Eis verschwindet an den Küsten Besiedeln neue Pflanzen und Tiere bald die Antarktis?
05.03.2024, 18:19 Uhr Artikel anhören
An der Antarktis könnte es in Zukunft komplett eisfreie Küstengebiete geben.
(Foto: Ceridwen Fraser)
Mit der Erwärmung des Klimas verschwindet immer mehr Eis um die Küsten der Antarktis. Das zeigen Satellitenbilder. Dies dürfte Fachleuten zufolge die Ansiedlung von Pflanzen und Tieren auf dem Kontinent fördern - mit großen Folgen für die Küsten des Kontinents.
Die eisfreien Flächen an der Küste der Antarktis nehmen zu. Das zeigt eine Auswertung von Satellitenmessungen im Zeitraum von 1979 bis 2022. Dadurch könnten sich dort in absehbarer Zeit gebietsfremde Pflanzen und Tiere ansiedeln, schreibt ein Forschungsteam um Ceridwen Fraser und Grant Duffy von der University of Otago in Dunedin (Neuseeland) in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" ("PNAS").
Das Forschungsteam untersuchte die Entwicklung freier Wasserflächen im Schelfeis, sogenannter Polynjas. "Polynjas werden von gekoppelten Klimamodellen der aktuellen Generation schlecht reproduziert", heißt es in der Studie. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten eine Messreihe über den Zeitraum von 44 Jahren und fanden heraus, dass sich in den meisten Schelfeis-Gebieten des Südpolarmeeres die Polynja-Flächen vergrößert haben. Ausnahmen waren die Amundsensee und die Bellingshausensee im Westen der Antarktis.
"Unsere Forschung zeigt, dass insbesondere die offenen Gewässer entlang der antarktischen Küsten mit der Klimaerwärmung flächenmäßig wachsen", wird Duffy in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Dabei ist die Entwicklung größeren Schwankungen ausgesetzt, sodass zu manchen Zeiten die Polynjas auch kleiner werden können. Für das Ross-Schelfeis - das größte Schelfeis-Gebiet der Antarktis - entdeckten die Forscher einen Zyklus, der etwa 16 Jahre des Wachsens und Schrumpfens umfasst. "Diese Trends sind faszinierend - und wir haben sie vorher nicht bemerkt", sagt Duffy.
16-Jahre-Zyklus bei den Wintertemperaturen
Wie dieser Zyklus zustande kommt, wissen die Forschenden nicht genau. Sie vermuten einen Zusammenhang mit dem Amundsensee-Tief, einem recht stabilen Tiefdruckgebiet in der Amundsensee, dessen Zentrum manchmal über dem Rossmeer liegt. Fraser, Duffy und Kollegen fanden bei der Auswertung von Messungen meteorologischer Stationen in der Antarktis in einem Zeitraum von 68 Jahren ebenfalls einen 16-Jahre-Zyklus bei den Wintertemperaturen - und zwar für die gesamte Antarktis.
Die Studienautoren und -autorinnen beschäftigt jedoch vor allem die Aussicht auf eisfreie Küstengebiete in der Antarktis. "Wir wissen, dass viele nicht heimische Pflanzen und Tiere die Antarktis erreichen können, beispielsweise durch das Treiben auf schwimmendem Seetang", erklärt Fraser. Weniger Eis könnte Möglichkeiten für die Ansiedlung einiger Küstenpflanzen und Tiere schaffen - mit großen Folgen für die Küstenökosysteme der Antarktis.
Die Erkenntnisse könnten außerdem nützlich sein für Vorhersagen zum Meereis. Denn den Forschenden zufolge können in Küstengebieten großräumige atmosphärische Schwankungen mit sich ändernden Meeresbedingungen zusammenwirken und so die Ausdehnung des Meereises beeinflussen.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa