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Die 25.000-Euro-Frage Die Aktienmärkte sind eigentlich zu teuer

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Es bleibt spannend.

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(Foto: Alexander Heinl/dpa-tmn/dpa-mag)

Die Anleger setzen derzeit mehrheitlich auf eine weiche Landung, also auf einen Rückgang der Inflation bei einer gleichzeitig stabilen Konjunktur. Doch die US-amerikanische Notenbank Fed könnte dem Wunschdenken einen Strich durch die Rechnung machen.

Die gute Nachricht zuerst: In den USA ist im Mai die Inflation überraschend stark auf 4 Prozent gefallen. Im Monat davor lag sie noch bei 4,9 Prozent. Die US-amerikanische Notenbank Fed reagierte darauf erst einmal mit einer Zinspause. Davor hatte sie in zehn Schritten die Leitzinsen auf zuletzt 5 bis 5,25 Prozent hochgeschraubt.

Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg und ist hier für die Anlegestrategie verantwortlich.

Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg und ist hier für die Anlegestrategie verantwortlich.

Einige Marktteilnehmer setzen bereits darauf, dass die Fed noch im laufenden Jahr das erste Mal die Leitzinsen wieder senken dürfte, um die maue Konjunktur anzukurbeln. Dem widerspricht allerdings Notenbank-Chef Powell ziemlich klar. Er hält eine weitere Zinsanhebung in den kommenden Monaten für "wahrscheinlich". Und Powell ist bekannt dafür, das umzusetzen, was er vorher angekündigt hat.

Inflation ist nicht gleich Inflation

Die Aussage Powells kann kaum überraschen. Denn der Rückgang der Teuerungsrate ist nur die halbe Wahrheit. Bei den 4 Prozent handelt es sich um die Verbraucherpreise insgesamt. Die sogenannte Kernrate, also die Inflation ohne Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Preise für Lebensmittel und Energie, belief sich im Mai noch auf 5,3 Prozent. Zum Vergleich: Im Januar lag sie mit 5,6 Prozent kaum höher.

Die Verbraucherpreise sind insgesamt in den vergangenen Monaten vor allem deshalb langsamer gestiegen, weil Energie weniger kostete als vor einem Jahr. Öl der Sorte WTI hat sich auf Sicht von zwölf Monaten um satte 30 Prozent verbilligt. Doch dieser inflationsdämpfende Effekt schleift sich langsam aus, wie das die Profis ausdrücken. Denn Öl kostet mittlerweile nicht mehr weniger als Ende 2022. Wenn der Ölpreis in den kommenden Monaten nicht weiter fallen sollte, wird er somit die Inflation immer weniger dämpfen.

Robuster Arbeitsmarkt

Dazu kommt, dass in den USA nahezu Vollbeschäftigung herrscht. Allein im Mai wurden außerhalb der Landwirtschaft 339.000 neue Stellen geschaffen. Die Prognose hatte bei 190.000 gelegen. Auch in den Monaten zuvor waren neue Jobs entstanden. Selbst im Juni, als die Erwartungen etwas enttäuscht wurden, entstanden immer noch 209.000 neue Stellen. Wenn mehr Menschen Arbeit haben, steht unterm Strich auch mehr Geld für den Konsum zur Verfügung, was tendenziell die Inflation nach oben treibt.

Die Entwicklung bei den Energiepreisen und der bislang hohe Beschäftigungsgrad werden es der Fed in den kommenden Monaten schwer machen, die Inflation weiter zügig zu senken. Die bislang stabile Konjunktur spricht ebenfalls für eine eher höhere Inflation. Der Schritt von 4,9 auf 4 Prozent war sicherlich einfacher als der nächste in Richtung 3 Prozent.

Trotzdem hält die Fed an ihrem Ziel einer Inflationsrate von 2 Prozent fest. Das spricht ziemlich klar für weitere Zinserhöhungen. Einen ersten Schritt wird es höchstwahrscheinlich noch im Juli geben.

Bewertungen nicht angemessen

Dieses Szenario dürfte den Aktienanlegern nicht besonders gut schmecken. Das gilt auch, weil die Bewertungen - vor allem an der Wall Street - schon ziemlich ambitioniert ausfallen. Die Rendite von US-amerikanischen Aktien, also der Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhältnisses multipliziert mit 100, liegt im Bereich von knapp 4 Prozent. So viel werfen derzeit auch US-amerikanische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ab. Bei diesen bestehen jedoch im Gegensatz zu Aktien so gut wie keine Risiken. Der eine oder andere Anleger dürfte daher seine Aktien in Anleihen tauschen.

Denn bei diesen Bewertungen ist es streng genommen nur sinnvoll, in Aktien zu investieren, wenn hier steigende Unternehmensgewinne erwartet werden. Das könnte allerdings angesichts der mauen Konjunktur nicht ganz einfach werden. Das bedeutet, dass es bei Aktien im zweiten Halbjahr zu einer Korrektur kommen könnte.

Die 25.000 Euro-Frage

In diesem Umfeld ist Anlegern, denen beispielsweise 25.000 Euro für Investments an den Finanzmärkten zur Verfügung stehen, bei Aktien zu etwas mehr Vorsicht zu raten. Noch befindet sich die Wall Street, gemessen am Index S&P500, der die 500 größten in den USA börsennotierten Aktiengesellschaften umfasst, in einem Aufwärtstrend. Dieser beruht aber fast ausschließlich auf den Kursgewinnen weniger großer Technologieaktien wie Apple oder Microsoft, die im S&P 500 hoch gewichtet sind. Das macht den Index anfällig für mögliche Korrekturen.

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Durch die gestiegenen Zinsen sind US-amerikanische Staatsanleihen wieder interessant. Sie bieten spürbar höhere Renditen als ihre europäischen Pendants. Sollte es in Europa und den USA nicht zu einer Rezession kommen, gibt es gute Aussichten für Silber und Öl. Gold hat in der Vergangenheit in den meisten Phasen die Inflation überkompensiert. Es gibt kaum einen Grund, warum dies nicht auch künftig der Fall sein sollte. Daher gehört Gold in jedes Depot.

Über den Autor: Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg und ist hier für die Anlegestrategie verantwortlich.

Quelle: ntv.de

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