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Musik nur hören reicht nicht Musizieren und Singen hält Gehirn bis ins Alter fit

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Die Tests in der Studie zeigten, dass das Spielen eines Instruments mit einer Verbesserung des Gedächtnisses und der Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen, verbunden war.

Die Tests in der Studie zeigten, dass das Spielen eines Instruments mit einer Verbesserung des Gedächtnisses und der Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen, verbunden war.

(Foto: picture alliance / imageBROKER)

Im Alter lassen bekanntlich die Körperkräfte nach, beim einen mehr, beim anderen weniger. Und auch das Gehirn altert. Doch einer britischen Studie zufolge kann, wer sich im Laufe seines Lebens mit Musik beschäftigt, sein Hirn gesund und leistungsfähig halten. Das zeigt sich auch an einem besseren Gedächtnis.

Menschen, die sich ein Leben lang mit Musik beschäftigen, haben wahrscheinlich im Alter ein leistungsfähigeres Gehirn als andere. Das legt zumindest eine britische Studie nahe, deren Ergebnisse im Fachblatt "Geriatric Psychiatry" veröffentlicht wurden. Bloßes Musikhören reicht den Forschenden zufolge allerdings nicht aus, um Gedächtnis und kognitive Funktionen fit zu halten: Dafür müsse vielmehr selbst gesungen - oder noch besser - ein Instrument gespielt werden.

Für ihre Untersuchung nutzte die Forschungsgruppe unter Leitung von Wissenschaftlerinnen der Universität Exeter Daten von mehr als 1000 Erwachsenen über 40 Jahren, die an der britischen "PROTECT"-Studie teilgenommen hatten. "PROTECT" läuft seit zehn Jahren und soll ergründen, wie Gehirne altern und warum Menschen an Demenz erkranken.

Die nun ausgewählten Studienteilnehmer, deren Durchschnittsalter 68 Jahre betrug, wurden nach ihren musikalischen Erfahrungen sowie ihrem lebenslangen Umgang mit Musik befragt. Mithilfe kognitiver Tests untersuchten die Forschenden, ob Musikalität hilft, auch im Alter ein leistungsfähiges Gehirn zu haben. Dafür verglichen sie die kognitiven Daten der Studienteilnehmer, die im Laufe ihres Lebens in irgendeiner Form Musik gemacht hatten, mit denen, die nicht musizierten. Insgesamt gaben 89 Prozent der Probanden an, ein Instrument gespielt zu haben, und 44 Prozent taten dies auch zum Untersuchungszeitraum noch. 71 Prozent hatten in einem Chor oder in einer Band gesungen.

Wer dranbleibt, profitiert besonders

Besonders günstig: das Spielen eines Klaviers oder Keyboards, aber auch eines Blasinstruments.

Besonders günstig: das Spielen eines Klaviers oder Keyboards, aber auch eines Blasinstruments.

(Foto: picture alliance / Shotshop)

Tatsächlich zeigten die Tests, dass das Spielen eines Instruments - und hier insbesondere eines Klaviers oder Keyboards - mit einer Verbesserung des Gedächtnisses und der Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu lösen, verbunden war. Ebenso wirkte sich das Musizieren mit Holz- oder Blechblasinstrumenten positiv aus. Der Nutzen war dabei größer, wenn das Spielen bis ins Alter fortgesetzt wurde. Wie die Autorinnen und Autoren selbst schreiben, sind die berichteten Effektgrößen im Vergleich zur Wirkung von Medikamenten zwar kleiner, aber dennoch statistisch signifikant und "doch erheblich, wenn sie aus der Perspektive der Bevölkerungsgesundheit betrachtet werden".

Die Studie ergab darüber hinaus Hinweise darauf, dass auch Singen mit einer verbesserten Hirngesundheit verbunden ist und hier vor allem mit Blick auf sprachliche Fähigkeiten. Die Forschenden vermuten, dass der Nutzen unter anderem auf soziale Aspekte wie die Zugehörigkeit zu einem Chor oder einer Gruppe zurückzuführen sein könnte.

Deutlich mehr Frauen als Männer in Studie

Insgesamt waren die Vorteile für die Hirngesundheit beim Spielen eines Instruments größer als beim Singen. Dieser Unterschied könnte, so heißt es in der Studie, "auf die vielfältigen kognitiven Anforderungen beim Spielen eines Musikinstruments (Notation, Hören und Verstehen der Tonalität, körperliche Koordination des Spiels) zurückzuführen sein, im Gegensatz zum Singen". Das Singen in einer Gruppe werde hingen mit einer "Verbesserung des verbalen Gedächtnisses und der sprachlichen Gewandtheit in Verbindung gebracht" - es gebe jedoch weniger Literatur über Singen und Kognition im Alter als über das Spielen eines Musikinstruments, sodass in diesem Bereich noch mehr Forschung erforderlich sei.

Breitere Studien seien zudem nötig, etwa weil die hier untersuchte Probandengruppe aus wesentlich mehr Frauen (83 Prozent) als Männern (17 Prozent) bestand. Zudem beruhte die Studie auf der Selbstauskunft der Teilnehmenden - künftige Arbeiten sollte die Musikalität von Probanden eingehender analysieren. "Ebenso könnten andere kognitive Aspekte wie Aufmerksamkeit und episodisches Gedächtnis untersucht werden, um zu erforschen, wie sie von Musik beeinflusst werden", heißt es in der Studie weiter. "Darüber hinaus wäre die Untersuchung der langfristigen Auswirkungen des Spielens eines Musikinstruments, Singens, Musikhörens und musikalischer Fähigkeiten von Interesse."

Musizieren für die kognitive Reserve

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In einer Mitteilung ihrer Universität fasst Studienleiterin und Demenz-Forscherin Anne Corbett zusammen: "Insgesamt glauben wir, dass Musik eine Möglichkeit sein könnte, die Agilität und Widerstandsfähigkeit des Gehirns, die sogenannte kognitive Reserve, zu nutzen." Dafür ist laut der Studie allerdings nötig, selbst zu musizieren. Das bloße Hören von Musik scheint keinen Einfluss auf die kognitive Gesundheit zu haben.

Regelmäßiges Lesen von Musik - in Form von Notenblättern - verbessert den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge aber das Zahlengedächtnis in geringem Maße. Corbett berichtet zudem, dass es beachtliche Belege für den Nutzen von Musikgruppenaktivitäten für Demenzkranke gebe.

Quelle: ntv.de, Alice Lanzke, dpa

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