Wichtiges Ökosystem Beim Schutz der Antarktis geht es nicht voran
27.10.2023, 18:42 Uhr Artikel anhören
Auch in der Antarktis schmilzt das Eis immer stärker.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Forscher sind frustriert, dass es beim dringend nötigen Schutz der Antarktis keine Fortschritte gibt. Viele Staaten würden weiter am Status Quo festhalten, obwohl des Eis weiter abschmelze und Fischbestände bedroht seien. Vor allem zwei Länder torpedieren die Ausweitung von Meeresschutzgebieten.
Die Hiobsbotschaften zum Zustand der Antarktis reißen nicht ab. Das Meereis schmilzt rasant, die Fischbestände sind massiv überbeansprucht, kürzlich wurde die Vogelgrippe nachgewiesen. Und nun haben auch noch die für den Schutz der antarktischen Meeresfauna und -flora zuständigen Regierungen die Chance verpasst, bei ihrer Jahrestagung im australischen Hobart einen Durchbruch zu erzielen. Das berichten Teilnehmer zum Abschluss des Treffens der Antarktis-Kommission CCAMLR. Die von Umweltexperten dringend geforderte Ausweisung wichtiger Meeresschutzgebiete bleibt damit Zukunftsmusik.
Das gesamte, für die Erde so wichtige Ökosystem des Südpolarmeeres gilt als bedroht. "Es fühlt sich an, als ob wir beim Schutz des Südpolarmeeres einen Schritt vor und zwei zurück machen", sagte Claire Christian von der Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC). "Es ist zwar ein gewisser Trost, dass wichtige Schutzmaßnahmen nicht zurückgenommen wurden, aber das ständige Festhalten am Status quo durch CCAMLR bleibt hinter den dringenden Entscheidungen, die für die Bewältigung der Klima- und Biodiversitätskrise erforderlich sind, zurück."
Speziell geht es um ein Netzwerk aus drei großen Meeresschutzgebieten (Marine Protected Areas, MPAs) in der Ostantarktis, im Weddellmeer und in den Gewässern der Antarktischen Halbinsel. Die Durchsetzung scheitert seit Jahren am Widerstand von Russland und China - denn alle Entscheidungen von CCAMLR müssen einstimmig ausfallen. Auch konkrete Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Gebiete wurden abgelehnt - etwa des weltgrößten bislang bekannten Fischbrutgebiets mit rund 60 Millionen Eisfischen, das im vergangenen Jahr von deutschen Wissenschaftlern entdeckt wurde. "Dieses Versäumnis gefährdet nicht nur das Ökosystem der Antarktis, sondern spricht auch gegen den gesunden Menschenverstand", kommentierte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Kleinkrebse als Klimahelden
Immerhin, Beobachter der Tagung sprechen von "kleinen Schritten in die richtige Richtung". So hätten sich die Teilnehmer auf ein Treffen zur Verbesserung des Krill-Fischereimanagements 2024 geeinigt. Die winzigen Krebstiere werden massenhaft gefangen, um daraus Öl, Fischfutter für die Lachszucht und anderes Tierfutter zu machen. Allerdings sind sie für das fragile Ökosystem der Antarktis mit Tieren wie Walen und Pinguinen extrem wichtig.
Laut einer Studie des WWF sind die Tierchen wahre Klimahelden. Die riesigen Schwärme versenken jährlich bis zu 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid in der Tiefsee. Gleichzeitig ist die Krill-Fischerei laut einer CCAMLR-Statistik von knapp 105.000 Tonnen im Jahr 2007 auf mehr als 415.000 Tonnen im Jahr 2022 angestiegen, da immer größere und modernere Schiffe daran teilnehmen.
Bei einem Symposium soll es im kommenden Juli um die Umsetzung eines aktualisierten, ökosystembasierten Krill-Fischereimanagements gehen. Weiterer Punkt auf der Tagesordnung: Die Ausweisung eines Meeresschutzgebietes rund um die Antarktische Halbinsel. Während dieses Ergebnis Hoffnung gebe, sei der Mangel an Maßnahmen zur Ausweisung eines ganzen Netzes an Meeresschutzgebieten enttäuschend, sagte Andrea Kavanagh vom Pew Bertarelli Ocean Legacy Project.
Ab dem 8. November findet in Paris der One Planet - Polar Summit statt, bei dem Forscher und Politiker gemeinsame Maßnahmen zum Schutz der Eisregionen des Planeten vereinbaren wollen. "Ich hoffe sehr, dass dieser Gipfel eine Ära beschleunigter Schutzmaßnahmen einleitet", sagte Claire Christian.
Quelle: ntv.de, als/dpa