Dossier

Zehn offene Fragen "Ich will kein halbtotes Wrack sein"

(Foto: picture alliance / dpa)

Sie hat es weit gebracht in ihrer politischen Karriere, doch die Probleme wachsen stets nach. Merkel muss sich um CDU, Atommüll und das Klima kümmern. Auch einen Nachfolger braucht sie noch, damit sie würdig von der Bühne treten kann.

Koalition mit der FDP durchhalten

Es war ein holpriger Start und die Nerven in der "christlich-liberalen" Koalition sind angespannt. Die FDP hat sich das laute Schreien aus Oppositionszeiten noch nicht abgewöhnt und ist sich im Zweifel auch nicht für den Widerspruch noch in der kleinsten politischen Angelegenheit zu schade. Richtig brenzlig könnte es werden, wenn bei der Landtagswahl in NRW wie prognostiziert die schwarz-gelbe Mehrheit schwindet, die FDP aus der Regierung fliegt und die CDU ein schwarz-grünes Bündnis wagt. Doch Merkel hat bislang starke Nerven und ein großes Talent zum Aussitzen bewiesen. Ein vorzeitiges Ende der Koalition wäre eine große Überraschung.

Kontrolle der Finanzmärkte

Politik ist bekanntlich das Bohren dicker Bretter und die internationalen Finanzmärkte zählen wohl zu den dicksten, die Merkel je vor sich hatte. "Wir wollen sicherstellen, dass es in Zukunft keine weißen Flecken mehr auf der Landkarte unserer Welt gibt, wenn es um Finanzmarktprodukte geht, wenn es um die Teilnehmer des Marktes geht und wenn es um die Instrumente geht", hatte Merkel im Februar 2009 nach der Finanzkrise angekündigt. Doch noch sind die Flecken nicht beseitigt, die internationale Gemeinschaft tut sich mit einer Einigung schwer. In Deutschland hat Merkel mit Bankenabgabe, strengeren Eigenkapitalvorschriften und der Stärkung der Bankenaufsicht bislang auch nur erste Schritte unternommen.

Die CDU als Volkspartei erhalten

Zwar wurde die CDU 2009 mit 33,8 Prozent erneut stärkste Kraft, doch Merkels Partei leidet unter zunehmendem Wählerschwund. Merkel hat ihre Partei bis weit in die Mitte geführt und der SPD erfolgreich Wähler weggelockt. Auf lange Sicht bedroht das zersplitterte Fünfparteiensystem jedoch auch die CDU. Merkels Ziel ist es, die CDU auf Dauer als einzige große Partei in der Mitte zu halten und - bis auf die Linken - für alle Koalitionen offen zu halten. Dabei muss sie aufpassen, nicht zu viele konservative Wähler zu verlieren.

Endlager für Atommüll finden

Es ist eines der größten Probleme aller Staaten, die sich mit Atomkraft versorgen: Wohin mit dem Müll, der auf tausende Jahre hin strahlend gefährlich ist? Auch in Deutschland ist bislang keine tragfähige Lösung für die Entsorgung in Sicht, der Salzstock in Gorleben ist die bislang einzige, aber höchst umstrittene und unsichere Option. Merkel hält sich in diesem Punkt bislang noch bedeckt - aussitzen wird sie dieses Problem nicht können.

Klimawandel

2007 war das Jahr der Klimakanzlerin. Angela Merkel setzte den Klimaschutz ganz oben auf ihre Agenda. Die ehemalige Umweltministerin schien das Thema ihrer Kanzlerschaft gefunden zu haben. Bis die Finanzkrise über die Welt hereinbrach und alle Sorgen um die Lebensgrundlagen der Menschheit in den Hintergrund verbannte. Die Klimakanzlerin hat abgedankt. Nach dem gescheiterten Gipfel in Kopenhagen scheint die Rettung der Welt endgültig vertagt worden zu sein. Aber die Uhr tickt immer lauter.

Schuldenabbau

Apropos Uhr: Auch die Schuldenuhr sollte Merkel keine Ruhe lassen. Allein in diesem Jahr muss sie eine Neuverschuldung von über 80 Milliarden Euro verantworten, der deutsche Schuldenberg ist 2009 auf insgesamt 1,69 Billionen Euro angewachsen. 1.690.000.000.000 Euro. Allein schon wegen der baldigen Schuldenbremse muss die Bundesregierung bis 2016 jedes Jahr mindestens 10 Milliarden Euro sparen. Wo und wie das passieren soll, verschweigt die Kanzlerin bislang. Vielleicht verrät es Merkel nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.

Einen Twitter-Account einrichten

Knapp 30.000 Fans hat die CDU-Chefin bereits auf Facebook, weitere rund 70.000 sind es in den VZ-Netzwerken. Nur Gezwitscher ist von Merkel bislang nicht zu hören, den direktesten Kanal lässt die Kanzlerin bislang ungenutzt. So erfahren wir nichts über den Stand der Koalitionsrunden oder die Langeweile im Bundestag. Vielleicht kann ja ihre Büroleiterin Beate Baumann für die Chefin mit dem Zwitschern beginnen.

Ein Projekt mit ihrem Namen verbinden

Helmut Kohl wird für immer der Kanzler der Einheit bleiben, Gerhard Schröders Name ist mit den Hartz-Reformen verbunden. Und Angela Merkels Kanzlerschaft? Bislang ist kein Projekt in Sicht, das für ihre Amtszeit stehen wird. Wenn Merkel sich nicht selbst ein Thema sucht, wird es ihr aufgedrückt werden. Es könnte auch das schwarz-grüne Projekt werden, wenn sie 2013 die Wiederwahl schafft.

Einen Nachfolger aufbauen

Kohls Mädchen hat gut aufgepasst und von ihrem politischen Ziehvater den Machterhalt gelernt. Merkel sitzt in der CDU unangefochten an der Spitze, sie hat ihre größten Konkurrenten ausgeschaltet und sich mit loyalen Politikern umgeben. Ein potenzieller Kronprinz ist bislang nicht bekannt. Auf diese Weise erhält Merkel vielleicht ihre Macht, doch tut sie ihrer Partei damit keinen Gefallen. Denn was ist, wenn sie abtritt von der politischen Bühne?

Das Leben danach vorbereiten

"Ich möchte irgendwann den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der Politik finden (…) Ich will dann kein halbtotes Wrack sein, sondern mir nach einer Phase der Langeweile etwas anderes einfallen lassen", hat Merkel 1998 gesagt. Von Amtsmüdigkeit ist noch lange nichts zu spüren. Es wäre eine Überraschung, wenn Merkel 2013 nicht noch einmal zur Bundestagswahl antritt. Ein bisschen Zeit hat sie also noch, ihren Abgang vorzubereiten.

Quelle: ntv.de

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