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Der schleichende Abschied von der Macht Kein Artenschutz für Hochtief

Hochtief hat gekämpft - und vorerst verloren. Doch was eigentlich? Wer als Unternehmen sein Glück am Aktienmarkt sucht, darf sich nicht beschweren, dort nicht der einzige Glücksritter zu sein. Das gilt insbesondere dann, wenn aus einem Jäger ein Gejagter wird - Déjà-vu nicht ausgeschlossen.

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(Foto: dpa)

Das stelle man sich mal vor: Da notiert am deutschen Aktienmarkt der größte Baukonzern des Landes. Eines Tages kommt ein anderes Unternehmen, ebenfalls aus der Baubranche, und kauft sich einen Minderheitsanteil an dem Branchenprimus. Geraume Zeit sieht es so aus, als ginge es dem Käufer der Beteiligung nur darum, an den Geschäften des anderen mitzuverdienen. Doch plötzlich wendet sich das Blatt: Der Minderheitseigner hat plötzlich große Pläne und will den Platzhirschen übernehmen. Damit das Vorhaben glückt und nicht zu teuer wird, spielt der Käufer auch über Bande und bedient sich manches Tricks. Der Bauriese fühlt sich bedroht und tut alles, damit es nicht zu der Übernahme kommt.

Wer wissen will, wie die Geschichte ausgeht, der muss in die Unternehmenschronik von Hochtief schauen: Am 23. September 1998 bläst Hochtief die Übernahme des damaligen größten deutschen Baukonzerns Philipp Holzmann ab. Dass Holzmann gerade einmal ein Jahr später medienwirksam vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder "gerettet" wurde, um dann wenige Jahre darauf endgültig abgewickelt zu werden, ist Ironie der Geschichte.

Rollenwechsel

Rund ein Jahrzehnt später ist aus dem Jäger ein Gejagter geworden. Doch Hochtief will sich mit diesem Rollenwechsel nicht abfinden. Mit allen Mitteln versucht der heutige deutsche Branchenprimus, eine feindliche Übernahme durch den spanischen Rivalen ACS zu verhindern. Nun glückt den Iberern das vorläufig wichtigste Etappenziel: Mit einem Umtauschangebot kann ACS seinen Anteil an Hochtief über 30 Prozent hieven, ohne allen anderen Aktionären ein teures Pflichtangebot zu machen.

Hochtief sollte spätestens jetzt einsehen, dass die Gesetze der Kapitalmärkte keine Einbahnstraße sind. Vor den Toren der Essener Konzernzentrale stehen nicht die Tataren, die Hochtief nun brandschatzen und plündern wollen, sondern im Zweifel die Rechtsvertreter eines großen börsennotierten spanischen Aktienunternehmens, das mit Hilfe von Hochtief einen weltweit führenden Infrastrukturkonzern schmieden will.

Wer als Bauunternehmer vor einer Zerschlagung des eigenen Konzerns warnt und fürchtet, dass Unternehmensentscheidungen dann künftig nicht mehr in Essen, sondern nur noch in Madrid gefällt werden, legt damit nur sein eigenes Unvermögen offen, das eigene Unternehmen wirksam vor einer Übernahme zu schützen. Dass nicht jeder Käufer am Aktienmarkt vorher anklingelt und artig "bitte" sagt, gehört zu den Gepflogenheiten des Marktes. Das jedoch dürfte auch bei Hochtief hinlänglich bekannt sein.

Quelle: ntv.de

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