Mord bei RaubüberfallErmittler überführen Jugendbande
Ein 81-Jähriger Rentner wird in seinem Haus am Niederrhein überfallen, malträtiert und schließlich umgebracht. Das Verbrechen löst große Unruhe in der Bevölkerung aus. Nun kommt heraus: Zwei der fünf mutmaßlichen Raubmörder sind minderjährig.
Johannes W. war niemand, der mit seinem Wohlstand hinter dem Berg hielt, im Gegenteil. "Seine Prahlerei" wurde ihm zum Verhängnis, berichten die Ermittler. Denn es beginnen sich die falschen Leute für den Inhalt seines Tresors zu interessieren. Am 1. Oktober vergangenen Jahres erhält der allein lebende Rentner ungebetenen Besuch in seinem Haus in Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen. Der 81-Jährige wird geschlagen und getreten, bis er verrät, wo er seinen Tresorschlüssel versteckt hat. Dann wird er umgebracht, vermutlich erwürgt. Ein Zeuge sieht fünf junge Leute das Haus des Rentners verlassen. Sie haben es sehr eilig und sind rasch wie vom Erdboden verschluckt.
Doch die Mörder haben bei der Wahl des Tatorts einen großen Fehler begangen. Denn am Niederrhein bekommen sie es mit Ingo Thiel zu tun. Der Chef-Ermittler aus Mönchengladbach ist in Polizeikreisen längst eine Legende. Seine Aufklärungsquote: 100 Prozent. Zuletzt brachte er nach monatelanger spektakulärer Jagd den Mörder des kleinen Mirco zur Strecke.
Diesmal dauert es vier Monate, dann schlagen 200 Polizisten im Morgengrauen zeitgleich an drei verschiedenen Orten zu. Sie zerren fünf junge Leute, darunter eine Frau, aus ihren Betten, die meisten wohnen noch bei ihren Eltern. Außerdem beschlagnahmen sie 60 Umzugskartons mit Beweismaterial.
Teilgeständnisse abgelegt
Am Freitag verkündet Chef-Ermittler Thiel vor 150 Zuhörern im Mönchengladbacher Polizeipräsidium den jüngsten Erfolg. Diesmal führt ihn nach mehreren Einbahnstraßen eine DNA-Spur am Tatort auf die richtige Fährte. Die Spur löst einen Treffer in der DNA-Datenbank aus, der Verdächtige ist bereits als Einbrecher aufgefallen und registriert. Doch es dauert, bis verdeckte Ermittlungen die Strukturen der gesamten Bande aufdecken und die Namen der mutmaßlichen Komplizen bekannt sind. Zwei von ihnen haben sich nach der Tat ins Ausland abgesetzt, kommen erst Wochen später zurück.
Es wird still um das Verbrechen, die Verdächtigen sollen sich sicher wähnen: "Wir können nicht nur laut, wir können auch leise", sagt Thiel. "Wir haben gewartet, bis alle wieder im Nest waren." Die Verdächtigen kehren aus dem Ausland zurück, glauben offenbar, dass die Ermittlungen im Sande verlaufen sind. Am Mittwoch dann das unsanfte Erwachen. In den Verhörräumen der Polizei bröckelt in den folgenden Stunden die Front des Schweigens, die Verdächtigen legen Teilgeständnisse ab, geben zu, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein.
Keine Einzeltat?
Ein Haftrichter sieht dringenden Mordverdacht und schickt fünf Verdächtige im Alter von 16, 17, 19, 20 und 22 Jahren, darunter auch eine junge Frau, hinter Gitter. Thiel schickt ihnen einen Gruß hinterher: "Ätsch, hat doch geklappt." Staatsanwältin Sonja Pelka spricht von einer gezielten Tat. Es handele sich nicht um einen aus dem Ruder gelaufenen Einbruch. Das Quintett habe dem 81-Jährigen aufgelauert und dabei große Ausdauer an den Tag gelegt.
Inzwischen haben sich in Mönchengladbach Ermittler aus anderen Städten gemeldet, die nun prüfen, ob die Bande für ähnliche Taten verantwortlich ist, bei denen Rentner brutal misshandelt wurden. Die Ermittler vermuten, dass auch eine Einbruchserie in Tönisvorst auf ihr Konto gehen könnte. Unklar ist noch, wie hoch die Beute im Haus von Johannes W. war. Niemand, außer den Mördern, scheint genau zu wissen, was der alte Mann in seinem Tresor gehortet hatte.