Umbruch in Ägypten Die Opposition hat viele Köpfe
02.02.2011, 16:28 UhrÄgypten steht vor einem tiefgreifenden Wandel und möglicherweise vor den ersten freien Wahlen überhaupt. Es folgen einige der wichtigsten Personen der Opposition, die in den kommenden Wochen und Monaten eine wichtige Rolle spielen könnten:
Mohamed el-Baradei
Der langjährige Chef der UN-Atomenergiebehörde (IAEA) blickt auf eine steile Diplomatenkarriere zurück, die ihm 2005 auch den Friedensnobelpreis bescherte. Der studierte Jurist kehrte 2010 nach Ägypten zurück und warf sich gleich in die politische Arena: Der 68-Jährige forderte noch vor Beginn der Proteste demokratische Reformen und ein Ende der vom Militär unterstützten autokratischen Herrschaft Mubaraks. Allerdings enttäuschte el-Baradei viele seiner Anhänger, weil er in den vergangenen Monaten die meiste Zeit im Ausland verbrachte. Mit Beginn der Proteste kehrte er nach Kairo zurück und kündigte an, er wolle sich an einer Übergangsregierung beteiligen. Beim "Marsch der Millionen" forderte er Mubarak auf, das Land sofort zu verlassen und den Weg für Demokratie freizumachen.
Mohammed Badie
Der 66-jährige Konservative wurde im vergangenen Jahr Anführer der größten Oppositionsgruppe in Ägypten: der Muslimbruderschaft. Zwar verfügt die Bewegung über eine ganze Reihe von Führern, die im Namen der Bruderschaft sprechen - dazu zählen etwa auch Essam Al-Erian und der im Londoner Exil lebende Kamel El-Helbawi. Sollte die Bruderschaft allerdings in Verhandlungen über eine Regierungsbeteiligung treten, so würde sie es nicht ohne die Zustimmung ihres "Murschid 'aam", also ihres allgemeinen Führers Badie machen. Aus Furcht vor Repressalien hatte Badie es zuletzt vermieden, Mubarak offen herauszufordern. Die Regierung hat die Muslimbruderschaft offiziell verboten, gestattet ihr aber politische Arbeit in engen Grenzen.
Aiman Nur
Der liberale Politiker und Anwalt trat bei der Präsidentenwahl 2005 gegen Mubarak an. Seine freche Wahlkampfrhetorik wurde ihm aber zum Verhängnis: Wegen des Vorwurfs der Dokumentenfälschung bei der Gründung seiner Partei "Ghad" (Morgen) ließ ihn die Mubarak-Regierung zu fünf Jahren Gefängnis verurteilen, von denen Nur gut drei Jahre absaß. Im Anschluss erließ die politische Führung gegen ihn ein fünfjähriges Berufsverbot als Politiker. Damit dürfte Nur nicht erneut bei der Präsidentenwahl im September antreten, sollte das Berufsverbot aufrecht erhalten bleiben.
Amre Mussa
Der Generalsekretär der Arabischen Liga war unter Mubarak langjähriger Außenminister und erfreute sich wegen seiner israel-kritischen Rhetorik großer Beliebtheit in der Bevölkerung. Seitdem wird Mussa von vielen Ägyptern immer wieder als Mubarak-Nachfolger gehandelt. Seit dem Beginn der Proteste hat er sich wiederholt zu Wort gemeldet und ein Mehr-Parteien-System gefordert. Zuletzt erklärte Mussa auch seine Bereitschaft, sich nach einem Rückzug Mubaraks als Präsidentschaftskandidat aufstellen zu lassen.
Ahmed Sewail
Der Gewinner des Chemie-Nobelpreises 1999 hatte im vergangenen Jahr betont, keine politischen Ambitionen in seinem Heimatland zu verfolgen. Allerdings wird Sewail in ägyptischen Zeitungen immer wieder an prominenter Stelle erwähnt, wenn es um die Besetzung eines "Rats der Weisen" geht, der Vorschläge für eine Verfassungsreform ausarbeiten soll.
Hamdin Sabahi
Der nationalistische Politiker führt die Karama-Partei an, die von Mubarak als eine der wenigen politischen Bewegungen eine offizielle Zulassung erhalten hat. Er sitzt seit 2005 im Parlament und hat wiederholt mit dem Gedanken gespielt, für die Präsidentenwahl in diesem Jahr seinen Hut in den Ring zu werfen.
Quelle: ntv.de, rts