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Die 25.000 Euro-Frage Trotz DAX-Rekord sind die USA aussichtsreicher

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Was macht die Börse?

Was macht die Börse?

(Foto: picture alliance / dpa-tmn)

Für viele Anleger zeigt die Börse derzeit ein paradoxes Bild. Deutschland befindet sich wahrscheinlich in einer Rezession und die Stimmung in der Wirtschaft steuert einen Tiefpunkt nach dem anderen an. Die OECD hat kürzlich ihre Wachstumsprognose glatt halbiert und der wichtige Geschäftsklimaindex des IFO-Instituts ist im Januar erneut gefallen. Das renommierte Wirtschaftsforschungsinstitut befragt monatlich rund 7000 Unternehmen aus Handel, Bau- und Verarbeitendem Gewerbe zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage.

Nietho Bruhn ist seit Oktober 2022 als Seniorberater bei der Qcoon-Invest tätig. Zuvor war er bei der Bethmann Bank für die Begleitung vermögender Privatpersonen und Unternehmen verantwortlich.

Nietho Bruhn ist seit Oktober 2022 als Seniorberater bei der Qcoon-Invest tätig. Zuvor war er bei der Bethmann Bank für die Begleitung vermögender Privatpersonen und Unternehmen verantwortlich.

Und was macht die Börse? Das deutsche Standardbarometer steigt auf ein Allzeithoch. Doch dieser vermeintliche Widerspruch lässt sich erklären. Die Anleger handeln - bildlich gesprochen - die Zukunft. Für die Kurse ist weniger die augenblickliche Lage, sondern die Einschätzung für die nächsten sechs bis zwölf Monate entscheidend. Derzeit kündigen immer mehr Unternehmen Entlassungen und teils drastische Sparprogramme an. Was einerseits für die einzelnen Arbeitnehmer bitter ist, kann bei den entsprechenden Firmen aber andererseits in Zukunft für eine höhere Produktivität sorgen.

Dasselbe gilt für die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland, wo die Unternehmen weit weniger durch eine überbordende Bürokratie gegängelt werden und Energie weniger kostet. Viele Grüße nach Berlin.

Vorsicht beim DAX

Ein weiterer Grund für die steigenden Kurse ist, dass die hier börsennotierten Unternehmen den Großteil ihres Geschäfts im Ausland machen, wo es offensichtlich derzeit besser läuft. Im DAX sind eben die großen internationalen Konzerne gelistet, die im Durchschnitt mehr als 70 Prozent ihrer Umsätze nicht in Deutschland erwirtschaften. Der SDAX, der die kleineren, börsennotierten Unternehmen umfasst, notiert noch rund 20 Prozent unter seinem Rekordhoch.

Dennoch ist auch beim DAX Vorsicht zu genießen. Ähnlich wie in den USA, wo der Marktanstieg seit Anfang 2023 maßgeblich von den "Big Techs" getrieben war, waren auch in Deutschland für die Rally der vergangenen Monate vergleichsweise wenige Aktiengesellschaften verantwortlich. Zwar haben beispielsweise der Technologiekonzern SAP oder die Rüstungsschmiede Rheinmetall auf Sicht der zurückliegenden zwölf Monate um rund die Hälfte zugelegt. Autotitel wie Volkswagen oder Mercedes notieren dagegen im roten Bereich. Noch schlimmer sieht es bei den Chemiewerten wie BASF und vor allem Bayer aus.

Anderswo bessere Renditechancen

Aus dieser Entwicklung sollten Anleger zwei Schlüsse ziehen. Erstens ist in Deutschland, wenn überhaupt, die Auswahl von Einzeltiteln Erfolg versprechend. Der Kauf des breiten Aktienmarktes per Indexfonds (ETF) scheint weniger aussichtsreich. Das gilt auch, weil sich der DAX überwiegend in der Hand ausländischer Investoren befindet, die sich angesichts (zu) hoher Energiepreise und des wirtschaftspolitischen Stillstands zunehmend von Deutschland abwenden könnten. Und zweitens bieten wahrscheinlich die etablierten Aktienmärkte außerhalb Deutschlands bessere Renditechancen.

Vor allem die Entwicklung in den USA ist interessant. Derzeit sieht dort nichts nach einer Rezession aus. Die Wirtschaft ist im Dezember um 3,3 Prozent gewachsen - ein Wert, von dem die Deutschen mittlerweile seit Jahren träumen. Da sich der Arbeitsmarkt in einer robusten Verfassung befindet, sind viele Amerikaner in Lohn und Brot, was den dortigen Konsum unterstützt.

Dazu kommt, dass die amerikanische Notenbank Fed wahrscheinlich deutlich früher als die EZB damit beginnen wird, die Leitzinsen wieder zu senken. Schließlich hatte die Fed auch mit den Erhöhungen früher begonnen. Hohe Zinsen sind Gift für die Börse, weil sie das Fremdkapital für die Unternehmen verteuern und Anleihen als konkurrierende Anlageklasse attraktiver machen. Dementsprechend hoch ist in den USA derzeit die Zinssenkungsfantasie.

Risiken auch in den USA beachten

Allerdings ist auch nicht in den Vereinigten Staaten alles rosarot. Die steigenden Notierungen der vergangenen Monate beim Standardindex S&P 500, der die 500 größten an der Wall Street notierten Unternehmen umfasst, wurde vor allem von den großen Technologiewerten getragen. Der breite Markt hat sich hingegen gar nicht so stark verändert. Also verspricht auch hier die Selektion von Einzeltiteln mehr Erfolg.

Außerdem macht die immer weiter steigende Staatsverschuldung der USA zunehmend Sorgen. Die Platzierung von langlaufenden Staatsanleihen stellte sich zuletzt recht schwierig dar. Vor allem in Europa gilt auch ein Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen im November als problematisch. Hier kann - zumindest aus Sicht der Börsianer - aber Entspannung gegeben werden. Die Wall Street hat sich sowohl während der vier Jahre von Trump als Präsident als auch in den bisherigen drei Jahren von Joe Biden ausgesprochen positiv entwickelt. Hier sind nur schwer Präferenzen zu erkennen.

Die 25.000-Euro-Frage

Trotz der genannten Risiken sind bei einer Neuanlage von beispielsweise 25.000 Euro auf der Aktienseite klar die USA zu bevorzugen. In Europa sind vor allem die Märkte außerhalb Deutschlands interessant. China hat in den zurückliegenden zwei Jahren schwer enttäuscht und bislang hat Peking auf die dortigen wirtschaftlichen Probleme vor allem mit Lippenbekenntnissen reagiert.

Angesichts der immer noch vergleichsweise hohen Zinsen sollten Anleger auch einen größeren Teil an Anleihen - für risikobewusste Anleger auch mit durchaus längeren Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren- im Portfolio halten. Wenn die Zinsen runtergehen, kommt es hier zu Kursgewinnen. Vereinfacht gesagt gilt hier: je länger die Laufzeit der Anleihe, desto größer die positive Kursentwicklung. Dies gilt natürlich leider auch umgekehrt. Ein bisschen Cash, um bei günstigen Gelegenheiten nachkaufen zu können, und Gold als Versicherungsschutz runden ein Portfolio immer ab.

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Anleger sollten beachten, dass hier keine Anlageberatung erfolgt und es sich bei den erwähnten Unternehmen nicht um eine Kaufempfehlung handelt.

Nietho Bruhn ist seit Oktober 2022 als Seniorberater bei der Qcoon-Invest tätig. Zuvor war er bei der Bethmann Bank für die Begleitung vermögender Privatpersonen und Unternehmen verantwortlich.

Quelle: ntv.de

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