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Unguter Nachgeschmack20 Jahre Panama-Invasion

20.12.2009, 12:11 Uhr
Manuel-Noriega
Manuel Noriega (hier 1988) verschanzte sich in der Botschaft des Vatikans. Erst ein ohrenbetäubendes "Go to hell" führte dazu, dass es sich nach elf Tagen ergab. ... (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Die "Operation gerechte Sache" beginnt 1989, vier Tage vor Heiligabend. Noriega, der erklärte Lieblingsfeind Washingtons, soll gestürzt werden - mit einer völkerrechtlich fragwürdigen Aktion.

Die "Operation gerechte Sache" beginnt vier Tage vor Heiligabend: Kurz nach Mitternacht rollen am 20. Dezember 1989 die ersten von rund 24.000 zur Invasion aufgebotenen US-Soldaten in Lastwagenkolonnen durch Panama-Stadt. Wenig später dröhnen Kampfflieger über die Hauptstadt. Ihr Ziel ist das Hauptquartier von General Manuel Noriega, dem zwielichtigen, "starken Mann" des Landes. Der in Drogen- und Geldwäsche verwickelte erklärte Lieblingsfeind Washingtons soll gestürzt werden. Der Plan gelingt - doch auf zwei Altlasten bleiben die USA auch 20 Jahre später sitzen: auf dem unguten Nachgeschmack der völkerrechtlich fragwürdigen Aktion und auf Manuel Noriega, der in Florida seine Haftstrafe absitzt.

"Noriega, den wegen Drogenhandels angeklagten Diktator Panamas, wir wollen ihn vor Gericht stellen, Wir wollen ihn raus haben. Wir wollen die Demokratie in Panama wiederherstellen", rechtfertigt US-Präsident Herbert Walker Bush den Überraschungsakt. Betreut wird er von zwei prominenten US-Politikern: Verteidigungsminister Dick Cheney, der später unter Bush junior Vizepräsident wird, und US-Generalstabschef Colin Powell, der spätere Außenminister.

Auf der Gehaltsliste des CIA

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... Weitere Verdächtige waren schon vorher festgenommen worden. (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Sie sollen wett machen, was der US-Geheimdienst über Jahre verbockt hat: Die CIA hatte den zwielichtigen General jenseits des Kanals über Jahre auf ihrer Gehaltsliste. Noriega war nämlich nützlich im Kampf gegen die Kommunisten in Zentralamerika - vor allem in Nicaragua. Dort hatten die linksgerichteten Sandinisten zwar unter anderem mit von Noriega vermittelten Waffen das Terrorregime des Somoza-Clans gestürzt. Doch gleichzeitig bildete der General in Panama die Gegner der Kommunisten aus: die sogenannten "Contras", die auch Washington unterstützte.

Dort wiederum fiel Noriega in Ungnade als herauskam, dass er auch mit dem kubanischen Geheimdienst zusammenarbeitete. In Panama nahmen zudem Drogenhandel und Gewalt zu und es wurde immer offensichtlicher, dass auch Noriega seine Hände im Spiel hatte. Im Februar 1988 wurde er von zwei Gerichten in Florida wegen Geldwäsche und Drogenhandels angeklagt. Als im Oktober 1989 wiederholt Putschversuche gegen den Gewaltherrscher misslangen, griff George Bush senior schließlich durch.

"Nowhere to run" zermürbte den General

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Die Panamaer feierten den Einzug der Amerikaner. (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Es dauerte nur ein paar Stunden, bis die US-Soldaten Noriegas Hochburg unter Kontrolle hatten, doch der General war auf der Flucht. Sie endete am Heiligen Abend in der Botschaft des Vatikans in Panama-Stadt. Papst Johannes Paul II. wollte den ungebetenen Gast weder ausliefern, noch ihm Asyl gewähren. Da halfen die Amerikaner nach: Rund um das Haus des Nuntius bauten sie 10.000-Watt-Lautsprecher auf und beschallten es pausenlos mit ohrenbetäubender Rockmusik. Unter Songs wie "Go to hell" oder "Nowhere to run" wurde selbst der hartgesottene General nach elf Tagen mürbe. Noriega ergab sich. Heute sitzt er in einem Gefängnis in Miami seine auf 30 Jahre reduzierte Haftstrafe ab und bereitet den US-Behörden Kopfweh.

Mehrjährige Strafen

Ein Versuch, den Ex-Machthaber nach Frankreich abzuschieben, wo ihm eine weitere zehnjährige Haftstrafe wegen Geldwäsche droht, war 2007 wegen des Einspruchs seines Anwalts gescheitert. "Frankreich möchte Noriega gar nicht wirklich", sagte Noriegas Anwalt, Frank Rubino, der dpa. "Sie haben seine Abschiebung nur gefordert, um Panama einen Gefallen zu tun." Dort nämlich fürchteten viele, dass Noriega in die Politik zurückkehren und Unruhe säen könnte. "Er weiß außerdem viel über die Machenschaften einiger Leute dort und könnte auspacken." Auch in Panama wartet eine Gefängnisstrafe auf den heute 69-Jährigen. 1995 wurde er zu 40 Jahren Haft wegen der Ermordung zweier Oppositioneller verurteilt. Doch nach den dortigen Gesetzen könnte er seine Strafe vom 74. Lebensjahr an als Hausarrest verbüßen.

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Noriega wurde wegen Mord, Drogenhandels und Geldwäsche zu 30 Jahren Haft verurteilt. (Foto: ASSOCIATED PRESS)

Die USA tragen nach Meinung von Kritikern einen bleibenden Schaden der Aktion davon. Auch wenn sie die damalige Einsetzung des ihnen freundlich gesinnten Politikers Guillermo Endara zum neuen Präsidenten Panamas als Erfolg verbuchen, haftet der "Operation gerechte Sache" etwas Unrechtes an: Nach Schätzungen von Menschenrechtlern starben durch die Invasion rund 7000 Menschen. Der Schaden für das Land wurde auf über zwei Milliarden Dollar beziffert.

Eine Frage bleibt

"Die Erinnerung an die Aktion trifft einen echten Nerv in Lateinamerika", meint Michael Shifter vom Washingtoner Thinktank "Interamerican-Dialogue". Viele Menschen in der Region fragten sich bis heute: "Wenn die USA eine illegale Ivasion starten können, weil sie einen Machthaber als Drogenhändler wähnen, was hindert sie daran, das auch in einem anderen Land zu tun?"

Quelle: Antje Passenheim, dpa