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Glücksspiel Rente? Auch Hasenfüßen muss vor Aktien-Rente nicht bange sein

Aktienanlagen sind keine Einbahnstraße und durchaus mit Risiken verbunden ...

Aktienanlagen sind keine Einbahnstraße und durchaus mit Risiken verbunden ...

(Foto: imago images / imagebroker)

Die Rente - Sehnsuchtsziel und Schreckensszenario in einem. Letztere Befürchtung ist nicht ganz unberechtigt. Denn es fehlt an Beitragszahlern. Das bringt das umlagefinanzierte Rentensystem an seine Grenzen. Der Kapitalmarkt könnte Entlastung bringen. Wenn man sich denn endlich trauen würde.

Dass die umlagefinanzierte Rente auf wackeligen Beinen steht, ist seit Jahrzehnten bekannt. Denn es wird in Zukunft hierzulande viele alte Menschen und im Gegenzug wenige junge Menschen geben. Anders ausgedrückt, es fehlt an Beitragszahlern. Dass dadurch das Rentensystem vor größeren Problemen steht, bedarf keiner weiteren Erklärung. Allerdings schien es bisher nur drei Lösungen zu geben: die Anhebung des Rentenalters, die Erhöhung der Beitragszahlungen oder die Reduzierung der Leistungen.

Alle drei Maßnahmen kommen für die Politik nicht infrage. Zu groß ist die Sorge vor dem Zorn der Wählerinnen und Wähler.

Aktienkapital als neue Finanzquelle

Die Bundesregierung will nun das System auf anderem Wege entlasten. Mit der Einführung eines Aktienkapitals soll eine neue Finanzquelle für die gesetzliche Rentenversicherung geschaffen werden. Das soll langfristig Beitragszahler und Bundeshaushalt entlasten. Hierfür soll bis Mitte der 2030er Jahre ein Kapitalstock via Aktienanlage von mindestens 200 Milliarden Euro aufgebaut werden. Dazu sollen jährlich 10 Milliarden Euro auch in Aktien investiert werden dürfen. Angelegt werden soll das Geld von der öffentlich-rechtlichen Stiftung KENFO. Zum Vergleich: Schon jetzt wird das bisherige System mit weit über 100 Milliarden Euro Steuergeld vom Bund gestützt - jährlich.

Das sorgt für Aufregung. Fürchten doch nicht wenige, dass mit der Alterssicherung der Bürger gezockt wird. Begriffe wie Casino-Rente machen die Runde; davon, dass langfristig Milliarden Euro Schulden gemacht und nachfolgende Generationen belastet werden, ist die Rede.

Ja, die ersten zaghaften Schritten des Staates in Sachen Rente und Kapitalmarkt sorgen für Angst und Schrecken und bizarre Verzerrungen dessen, was eigentlich geplant ist. Denn der Beitragszahler wird - leider - nicht zum Aktionär. Die Rente wird nicht privatisiert. Lediglich der Bund wird sich nach den Plänen weltweit an Unternehmen beteiligen, um die dort erzielten Gewinne für den eigenen (Renten-)Haushalt zu verwenden. Das Geld wäre auch nicht verpulvert, sondern angelegt. Und unterliegt als "finanzielle Transaktion" noch nicht einmal der Schuldenbremse.

Mickrige Aktienkultur

Die jährlich 10 Milliarden Euro würden durch die Ausgabe deutscher Staatsanleihen erzielt werden. Klar, die müssen verzinst werden. Mit derzeit so um die gut zwei Prozent für 10 Jahre. Im Gegenzug hat sich über Jahrzehnte gezeigt, dass mit einer globalen, breit gestreuten Aktienanlage Renditen von acht Prozent die Regel waren. Klingt also nach keinem schlechten Geschäft.

Der eine oder andere Leser mag nun den Hinweis geben, dass es zwischen der Aktienanlage und dem deutschen Bürger/Staat so etwas wie eine natürliche Abneigung zu geben scheint. Anders lässt sich die mickrige Aktienkultur in der Bundesrepublik nicht erklären. Motto: Sicherheit zuerst. Auch wenn das dann eben "mit Sicherheit gegen die Wand" bedeutet. Aber wen wundert das in einem Land, in dem selbst der Kanzler und frühere Bundesarbeits- und Finanzminister fast schon stolz verkündeten, sie würden nicht in Aktien investieren. Stattdessen dümpeln deren üppige Bezüge auf dem Girokonto oder in anderen festverzinslichen Sparprodukten herum. Das nennt sich dann wohl bürgernah - und schürt die Ressentiments gegen eine Aktienanlage weiter.

Was verwundert. Denn eigentlich sollte gerade den Verantwortlichen von Wirtschafts- und Finanzressort klar sein, dass der Staat ohne das Einkommen seiner Bürger, die vornehmlich ihr Geld in privaten, steuerzahlenden Unternehmen verdienen, keine Einnahmen generieren kann. Da kann der Gedanke, sich eben auch an solchen Arbeitgebern finanziell zu beteiligen, eigentlich gar nicht so verkehrt sein. Bekannterweise nehmen Sparer jedweder Couleur aber dennoch meist lieber den Umweg über Staatsanleihen oder Ähnliches, statt ihr Geld direkt an der Quelle zu investieren. Nämlich in Unternehmen. Oder anders ausgedrückt, Alterseinkommen sollte möglichst aus allen Quellen des Volkseinkommens und eben nicht nur aus den Arbeitseinkommen gespeist werden.

Besser Freibier für alle?

Dass derartige Aktienanlagen keine Einbahnstraße und durchaus mit Risiken verbunden sind, sollte klar sein. Wird die Sache aber seriös und langfristig betrieben, sind durchaus solide Renditen zu erwirtschaften. Und noch einmal: Bei dem oben genannten Konzept geht es auch nicht darum, mit dem Rentenbeitrag am Aktienmarkt zu spekulieren. Sondern eben nur, Einnahmen aus der Ausgabe von Anleihen vom Bund ergänzend, stützend, langfristig und weltweit an der Börse einzusetzen, um eben höhere Erträge zu erzielen. Genauso gut könnten die Erträge auch für die Waffenproduktion, die Finanzierung von Bildung oder Freibier für alle verwendet werden. Ein Eingriff in das dysfunktionale Rentensystem ist die Einführung eines Aktienkapitals mitnichten.

Leider dürfte die Maßnahme aber auch keine allzu große Entlastung für die Rente bringen. Dafür sind die geplanten Staatsinvestitionen viel zu gering. Denn selbst wenn von einer optimistischen zehnprozentigen Rendite der Anlage ausgegangen wird, würde dies gerade einmal Einnahmen von 20 Milliarden Euro jährlich bedeuten. Zur Erinnerung: Der Staat stützt das bisherige Renten-System mit weit über 100 Milliarden Euro Steuergeld.

Geplant waren deshalb zumindest vonseiten der FDP etwas weitreichendere Maßnahmen. Denn mit der Aktien-Rente sollten sich Beitragszahler direkt am Kapitalmarkt beteiligen und so von höheren Renditen profitieren. Vorbild hier: Schweden. Dort werden aus dem 18,5-prozentigen Rentenbeitragssatz 2,5 Prozent automatisch an der Börse angelegt. Arbeitnehmer wählen selbst, ob sie das Geld in bestimmten Fonds platzieren möchten oder ob sie es im staatlich ausgewählten Fonds AP7 Såfa belassen. Mehr als die Hälfte der Bürger legt ihr Geld so im rund 90 Milliarden Euro großen und stark aktienlastigen Staatsfonds an. Und das ziemlich erfolgreich. In den vergangenen zehn Jahren schaffte der eine durchschnittliche jährliche Rendite von mehr als 11 Prozent.

Träumen oder profitieren?

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Doch davon kann man in Deutschland nur träumen. Zumindest so lange, wie den Bürgern vor einer langfristigen, wohldosierten Aktienanlage Angst und Bange gemacht wird. Womit niemandem geholfen ist. Stattdessen ist etwas Mut gefragt. Und ein Blick über den eigenen Tellerrand. Zum Beispiel nach Schweden.

Oder aber in die Schweiz. Auch dort versteht man bekannterweise nicht nur was von Schokolade, sondern auch von Geldanlage. Auch der Schweizer Staat investiert Teile der Erlöse seiner nahezu ausfallsicheren Staatsanleihen am Aktienmarkt und trägt damit nicht zuletzt dem Konsumverhalten seiner Bürger Rechnung. Denn im Zweifel geben die Menschen dort - genau wie in Deutschland oder sonst wo - ihr Geld nicht für Produkte, die ohne Gewinnabsicht zur Verfügung stehen, aus, sondern greifen oftmals auf Waren global operierender Konzerne zurück. Das muss man nicht gut finden, aber es zeigt, dass die Weltwirtschaft langfristig funktioniert. Und es spricht auch wenig dagegen, durch maßvolle Beteiligungen, selbst davon zu profitieren.

Quelle: ntv.de

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