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Kriegstag in Israel im Überblick Armee: "Die Kämpfe werden noch intensiver"

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Die israelischen Streitkräfte feuern Artilleriegranaten auf den Gazastreifen ab.

Die israelischen Streitkräfte feuern Artilleriegranaten auf den Gazastreifen ab.

(Foto: picture alliance/dpa)

Israel wehrt sich weiter gegen Angriffe. Nicht nur aus dem Gazastreifen, sondern auch aus dem Libanon, von wo die Hisbollah Raketen startet. Die israelische Armee rechnet mit intensiver werdenden Kämpfen. In Jerusalem einigen sich Regierung und Opposition auf eine Notstandsregierung.

Angesichts des Angriffs von Hamas-Terroristen auf Israel hat sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Oppositionspolitiker Benny Gantz auf die Bildung einer Notstandsregierung geeinigt. Dies bestätigten Minister der Regierungspartei Likud. Der Schulterschluss zwischen den tief verfeindeten politischen Kräften Israels ist direkte Folge der blutigsten Massaker an israelischen Zivilisten seit der Staatsgründung 1948. Die Einheitsregierung wird als ein Zeichen der Geschlossenheit im Land gewertet. Eine Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas im dicht besiedelten Gazastreifen dürfte derweil näher rücken.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem derweil vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Wasserversorgung, der Stromversorgung und der Nahrungsmittelversorgung für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Auch nach dem barbarischen Angriff der Hamas müsse man sich erinnern, dass das Recht auf Verteidigung im Rahmen des Völkerrechts ausgeübt werden müsse. Im Gazastreifen hat am Mittwoch das einzige Kraftwerk zur Stromerzeugung wegen Treibstoffmangels seine Produktion eingestellt.

Armee-Sprecher: Kämpfe werden intensiver

Der Sprecher der israelischen Armee, Jonathan Conricus, betonte, die Kämpfe würden in den kommenden Tagen noch intensiver werden. Die Bilder aus dem Gazastreifen würden dann noch "schwieriger zu verstehen und zu ertragen sein. Schon jetzt sind Aufnahmen vom Leiden der Zivilbevölkerung und massiven Zerstörungen durch israelische Luftangriffe in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen zu sehen mit seinen schätzungsweise 2,3 Millionen Menschen.

Israel als eines der wenigen demokratischen Länder in der Region steht seit Jahren immer wieder vor dem Dilemma, wie es auf Angriffe der Hamas reagieren soll, die aus dem dicht besiedelten Gazastreifen heraus erfolgen. Luftangriffe treffen immer auch Unbeteiligte. Ein Häuserkampf mit Bewaffneten birgt die Gefahr hoher eigener Verluste. Zudem könnte die Weltmeinung angesichts des Leidens der Zivilbevölkerung kippen.

Weiter Auseinandersetzungen im Norden Israels

Sorge besteht weiterhin vor einem Angriff der libanesischen Hisbollah. Im gesamten Norden Israels ertönte am Abend Luftalarm. Die Bewohner sollten sich unverzüglich in Schutzräume begeben, da ein "umfassender Angriff" befürchtet werde, teilte die Armee mit. Doch Berichte über ein mutmaßliches "Eindringen aus der Luft" vom Libanon bestätigten sich letztlich nicht.

Die Miliz griff am Tag jedoch weiter israelische Stellungen an. In einer Mitteilung hieß es, man habe einen israelischen Posten auf Höhe des Grenzdorfes Dhaira "mit Lenkraketen" attackiert. Es handele sich um "eine Antwort auf zionistische Aggressionen vom Montag".

Drohungen gab es zudem in Richtung der USA nach der Entsendung eines US-Flugzeugträgers ins östliche Mittelmeer. "Die Entsendung von Flugzeugträgern in die Region mit dem Ziel, die Moral des Feindes und seiner frustrierten Soldaten zu heben, offenbart die Schwäche der zionistischen Militärmaschinerie", hieß es in einer Mitteilung der Hisbollah. "Der Widerstand ist bereit zur Konfrontation."

Hunderttausende im Gazastreifen auf der Flucht

Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des von Israel sowie Ägypten abgeriegelten Gazastreifens. Wie die Hilfsorganisation in Genf weiter mitteilte, sind die Vertriebenen in Schulgebäuden, bei Verwandten oder Nachbarn untergekommen. Aus dem Gazastreifen zu fliehen, ist wegen der israelischen Blockade kaum möglich. Es gibt lediglich noch die Grenze zu Ägypten, doch auch der dortige Übergang in Rafah ist dicht. Laut Insidern lehnt Kairo Fluchtkorridore ab. Zugesichert wurde nur die Öffnung der Grenze für humanitäre Hilfslieferungen.

Wie am Vortag angekündigt, sind am Mittwoch aus Tel Aviv Busse mit Deutschen in die jordanische Hauptstadt Amman aufgebrochen. Von dort können sie mit kommerziellen Flügen in Richtung Heimat reisen. Flüge, die das Auswärtige Amt in Kooperation mit der Lufthansa organisiert hat, starten erst am Donnerstag aus Israel. Zwei sollen nach München gehen, zwei nach Frankfurt. Für die Teilnahme an den Sonderflügen wird nach dem sogenannten Landsleutebrief eine Gebühr in Höhe von 300 Euro pro Person fällig, die bei der Buchung des Fluges direkt durch eine Hotline der Lufthansa im Auftrag des deutschen Außenministeriums eingezogen werde.

Opferzahlen steigen weiter

In Israel wurden bislang mindestens 1200 Todesopfer gezählt. Das teilte Armee-Sprecher Conricus mit. Die "überwältigende Mehrheit" der Todesopfer seien Zivilisten. Rund 3000 Menschen seien verletzt worden. Im Gazastreifen starben seit Samstag durch die andauernden Gegenschläge der israelischen Luftwaffe nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums mindestens 1055 Menschen. Mindestens 5200 weitere Menschen wurden verletzt.

Laut Armee wurden etwa 150 Menschen in den Gazastreifen entführt, darunter auch mindestens fünf Deutsche. Eine Deutsche wurde getötet, wie das ZDF berichtete. Die ebenfalls von dem Sender stammende Information über die fünf entführten Bundesbürger wurden aus parlamentarischen Quellen bestätigt.

Die Zahl der in Israel getöteten US-Amerikaner stieg nach Angaben des Außenministeriums in Washington auf mindestens 22. Auch unter den vermutlich 150 Geiseln der Hamas sind US-Bürger. Nach Berichten unter anderem der BBC wurden mindestens 17 britische Staatsbürger getötet.

Quelle: ntv.de, rog/dpa

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