Politik

CDU sucht wieder neuen Chef Wer auf Laschet folgen könnte

Seit Donnerstag ist Armin Laschet nur noch Parteivorsitzender auf Abruf.

Seit Donnerstag ist Armin Laschet nur noch Parteivorsitzender auf Abruf.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nachdem CDU-Chef Armin Laschet seinen Abgang angekündigt hat, sucht die CDU einen neuen Vorsitzenden - wieder einmal, den dritten seit 2018. Vor allem vier Namen kursieren in Berlin.

Drei Botschaften hatte CDU-Chef Armin Laschet am Donnerstag: Die CDU steht "bis zur letzten Sekunde der Regierungsbildung" bereit, zusammen mit Grünen und FDP eine Jamaika-Koalition zu organisieren, die CDU will ihre Wahlniederlage aufarbeiten und er selbst hängt nicht an seinem Amt. Die dritte Botschaft stellte Laschet zwar seltsamerweise nicht ins Zentrum seines Auftritts, doch sie ist es, die für die Zukunft der CDU die wichtigste sein dürfte.

Laschet klang am Donnerstag ziemlich ratlos. "Kann es uns nicht diesmal gelingen, dass wir eine gemeinsame Lösung für die Aufstellung in der Opposition finden?", fragte er. Bereits zwei Mal ist dies nicht gelungen, weder nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel 2018 ihren Abgang als CDU-Vorsitzende angekündigt hatte noch nach dem Rücktritt ihrer Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Die Debatte über die Laschet-Nachfolge läuft schon länger, wenn auch verdeckt unter dem Schlagwort der Erneuerung. Zwischen einem weiteren Showdown auf einem Parteitag im Januar oder einem Mitgliedervotum scheint derzeit alles möglich. Diesen Prozess will Laschet moderieren, wie er sagte. Es ist eine von zwei Missionen, die ihm bleiben - die zweite: Er bietet sich als Ansprechpartner für Grüne und FDP an, falls die Ampel-Sondierungen scheitern sollten.

Folgende Kandidaten gelten derzeit als mögliche Nachfolger:

Friedrich Merz

(Foto: Michael Reichel/dpa)

Eine Funktion in der CDU hat Friedrich Merz noch immer nicht, aber seit der Wahl ist er wieder Mitglied des Deutschen Bundestags - das war er zuletzt 2009. Er kandidierte bereits zwei Mal für den CDU-Vorsitz: 2018 unterlag er knapp gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, 2020 gegen Armin Laschet. Mit 65 Jahren würde es ihm schwerfallen, eine erneute Kandidatur als Erneuerung zu verkaufen. In der Diskussion um die Wiederwahl von Ralph Brinkhaus als Fraktionschef wurde auch Merz als Interessent genannt. Man wird also davon ausgehen können, dass er seine Ambitionen auf Einfluss in der Union nicht aufgegeben hat. "Ob ich noch mal für den Parteivorsitz kandidiere oder nicht, das ist eine Frage, mit der ich mich nicht abschließend beschäftigt habe", sagte er am Donnerstagabend bei Maybrit Illner. "Ich schließe eines aus: Ich werde nicht noch einmal in eine streitige Abstimmung auf einem Bundesparteitag gehen." Inhaltlich stünde Merz für einen konservativeren und wirtschaftsliberalen Kurs. Im Wahlkampf hat er versucht, sich und die CDU mit identitätspolitischen Themen wie dem Kampf gegen gendergerechte Sprache zu profilieren. In einer Umfrage kommt er unter CDU-Anhängern auf Platz eins, bei den Deutschen insgesamt aber nur auf Platz zwei.

Jens Spahn

(Foto: picture alliance/dpa)

Dass Jens Spahn mehr sein will, ist seit Jahren kein Geheimnis mehr; im Deutschlandfunk wurde der 41-Jährige natürlich auch gefragt, ob er Interesse am CDU-Vorsitz hätte, wenn Laschet das Amt nicht mehr wolle. Er gab darauf die Antwort, die man in einer solchen Situation geben muss: Er habe "Interesse daran, dass wir in Deutschland eine stabile Regierung bekommen" und "gleichzeitig die Partei sich erneuert". Und fügte hinzu: "Alles andere besprechen wir in den nächsten Tagen."

Als Merz 2018 gegen Kramp-Karrenbauer kandidierte, war Spahn mit von der Partie, er kam damals in der ersten Runde zwar nur auf den dritten Platz. Aber die Art, wie er seine Kandidatur durchzog, verschaffte Spahn breiten Respekt in der CDU. Zwei Jahre später trat er nicht erneut an, sondern unterstützte Laschet. Teil dieser "Team"-Lösung war, dass Spahn zu einem der fünf Stellvertreter des Bundesvorsitzenden gewählt wurde - allerdings mit dem schlechtesten Ergebnis aller Kandidaten. Da mag eine Rolle gespielt haben, dass er zuvor in einer Fragerunde für Laschet plädiert hatte, was das Merz-Lager als unfair empfand. Oder es könnte an Berichten gelegen haben, dass er Chancen für seine eigene Kanzlerkandidatur sondiert haben solle. Von Spahn stammt das kluge Zitat, man werde einander nach der Corona-Pandemie wahrscheinlich viel zu verzeihen haben. Als Gesundheitsminister wurden vor allem ihm Fehler angelastet - etwa bei der Masken-Beschaffung. Wirtschaftsliberale in der CDU, darunter Merz, kritisierten Spahn zudem, weil er einen milliardenschweren Zuschuss aus dem Bundeshaushalt für die Pflegeversicherung durchsetzte. In der erwähnten Umfrage sagten 30 Prozent der Befragten, Spahn sei als CDU-Chef geeignet, 55 Prozent halten ihn für ungeeignet.

Carsten Linnemann

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(Foto: picture alliance/dpa)

Als Chef der Mittelstandsvereinigung gehört Carsten Linnemann zu den einflussreichsten CDU-Politikern. Er kritisiert den Kurs der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel seit Jahren als zu beliebig, in der Form allerdings weniger scharf als Merz. Ebenso lange wird auf ihn verwiesen, wenn der Wunsch nach Aufbruch artikuliert wird. Bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag holte er das beste Erststimmenergebnis in Nordrhein-Westfalen: 48 Prozent (zum Vergleich: Jens Spahn kam in seinem Wahlkreis im Münsterland nur auf 40 Prozent - vier Jahre zuvor waren es noch 51 Prozent). Der 44-Jährige stand lange ein bisschen im Schatten von Jens Spahn, weil dieser politisch auf einer ähnlichen Wellenlänge unterwegs war, dabei aber prominenter und ehrgeiziger war. Möglicherweise ist aber genau das eine gute Ausgangslage. Die CDU brauche jetzt "keine Ego-Trips, sondern einen kühlen Kopf", sagte Linnemann bei Sandra Maischberger. Nötig sei "eine Wahlanalyse, die es leider in den vergangenen Jahren nicht gegeben hat".

Norbert Röttgen

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(Foto: picture alliance / Flashpic)

Neben Merz und Spahn wurde auch Norbert Röttgen genannt, als eine Kampfkandidatur um den Unionsfraktionsvorsitz noch ein mögliches Szenario zu sein schien. Röttgen war die Nummer drei im innerparteilichen Wahlkampf 2020 um den CDU-Vorsitz, er hatte stark mit einer Agenda der Modernisierung geworben. Im Konflikt um die Kanzlerkandidatur stand er als einer von wenigen herausgehobenen CDU-Politikern an der Seite von CSU-Chef Markus Söder. Trotzdem wurden ihm für den Fall einer Bewerbung um den Fraktionsvorsitz nur Außenseiterchancen zugesprochen. 32 Prozent der Deutschen sagen, Röttgen eigne sich als CDU-Vorsitzender, während 41 Prozent dies verneinten - das ist Platz eins. Unter den CDU-Anhängern kommt der Außenexperte allerdings nur auf Platz zwei.

Daniel Günther

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(Foto: picture alliance/dpa)

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident ist einer von sechs Ministerpräsidenten der CDU. Zwei kommen aus Altersgründen für den CDU-Vorsitz eher nicht infrage (Volker Bouffier, Reiner Haseloff), einer ist in seinem Bundesland nicht abkömmlich (Michael Kretschmer). Und einer ist Armin Laschet. Von den zwei verbliebenen wäre der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein der wahrscheinlichere. Daniel Günther hat bei der letzten Landtagswahl einen erfolgreichen Wahlkampf für die CDU geführt. Viel wichtiger ist aber, was danach kam. Denn seit 2017 zeigt der 48-Jährige mit seiner Jamaika-Koalition, wie die Zukunft der CDU aussehen könnte: Wer angesichts einer immer kleinteiligeren Parteienlandschaft regieren will, wird mehr als einen Partner brauchen. Die Fähigkeit, in einer solchen Konstellation erfolgreich Politik zu machen, ist daher ein hohes Gut.

Nach vier Jahren als Ministerpräsident gewinnt Günther immer mehr an Zustimmung. Er ist der zweitbeliebteste Ministerpräsident in Deutschland - fast drei Viertel der Bevölkerung in Schleswig-Holstein sind mit seiner Arbeit zufrieden. Von solchen Umfrageergebnissen kann Laschet nur träumen. An einer Stelle hakt es bei Günther allerdings. Die jüngsten Umfragewerte deuten darauf hin, dass vor allem die Grünen von Jamaika profitiert haben. Beide Parteien liegen in jüngsten Umfragen etwa gleichauf. Und in der Bundes-CDU dürfte sich die Unterstützung für einen CDU-Chef Günther in engen Grenzen halten.

Tobias Hans

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(Foto: picture alliance / Flashpic)

Der zweite CDU-Ministerpräsident, der als Parteichef infrage käme, ist Tobias Hans. Der saarländische Ministerpräsident hat bereits eine steile Karriere hinter sich: Mit 39 Jahren wurde er 2017 Ministerpräsident des Saarlandes, zu diesem Zeitpunkt war er bereits drei Jahre lang Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Bei der Wahl erzielte er erstmals seit 2004 wieder ein Ergebnis von über 40 Prozent für die CDU im Saarland. Obwohl er auf Bundesebene unbekannter ist als der Rest auf dieser Liste, hat er sich den Ruf erworben, fleißig und ehrgeizig zu sein. Sein eigenständiger Kurs in der Corona-Politik wurde an der Saar honoriert: Im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten stiegen die Zustimmungswerte für den jungen CDU-Politiker zu Beginn dieses Jahres um 20 Punkte. Ob die CDU noch einmal einen Saarländer zum CDU-Vorsitzenden wählen wird, ist allerdings fraglich. Schließlich stammte schon Laschets Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland - und das ging bekanntlich nicht gut aus. Ein weiterer Haken: Sowohl Günther als auch Hans werden kaum bereit sein, ihre Jobs für den Vorsitz einer Oppositionspartei aufzugeben. Und von Kiel oder Saarbrücken aus würde sich die CDU wohl nicht führen lassen.

Markus Söder

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(Foto: picture alliance/dpa)

Der bayerische Ministerpräsident ist natürlich kein Anwärter auf den Posten des CDU-Vorsitzenden, das ist klar. Aber frei nach der christsozialen Parteilegende Franz Josef Strauß, der beim Bier einmal wissen ließ, es sei ihm egal, "wer unter mir Bundeskanzler wird", könnte man sagen: Der starke Mann der Union dürfte auf absehbare Zeit Markus Söder sein.

Andererseits kann man auch argumentieren, dass Söders Ruf durch Laschets Abgang beschädigt wurde, denn der CDU-Chef ist auch und vor allem an seinem bayerischen Gegenspieler gescheitert. "Nimmt man Laschet aus der Rechnung raus, sieht Söder nicht mehr aus wie der Kanzler der Herzen", sagt ntv.de-Kolumnist Hendrik Wieduwilt: "Tricks, fehlende Solidarität - und jetzt kneift er vor der Verantwortung."

Dieser Text ist die aktualisierte Fassung eines Artikels, der zuerst am 30. September erschien.

Quelle: ntv.de

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