Die 25.000-Euro-Frage Weiterhin auf US-Aktien setzen?
21.10.2024, 15:22 Uhr Artikel anhören
Entscheidender für die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten als die US-Wahl sind sicherlich die Fundamentaldaten.
(Foto: IMAGO/UPI Photo)
Harris oder Trump - am 5. November entscheidet sich, wer künftig als Präsidentin oder Präsident die USA führt. Für die Börsianer ist die Wahl eher von untergeordneter Bedeutung. USA im Depot ist und bleibt aber ein Muss.
Nach dem Ausscheiden von Joe Biden aus dem Rennen ums Weiße Haus liefern sich Kamala Harris und Donald Trump ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Wahl-Prognosen fallen derart knapp aus, dass es einem Blick in die Glaskugel gleicht, den Wahlausgang vorherzusagen. Klar ist hingegen, dass die Entscheidung in den sogenannten Swing States fallen wird, in denen sowohl Demokraten als auch Republikaner die Mehrheit der Wahlmänner erringen könnten.
Gleichzeitig zeichnet sich bei den Kongresswahlen tendenziell eine Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und eine Mehrheit der Republikaner im Senat ab, doch sicher ist das keinesfalls. Ein Patt würde jedenfalls den Handlungsspielraum des künftigen US-Präsidenten spürbar einschränken.
Investoren spekulieren gerne darüber, welche Anlageklassen oder Branchen von einem bestimmten Wahlausgang profitieren könnten. Bei einem möglichen Wahlsieg von Harris ist dies schwer vorherzusagen. Hat Trump die Nase vorn, zeigt sich schon ein etwas klareres Bild. Er will deregulieren, wovon vor allem kleinere Aktiengesellschaften profitieren würden. Dazu kommt, dass bei den amerikanischen Small Caps spürbares Aufholpotenzial besteht. Denn ihr Bewertungsabschlag gegenüber den großen Konzernen, den Large Caps, ist historisch hoch und lässt sich in diesem Ausmaß kaum rechtfertigen.
Öl mit weiterem Abwärtspotenzial
Der Ölpreis hingegen dürfte bei einem Wahlsieg Trumps unter Druck geraten. Einer seiner Slogans lautet: "Drill, baby, drill". Er will die US-amerikanische Ölindustrie dazu ermuntern, die Suche und Erschließung neuer Vorkommen durch zusätzliche Bohrungen deutlich auszuweiten. Gleichzeitig will Trump dafür sorgen, dass der Krieg der Russen gegen die Ukraine sofort beendet wird. Gelänge ihm das, könnte wieder mehr russisches Öl auf den Weltmarkt strömen. Beides zusammen könnte den Ölpreis in Richtung 45 Dollar pro Fass drücken. Derzeit kostet ein Barrel der Sorte WTI knapp 70 Dollar.
Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen keine langfristigen und gravierenden Auswirkungen auf die Wall Street haben wird. Seit dem Amtsantritt des Demokraten Joe Biden im Januar 2021 hat der S&P 500, der die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA umfasst, bis heute um mehr als 50 Prozent zugelegt. In Trumps erster Amtszeit stieg die Wall Street sogar noch etwas stärker. Vor allem zu Beginn seiner Regierungszeit reagierten die Anleger erfreut über seine Steuersenkungen, nun hat er für den Fall seines Wahlsieges weitere angekündigt.
Entscheidender für die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten sind aber sicherlich die Fundamentaldaten. Und da sieht es vor allem in den USA recht positiv aus. Die Konjunktur entwickelt sich weiterhin robust, was zuletzt auch die überraschend guten Arbeitsmarktdaten unterstrichen haben. In diesem und im nächsten Jahr dürfte die US-Wirtschaft um 2,7 beziehungsweise 2,3 Prozent wachsen. Davon können andere große Volkswirtschaften wie Deutschland oder Japan nur träumen.
Weitere Zinssenkungen in den USA
Gleichzeitig läutete der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, einen neuen Zinssenkungszyklus ein und senkte die Leitzinsen erstmals seit Jahren wieder um einen halben Prozentpunkt. Da sie in den USA aber immer noch bei 4,75 bis 5 Prozent liegen, hat Powell noch reichlich Spielraum für weitere Zinssenkungen, sollte die US-Konjunktur zu stark an Dynamik verlieren. Im Gegensatz zur EZB verfolgt die Fed nicht nur das Ziel einer moderaten Inflation, sondern auch das der Vollbeschäftigung.
Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass die Fed auf den beiden verbleibenden Sitzungen in diesem Jahr die Zinsen um jeweils weitere 0,25 Prozentpunkte senken wird. Dies würde die Wall Street sicherlich weiter stützen. Das scheint auch möglich, da die Inflation in den USA im September weiter auf 2,4 Prozent gesunken ist. Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass die fallenden Leitzinsen, das robuste Wirtschaftswachstum und die dynamische Gewinnentwicklung der Unternehmen in den USA die teilweise hohen Bewertungen, insbesondere bei US-Technologiewerten und im KI-Sektor, bis zu einem gewissen Grad kompensieren.
Die 25.000-Euro-Frage
Investiert ein Anleger beispielsweise 25.000 Euro an den Finanzmärkten, sollte ein ausgewogenes Portfolio etwa 45 Prozent Aktien enthalten. Davon sollte etwa die Hälfte auf den amerikanischen Aktienmarkt entfallen. Europäische Aktien bieten sich aufgrund der günstigen Bewertungen als Beimischung an. Vorsicht ist dagegen bei Schwellenländern wie China geboten. In der Volksrepublik geht weiterhin das Wirtschaftswachstum zurück.
Weitere 45 Prozent seiner liquiden Mittel könnte ein Anleger an den Rentenmärkten investieren. Historisch betrachtet sind die Monate nach einer ersten Zinssenkung jedoch nicht unbedingt günstig für Anleihen. Anleger sollten daher bei Staatsanleihen vorsichtig agieren. Die restlichen zehn Prozent sollten als Cash gehalten werden, um bei fallenden Kursen nachkaufen zu können.
Reinhard Pfingsten arbeitet seit September 2023 als Chief Investment Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Diese Funktion übte der studierte Mathematiker bereits zuvor bei der Bethmann Bank und Hauck & Aufhäuser Privatbankiers aus.
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Quelle: ntv.de