Zehntausendfacher MissbrauchKirche in Niederlanden am Pranger
Zehntausende Fälle von Missbrauch hat es zwischen 1945 und 2010 in den katholischen Einrichtungen in den Niederlanden gegeben. Wie offenbar weltweit reagierte die Kirche nicht mit Anzeigen, sondern mit Vertuschung.
In den Niederlanden hat eine Untersuchungskommission zehntausende Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche aus den vergangenen sechs Jahrzehnten ans Licht gebracht. "Mehrere zehntausend Minderjährige" seien zwischen 1945 und 2010 in katholischen Einrichtungen missbraucht worden, teilte die Kommission mit. Sie warf der Kirche vor, lange Zeit die Augen vor der Gewalt verschlossen zu haben.
Die Kinder seien "leichtem, schwerem und sehr schwerem" Missbrauch ausgesetzt gewesen, hieß es im Abschlussbericht der Kommission, die gut ein Jahr lang Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche in den Niederlanden nachging. Auf Grundlage von Personenbeschreibungen seien 800 Täter identifiziert worden. Von ihnen seien mindestens 105 noch am Leben. Einige stünden weiterhin im Dienst der Kirche, erklärte die Kommission.
"Die Problematik des sexuellen Missbrauchs war innerhalb der Orden und Bistümer der niederländischen katholischen Kirche bekannt, aber es wurden keine adäquaten Schritte unternommen", kritisierte die Kommission. Das jahrelange Schweigen der Geistlichen sei aber mit dem bis in die 1960er Jahre währenden Tabu der Sexualität in der Öffentlichkeit sowie einer Kultur der "Verschlossenheit" innerhalb der katholischen Kirche zu begründen.
Zölibat "ein Risiko"
Das Zölibat von Priestern stuften die Kommissionsmitglieder nicht als "entscheidenden" Faktor für einen Missbrauch ein. Es stelle jedoch "ein Risiko" dar.
Wegen Änderungen im Bildungssystem gab es ab 1981 in den Niederlanden nur noch wenige katholische Einrichtungen für Minderjährige. Doch auch in den Jahren danach gab es der Untersuchung zufolge Missbrauchsfälle.
Die niederländische Bischofskonferenz entschuldigte sich in einer Erklärung für die Übergriffe. "Diese Episode erfüllt uns mit Scham und Bedauern." Die Details des Untersuchungsberichts seien "schockierend".
Die katholische Kirche ist seit den 1990er Jahren weltweit durch zahlreiche Missbrauchsskandale erschüttert worden. Die deutsche Wikipedia listet neben Deutschland, Österreich und der Schweiz Fälle aus insgesamt 28 Staaten.
In den Niederlanden hatten die dortige Bischofskonferenz sowie die Konferenz der religiösen Einrichtungen des Landes im März 2010 eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe versprochen. Die Leitung übernahm der frühere Bildungsminister Wim Deetman, der einst auch als Richter tätig war und zugleich Psychologe ist.