Politik

600 Millionen statt 1,4 Milliarden Euro Stuttgart-21-Ende doch billiger

Differenzierte Zahlen:Schlichter Geißler lauscht den Worten von Bahnvorstand Kefer.

Differenzierte Zahlen:Schlichter Geißler lauscht den Worten von Bahnvorstand Kefer.

(Foto: dapd)

Die reinen Kosten für einen Ausstieg aus Stuttgart 21 sind deutlich niedriger, als bislang von der Bahn behauptet. Das räumt Bahn-Vorstand Kefer bei der Schlichtung in Stuttgart ein. Die Gegner frohlocken und verweisen auf ihr Konzept eines Kopfbahnhofs. Das lehnt die Bahn aber ab. Schlichter Geißler fordert neue Konzepte für Bauvorhaben dieser Größe.

Der Ausstieg aus dem umstrittenen Milliardenprojekt Stuttgart 21 würde die Bahn offenbar deutlich weniger Geld kosten als bislang behauptet. Während Bahnchef Rüdiger Grube bisher stets von 1,4 Milliarden Euro und CDU-Fraktionschef Peter Hauk sogar von zwei Milliarden sprach, räumte der Vertreter der Bahn bei der Schlichtungsrunde in Stuttgart erstmals niedrigere Zahlen ein. Bahn-Vorstand Volker Kefer bezifferte die reinen Kosten für einen möglichen Abbruch des Projekts auf etwa 600 Millionen Euro.

Doch woher kommt dieser große Unterschied? Für rund 900 Millionen Euro hat die Bahn ihre Gleisflächen vor dem Kopfbahnhof verkauft. Die müsste sie an die Stadt zurückbuchen. Echte Ausstiegskosten seien die 900 Millionen Euro nicht, eher ein Nullsummenspiel, hatte der Bahnexperte Christian Böttger, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, mal vorgerechnet. Laut Vertrag müsse die Bahn beim Aus für Stuttgart 21 den Verkaufserlös plus 5,5 Prozent Zinsen pro Jahr an die Stadt zurückzahlen, die ebenfalls zu den Projektträgern von Stuttgart 21 gehört.

Forderung nach Kopfbahnhof

Pro Kopfbahnhof: Die Grünen Palmer und Werner Wölfle bei den Schlichtungsgesprächen.

Pro Kopfbahnhof: Die Grünen Palmer und Werner Wölfle bei den Schlichtungsgesprächen.

(Foto: dapd)

Dieses Eingeständnis der Bahn ist Wasser auf die Mühlen der Gegner des Projekts. "Durch die Schlichtung kommen die Zahlen ans Tageslicht", sagte Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Die Stuttgart-21-Gegner propagieren eine Modernisierung des alten Stuttgarter Kopfbahnhofs statt der geplanten unterirdischen Durchgangsstation. Die Bahn lehnt einen Umbau aber als zu schwierig ab und warnt vor weiteren Eingriffen in Stadt und Natur. Eine Modernisierung des Kopfbahnhofs ließe sich schrittweise in Modulen leichter verwirklichen als der geplante Tiefbahnhof, machte der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi geltend. Bahn-Vorstand Kefer entgegnete, der Umbau des Kopfbahnhofs im laufenden Betrieb sei schwierig und langwierig.

Aus Sicht der Gegner sei bei einem Umbau sowohl der kilometerlange Tunnel entbehrlich wie auch ein umfangreiches Grundwassermanagement zu Regulierung des Wasserspiegels. Der Tübinger Oberbürgermeister und Grünen-Verkehrsexperte Palmer sagte bei der vierten Runde der Schlichtungsgespräche zu unter Leitung von Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, bei einer Modernisierung des Kopfbahnhofs ließe sich sogar die Zahl der zu fahrenden Züge auf 52 pro Stunde steigern, während die Planer von Stuttgart 21 nur von 38 ausgingen.

Geißler: Konsequenzen ziehen

Bahn-Vorstand Kefer erwiderte, beim Umbau-Konzept würden einzelne Quartiere der Landeshauptstadt sowie das Neckartal östlich von Stuttgart stark durchschnitten. Außerdem müsste der Kopfbahnhof "unter dem rollenden Rad" umgebaut werden. Dagegen werde bei der Verlegung des Bahnhofs unter die Erde - quer zur jetzigen Gleisführung - der laufende Bahnbetriebs nicht beeinträchtigt.

Geißler plädierte für schnellere Verfahren bei der Planung von Großprojekten. "Das Baurecht muss dringend verändert werden." So laufe die Planung für die Verlegung des Hauptbahnhofs unter die Erde und den Bau einer neuen Schnellbahntrasse schon seit gut 16 Jahren. "Wir sollten Initiativen ergreifen, um diese Verfahren zu verbessern."

Die Schlichtungsgespräche sollen in den kommenden Wochen mit verschiedenen Schwerpunkten fortgesetzt werden. Für Ende November ist die Abschlusssitzung vorgesehen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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