Ratgeber

Die 25.000-Euro-Frage US-Börsen blenden mögliche Risiken komplett aus

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Ohne US-Werte geht es nicht.

Ohne US-Werte geht es nicht.

(Foto: imago images/UPI Photo)

Donald Trump rockt die Wall Street. Seit seiner Wiederwahl zum US-Präsidenten ist der breite Aktienindex S&P 500 um rund fünf Prozent gestiegen. Doch nach den verteilten Vorschusslorbeeren könnte die Party auch auf den Prüfstand gestellt werden.

Bereits im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen herrschte an der New Yorker Börse gute Stimmung. Ein Grund dafür: Schon vor der Wiederwahl von Trump galt in den USA "America first". Auch der demokratische Präsident Joe Biden hat die US-Wirtschaft angekurbelt, vor allem durch den Inflation Reduction Act. Das milliardenschwere Subventionsprogramm soll Unternehmen motivieren, grüne Produktionsstätten in den USA aufzubauen.

Doch Trump setzt noch einen drauf. Wie schon in seiner ersten Amtszeit will der alte und neue Präsident die Unternehmenssteuern senken. Das hört die Wall Street gerne. Aber es gibt auch eine Kehrseite.

Markus Bergdolt ist bei der Qcoon-Invest seit 2016 als Senior-Berater im Vermögensmanagement tätig und verantwortet dort die Fondsauswahl.

Markus Bergdolt ist bei der Qcoon-Invest seit 2016 als Senior-Berater im Vermögensmanagement tätig und verantwortet dort die Fondsauswahl.

Eine weitere Steuersenkung würde die Neuverschuldung des Staates weiter in die Höhe treiben. Schon jetzt ist Washington mit 121 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet. Unter den Industrieländern schieben nur Italien und Japan noch höhere Schuldenberge vor sich her. Das könnte für die USA zum Problem werden.

Schon heute gehen mehr als eine Billion Dollar aus dem Haushalt allein für Zinszahlungen drauf. Die Zinsen könnten tendenziell steigen, wenn sich nur so Käufer finden lassen, die neue amerikanische Staatsanleihen zeichnen. Steigende Zinsen sind bekanntlich kein Rückenwind für die Börse und müssten durch wachsende Unternehmensgewinne überkompensiert werden.

Dabei handelt es sich allerdings längst nicht um die einzige von Trump angekündigte Maßnahme, die wieder für eine höhere Inflationsrate und damit auch für höhere Zinsen sorgen könnte.

Belastung des Arbeitsmarktes

Die Republikaner wollen illegale Migranten aus den USA abschieben und die Grenze zu Mexiko, über die das Gros der Einwanderung erfolgt, dichtmachen. Schätzungen zufolge halten sich elf Millionen Migranten illegal in den USA auf. Sie arbeiten vor allem in Niedriglohnsektoren, zum Beispiel als Haushaltshilfen, aber auch auf dem Bau und in der Landwirtschaft.

Müssten diese Menschen das Land verlassen, würde dies den ohnehin angespannten Arbeitsmarkt zusätzlich belasten. Die Arbeitslosenquote in den USA liegt bei rund vier Prozent. Es herrscht also praktisch Vollbeschäftigung. Würde ein Großteil der illegalen Einwanderer abgeschoben, wäre mit einem spürbaren Mangel zu rechnen. Dies würde nicht nur die Löhne, sondern beispielsweise auch die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben und insgesamt die Inflation begünstigen.

Einen ähnlichen Effekt hätten die von Trump angekündigten Strafzölle auf Importe aus Europa und China. Die eingeführten Waren würden sich spürbar verteuern. Das gilt allerdings auch für in den USA hergestellte Produkte, wenn sie Vorprodukte aus dem Ausland enthalten. Und wenn ausländische Unternehmen aufgrund der Strafzölle ihre Produktion in die USA verlagern, würde dies den Arbeitsmarkt zusätzlich in Anspruch nehmen.

Drill, baby, drill?

Etwas differenzierter stellt sich die Situation beim Öl dar. Unter dem Motto "Drill, baby, drill" hatte Trump im Wahlkampf angekündigt, die Öl- und Gasförderung in den USA auszuweiten. Dies will er vor allem durch weniger Regulierungen und Verbote erreichen. Sollte die Produktion tatsächlich spürbar steigen, dürfte Öl preiswerter werden. Das würde sicherlich den US-Verbraucher bei der Fahrt zur Tankstelle freuen. Gleichzeitig würde ein niedrigerer Preis die Inflation dämpfen, da Öl in weiten Teilen der Wirtschaft verbraucht wird.

Eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung würde allerdings auch mit einem Anstieg der CO2-Emissionen einhergehen. Diese würden sich zwar kurzfristig kaum, mittel- und langfristig aber sehr wohl auf das Klima auswirken. Das Risiko von Ernteausfällen durch Hitzewellen, Dürren und Wassermangel oder im anderen Extremfall durch Überschwemmungen würde steigen - weltweit und natürlich auch in den USA. Dies würde ebenso wie ein möglicher Arbeitskräftemangel die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben.

Ein globaler Temperaturanstieg hätte auch gesundheitliche Folgen für die Menschen, sodass die Kosten im Gesundheitssystem weiter zunehmen dürften. Alles in allem gibt es genügend Risiken, dass die Inflation in den USA mittel- und langfristig nicht wie erhofft weiter zurückgeht, sondern sich als hartnäckig erweist. Dies könnte die US-Notenbank dazu zwingen, ihre geldpolitische Lockerung zu beenden und die Teuerung wieder mit Zinserhöhungen zu bekämpfen.

Die 25.000-Euro-Frage

Anleger, die vor der Aufgabe stehen, beispielsweise 25.000 Euro an den Finanzmärkten anzulegen, sollten den Betrag wie folgt aufteilen. Wer mit entsprechenden Kursschwankungen umgehen kann, sollte durchaus bis zu 70 Prozent seines Portfolios in globalen Aktien halten. Dabei sollten die USA trotz der genannten Risiken einen Schwerpunkt bilden, ganz einfach, weil die weltweit führenden Unternehmen sehr oft aus den USA stammen - sei es in der Technologiebranche, der Biotechnologie, der Konsumgüterindustrie oder bei den Banken.

Da ein qualitativ gut diversifiziertes Aktien-Portfolio in der Regel ohnehin mit 55 bis 70 Prozent in den USA investiert ist, sollten Anleger den US-Anteil nicht zwingend weiter aufstocken. Auch außerhalb der USA gibt es hervorragende Unternehmen, die in der Lage sind, interessante oder notwendige Produkte oder Dienstleistungen zu angemessenen Preisen zu verkaufen.

Natürlich gehören auch Anleihen guter Bonität mit circa 25 Prozent Gewichtung ins Depot. Hier sollten Anleger keine unnötigen Risiken eingehen, da diese nicht unbedingt im Verhältnis zu einem Zusatzertrag stehen.

Mehr zum Thema

Da weltweit immer mehr Papiergeld im Umlauf ist, gilt es schließlich, für bis zu fünf Prozent Vermögensklassen wie beispielsweise Gold zu berücksichtigen, welche nicht in beliebiger Menge zur Verfügung stehen. Abschließend sei angemerkt, dass hier keine Anlageberatung erfolgt.

Markus Bergdolt ist bei der Qcoon-Invest seit 2016 als Senior-Berater im Vermögensmanagement tätig und verantwortet dort die Fondsauswahl. Davor arbeitete er im Private Banking und als Wertpapierspezialist bei der Sparkasse Karlsruhe.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen