Die Lehren des 20. Spieltags Boateng trifft AfD, FC Bayern amüsiert sich
29.01.2018, 07:10 Uhr
Und jetzt zu euch: Kevin-Prince Boateng.
(Foto: imago/Jan Huebner)
Vorschlag zur Güte: Die beleidigten Abgeordneten der AfD treten gegen die Frankfurter Eintracht an - am besten mit beiden Boatengs. Derweil zieht der FC Bayern in der Fußball-Bundesliga seine Kreise. Und der BVB ist sich ein Rätsel.
Lasst die Eintracht ran!
Bevor wir dazu kommen, wie langweilig der gar nicht existente Titelkampf in der Fußball-Bundesliga auch nach diesem 20. Spieltag ist, ein kleiner Exkurs in Sachen AfD. Die sitzt ja seit Ende Oktober im deutschen Parlament und ist beleidigt, dass nicht alle Abgeordnete, die interessiert waren, beim FC Bundestag spielen dürfen. Deswegen wollen sie jetzt einen eigenen Klub gründen. Fraktionsgeschäftsführer Hansjörg Müller kündigte an: "Wir gründen unseren Verein auf den Werten Sportsgeist und Toleranz, gegen Hass und Ausgrenzung, wie wir es vom FC Bundestag kennengelernt haben."
Dort darf dann auch Müllers Fraktionskollege Sebastian Münzenmaier mitmachen. Er ist 28 Jahre alt und im Oktober vergangenen Jahres zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt worden, wie unter anderem der "Tagesspiegel" schreibt: "Er hatte 2012 Mitgliedern der Hooliganszene geholfen, Fans eines gegnerischen Fußballvereins zu überfallen und zu verprügeln." Münzenmaier bestreitet das, sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft legten gegen das Urteil Berufung ein. Besonders gut gefallen hat uns der Vorschlag des Linken-Abgeordneten Fabio de Masi im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung": Alle Bewerber sollten sich einem fußballerischen Eignungstest unterziehen - "unter der Leitung von Trainer Jérôme Boateng".
Die AfD, das ist die Partei, deren Bundessprecher Alexander Gauland gesagt hatte: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn." Apropos Rassisten: Wir schlagen vor, die AfD bestreitet ihr erstes Spiel gegen die Eintracht aus Frankfurt. Dort spielt Jérômes Bruder Kevin-Prince Boateng, der sich bereits vor seiner Rückkehr in die Bundesliga gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung in den Fußballstadien und im richtigen Leben einsetzt. Die Eintracht hat sich am Sonntag wieder klar positioniert. Präsident Peter Fischer bekräftigte, keine Mitglieder der AfD in seinem Verein haben zu wollen. "Ich nehme nichts von meinen Aussagen zurück." Fischer hatte im Hessischen Rundfunk gesagt: "Es gibt für die braune Brut keinen Platz. So lange ich da bin, wird es keine Nazis bei Eintracht Frankfurt geben."
Der FC Bayern vergnügt sich
Nun also zum FC Bayern: Wenn Langeweile so vergnüglich daherkommt, dann ist sie auch einigermaßen zu ertragen - zumal der geneigte Fußballfreund eh keine Wahl hat. Der FC Bayern gewinnt Spiel für Spiel, spaziert durch die Bundesliga, wie es ihm gefällt und wird am Ende ganz bestimmt wieder, zum sechsten Mal hintereinander, deutscher Fußballmeister. Konservativen Berechnungen zufolge dürfte das bereits Mitte März feststehen, vielleicht am 27. Spieltag nach der Partie in Leipzig oder eine Woche später, dann kommt Borussia Dortmund nach Fröttmaning. Thomas Müller sagte hinterher: "Ich denke nicht, dass da groß was anbrennen wird. So wie ich uns kenne, wird das kein enges Rennen mehr."
Aber da der 18. Sieg im 19. Spiel seit Jupp Heynckes Rückkehr einer der unterhaltsameren Art war, waren selbst die unterlegenen Hoffenheimer nicht allzu traurig. Klar, nach der frühen 2:0-Führung hätten sie gerne in München gewonnen. Aber die Gastgeber wachten rechtzeitig auf, wirkten durchaus angestochen und schossen noch fünf Tore. Julian Nagelsmann, dem Trainer der Gäste, schien aber vor allem wichtig, dass ihm sein Kollegen das Du angeboten hatte: "Jetzt darf ich Jupp sagen. Vorm Spiel habe ich ihn noch gesiezt." Dann ist ja alles gut. Robert Lewandowski jedenfalls nahm die nationale Dominanz seiner Bayern zum Anlass, flugs darauf hinzuweisen, dass ein Spannungsabfall keine gute Idee sei: "Wir müssen auch in der Bundesliga auf 100 Prozent spielen." Schließlich wollen sie ja international reüssieren und nicht, wie unter Josep Guardiola, in der Liga alles kurz und klein spielen - und dann aus der Champions League ausscheiden. Dort dürfte es ihnen kaum langweilig werden. Am 20. Februar geht's im Achtelfinale gegen Besiktas, das Rückspiel in Istanbul steht am 14. März an. Haben sie das erfolgreich überstanden, könnte danach die Meisterfeier in Leipzig steigen. Und dann schaun mer mal, wie vergnüglich der Rest der Saison wird.
Der BVB ist sich selbst ein Rätsel
Vieles von dem, was in Dortmund bei der Borussia seit Wochen geschieht, hinterlässt nicht den Eindruck, als hätten sie die Lage im Griff. Der Torwart kritisiert die Fans, der Manager kritisiert den Torwart - und die Medien gleich mit. Die Berichterstattung komme ihm vor, "als wären wir die Lindenstraße", sagte Michael Zorc. Torwart Roman Bürki hatte er abgekanzelt, weil der über die Fans auf den teuren Plätzen gemotzt hatte, weil die beim 2:2 gegen den SC Freiburg gepfiffen hatten. Und über allem schwebt das unselige Wechseltheater um Pierre-Emerick Aubameyang, der - ein Höhepunkt der westfälischen Posse - zum ersten Mal in diesem Jahr mitspielen durfte, obwohl er doch gedanklich schon beim FC Arsenal ist.
Kurzum: Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt - zumal die Dortmunder auch noch schlecht Fußball spielen. Nach drei Remis in der Rückrunde scheint fraglich, ob der BVB es erneut in die Champions League schafft. Dabei hatte Trainer Peter Stöger genau deswegen Peter Bosz abgelöst. Nach einem Zwischenhoch aber ist jetzt im Grunde alles wieder so schlecht wie vorher. Stöger hat es nicht geschafft, einer verunsicherten Mannschaft Stabilität und eine erkennbare Spielidee mitzugeben. Nur weiß keiner genau, woran es liegt. Der BVB ist sich selbst ein Rätsel.
Ein Lob auf die Freiburger
Apropos Medienschelte: Das Ungerechte ist ja, dass nun alle schreiben, wie schlecht der BVB ist. Dabei ist es ja vor allem so, dass der SC Freiburg richtig gut ist - und das seit Wochen. Zum achten Mal blieb die Mannschaft von Trainer Christian Streich ungeschlagen und hat durch diese vier Siege und vier Unentschieden mittlerweile sieben Punkte zwischen sich und den Relegationsplatz gebracht. Dabei war das Remis am Samstag arg unglücklich, der BVB glich erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit aus, nachdem der überragende Nils Petersen die Freiburger in Führung geschossen hatte. Und so kam es, dass sie sich hinterher gar über diesen einem Punkt beim Favoriten ärgerten.
"Wenn du so kurz vor der Ziellinie bist, ist es natürlich bitter", sagte Sportvorstand Jochen Saier dem "Kicker", wollte das aber nicht falsch verstanden wissen: Der Auftritt im Westfalenstadion beim zweitgrößten Klub der Republik habe wieder gezeigt, "was uns in der aktuellen Phase auszeichnet. Das gute Gefühl darüber überwiegt deutlich das Wehklagen". Und Streich wäre nicht Streich, hätte er nicht vor der Partie schon etwas zum Thema Aubameyang gesagt, wir haben das in der "FAZ" gelesen: "Das kleine bisschen, das ich mitgekriegt habe, ist äußerst unerfreulich für Borussia Dortmund und den Fußball, weil es eine Entwicklung darstellt. Je mehr Geld, desto mehr wird es auch ein Stück weit skrupelloser in alle Richtungen. Was passiert mit uns, wenn der Mammon immer mehr von uns Besitz ergreift? Man stelle sich vor, wir würden das hier erleben!" Im Breisgau aber scheint die Welt in Ordnung.
Der 1. FC Köln ist heiß auf Stöger
In Köln haben sie sich fest vorgenommen, die gute Laune nicht zu verlieren. Zwar stehen sie immer noch am Tabellenende, zudem hat es am Samstag gegen den FC Augsburg nach drei Siegen hintereinander nur zu einem Unentschieden gereicht. Aber was heißt hier nur? Stefan Ruthenbeck hat dazu eine klare Meinung: "Nur ein 1:1? Damit darf mir keiner kommen, das lasse ich so nicht stehen", sagte der Trainer und schaute grimmig. "Die Mannschaft sitzt enttäuscht in der Kabine, weil sie nicht gewonnen hat. Und trotzdem war das der beste Auftritt, seit ich hier Trainer bin. Deswegen: Mund abputzen und weiter." Im Grunde hat er ja recht. Klar, ein Sieg wäre eine gute Idee und auch möglich gewesen. Aber nach der desolaten Hinrunde dürfen sich die Kölner dennoch auf dem richtigen Weg wähnen. Immerhin ist es jetzt nicht mehr völlig unrealistisch, dass sie den sechsten Abstieg der Klubgeschichte doch noch vermeiden. Der Hamburger SV ist drei, Bremen auf Relegationsplatz 16 noch vier Punkte weg. Und am Freitag geht es schon weiter - gegen Borussia Dortmund, gegen Ex-Trainer Peter Stöger. "Ja klar, das ist ein besonderes Spiel", sagt Ruthenbeck. "Ich freue mich riesig darauf!"
Die Stuttgarter bekommen Panik
Wie sagte es Michael Reschke, der Sportvorstand des VfB Stuttgart, am Tag nach der Niederlage gegen den FC Schalke 04: Man sei nach "intensiven und emotionalen Gesprächen zu der Überzeugung gekommen, dass die Gefahr, dass wir die Situation in der bestehenden Konstellation nicht mehr gedreht bekommen, zu groß ist, und wir einen neuen Impuls brauchen, um wieder in die Erfolgsspur zu finden". Wie meinen? Der Trainer muss weg.
Und das ist er jetzt auch, seit Sonntag ist Hannes Wolf freigestellt. Wie das so ist im Profifußball, wenn die Mannschaft in den jüngsten acht Ligaspielen nur einmal gewonnen hat. Völlig egal, was der Mann zuvor in anderthalb Jahren geleistet hat. Egal, dass Wolf mit dem VfB in die Bundesliga aufgestiegen war. So ist das Geschäft, heißt es dann immer. Gerade im Abstiegskampf. In Köln, Bremen und in Hamburg versuchen sie es auch mit einem neuen Übungsleiter. Beim VfB werden nun Markus Weinzierl, dessen jüngst erst beim HSV entlassener Vornamensvetter Gisdol und Andries Jonker gehandelt, der Mitte September beim VfL Wolfsburg rausgeflogen ist. Na dann viel Glück. Dumm nur, dass am Ende dennoch mindestens zwei Klubs absteigen.
Quelle: ntv.de