(Foto: Vincent Gauci)

Die Folgen des Klimawandels sind enorm. Umso dringlicher wird nach Lösungen gesucht. Nun machen zwei Forschungsteams unabhängig voneinander natürliche Ressourcen aus, die wesentlich mehr Treibhausgase schlucken könnten als bisher gedacht.

Zwei aktuelle Studien deuten darauf hin, dass die Natur eine größere Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen könnte als bisher angenommen. So ergab eine Untersuchung, dass Bäume das Treibhausgas Methan aufnehmen können, hauptsächlich durch Mikroorganismen auf ihrer Rinde. Eine andere Studie legt nahe, dass der Südliche Ozean rund um die Antarktis bis zu 25 Prozent mehr CO2 aufnehmen könnte als bislang gedacht.

Bäume als Methanabsorber

"Der wichtigste Weg, den Beitrag von Bäumen zur Umwelt zu betrachten, ist die Aufnahme von Kohlendioxid durch Fotosynthese und die Speicherung als Kohlenstoff", wird Vincent Gauci von der britischen Universität Birmingham in einer Mitteilung seiner Hochschule zitiert. Gauci ist Erstautor einer Studie im Fachmagazin "Nature", in der erstmals in größerem Rahmen die Fähigkeit von Bäumen untersucht wurde, Methan zu binden.

Methan ist ein 28-mal stärkeres Treibhausgas als CO2 und hat seit 1750 23 Prozent zur Erderwärmung beigetragen, so eine 2020 veröffentlichte Studie.

Von einigen Bäumen war schon bekannt, dass sie Methan aufnehmen können, nicht aber das Ausmaß des Phänomens. Gauci und sein Team führten daher Analysen in Waldgebieten in verschiedenen Klimazonen durch - konkret im Amazonas, in Panama, Großbritannien und Schweden. Sie maßen den Methanfluss in verschiedenen Höhen an 166 Bäumen. Die Ergebnisse waren über alle Klimazonen hinweg vergleichbar: In den niedrigeren Bereichen des Stamms stoßen Bäume mehr Methan aus, als sie aufnehmen. Im Boden entsteht Methan, wenn organisches Material unter Ausschluss von Luft abgebaut wird. Diese Prozesse wirken sich anscheinend auf den unteren Teil des Stamms aus.

Methanaufnahme variiert mit der Höhe

Je nach Baumart, Standort und Klimazone ändert sich das in einer Stammhöhe von 0,5 bis 1,5 Metern: Oberhalb dieser Höhe nehmen Stämme und Äste mehr Methan auf als sie abgeben. Die Analyse der Kohlenstoffisotope im Methan gab einen Hinweis darauf, dass Mikroorganismen im Holz und auf der Rinde das Treibhausgas abbauen.

Die Gruppe um Gauci maß zudem mehr als 2000 Bäume mithilfe von Lasermessgeräten aus, um 3D-Modelle für die Oberfläche von Bäumen zu erstellen. Anhand von früheren Waldschätzungen auf der Basis von Satellitenaufnahmen überschlugen sie, dass alle Bäume weltweit jeden Tag zwischen 24,6 und 49,9 Millionen Tonnen Methan aufnehmen. Damit könnten sie um etwa zehn Prozent effektiver beim Dämpfen der Erderwärmung sein als bisher gedacht.

Beim Klimagipfel COP26 im Jahr 2021 wurde mit dem "Global Methane Pledge" die Zusage gemacht, die globalen Methanemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 30 Prozent zu senken. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Pflanzen von mehr Bäumen und die Verringerung der Abholzung sicherlich wichtige Bestandteile jedes Ansatzes zur Erreichung dieses Ziels sein müssen", so Gauci.

CO2-Aufnahme im Südlichen Ozean unterschätzt

Im Südlichen Ozean muss der Mensch hingegen keine Maßnahmen ergreifen, um von der Kraft der Natur zu profitieren: Dass das Südpolarmeer rund um die Antarktis CO2 aufnimmt, ist bekannt. Wie groß die Aufnahmefähigkeit ist, wird allerdings von verschiedenen Untersuchungen je nach Methode unterschiedlich beantwortet.

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Eine Gruppe um Yuanxu Dong von der University of East Anglia im britischen Norwich hat nun mit einer neuen atmosphärischen Messtechnik - Eddy-Kovarianz genannt - in 2500 Stunden an 175 Tagen umfangreiche Messungen des CO2-Austauschs zwischen Atmosphäre und Ozean vorgenommen. Auf diese Weise kamen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass der Südliche Ozean rund 25 Prozent mehr CO2 aufnehmen kann, als bisher in den Klimamodellen üblicherweise berücksichtigt wird.

Den Unterschied zu früheren Messungen erklärt die Forschungsgruppe einerseits damit, dass die hohe zeitliche Auflösung auch kurzzeitige intensive CO2-Aufnahmeereignisse ermögliche. Andererseits könne bei der Messung in der Luft statt im Wasser auch ein Kühlungseffekt an der Wasseroberfläche berücksichtigt werden, heißt es in der im Fachblatt "Science Advances" veröffentlichten Studie. In einer Mitteilung seiner Universität stellt Dong fest: "Dies ist das erste Mal, dass eine große Anzahl direkter Beobachtungen des CO2-Flusses zwischen Luft und Meer verwendet wurde, um bestehende Ergebnisse im Südlichen Ozean zu bewerten."

Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa

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