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Von den Machern von "You're next""The Guest": Der Teufel ist ein Eichhörnchen

11.05.2015, 18:02 Uhr
imageVon Thomas Badtke
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David ist ein eiskalter Killer - und ein Schwiegersohn-Typ vorm Herrn. (Foto: Splendid)

Spieglein, Spieglein an der Wand: Wo steckt der Mörder mit der Waffe in der Hand? Mit einem wahren Genre-Feuerwerk wartet Adam Wingards zweiter Spielfilm auf. Er schockt erneut - aber mit Stil und in Anlehnung an die 1980er-Jahre. Grandios!

Es gibt Sprüche, die sitzen einfach: "Der Teufel ist ein Eichhörnchen" ist so einer. Der deutsche Fußballtrainer Norbert Meier, der mit Arminia Bielefeld gerade in die 2. Liga aufgestiegen ist und im DFB-Pokal-Halbfinale stand, benutzt ihn häufiger – und er mahnt damit zur Vorsicht. Denn: Der Teufel, und damit das Unglück, kann auch in kleinen, niedlichen und scheinbar harmlosen Dingen stecken. Sie drücken Misstrauen aus. "Der Teufel ist ein Eichhörnchen" passt damit auch perfekt auf den Film "The Guest" und dessen Hauptperson David (Dan Stevens; "Downtown Abbey").

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Klopf, klopf: "Ich bin das Eichhörnchen." (Foto: Splendid)

Dan ist auf den ersten Blick der perfekte Schwiegersohn: höflich, zuvorkommend, einfach sympathisch. Als David vor der Tür der Familie Peterson steht, stellt er sich als Kamerad und Freund von Caleb vor, dem im Krieg gefallenen ältesten Sohn der Familie. Er sei nicht mehr in der Armee, habe Caleb aber einst versprochen, seine Familie zu besuchen und ihr seine Ehrerbietung zu erweisen. Das tut er nun - und mit seiner ruhigen und bescheidenen Art ("Ja, Ma'am …") hat er sofort ein Stein im Brett von Calebs Mutter Laura (Sheila Kelley; "Tricks").

Bei Calebs Vater Spencer (Leland Orser; "96 Hours", "Sieben") braucht David etwas länger. Er merkt aber schnell, dass die Familie unter dem Tod ihres ältesten Sohnes leidet, dass sie droht, daran auseinanderzubrechen. Und das spielt David in die Karten. Ein Gespräch vorm Fernseher und ein paar Bier später hat David auch Spencer um den Finger gewickelt: Er solle doch ein paar Tage bleiben, bis er weiß, wo ihn sein weiteres Leben hin verschlägt, sagt der. David weiß das schon ganz genau.

Gesundes Misstrauen rettet vielleicht dein Leben

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Anna und Luke: Am Anfang haben beide keine Ahnung, welches Monster sich hinter Davids Fassade verbirgt. (Foto: Splendid)

Calebs Schwester Anna (Maika Monroe; "Echoes of War") erwischt David eines Morgens nur mit einem Handtuch bekleidet im Bad. Ihre Blicke sagen alles. Sie hat nichts gegen ein Bleiben von Calebs bestem Freund. Luke (Brendan Meyer; "Zahnfee auf Bewährung"), Calebs kleiner Bruder, auch nicht. Sein Vertrauen gewinnt David, indem er dem an der Schule von ein paar halbstarken Footballern schikanierten Jungen hilft. Er mischt dessen Peiniger auf. Mehr nicht. Das reicht schon.

Alles scheint nun gut im Haus der Petersons. David wird immer mehr zu Caleb. Es ist, als wäre er schon immer da gewesen - mit seinem einnehmenden Wesen und seiner Coolness. Doch Annas weiblicher Instinkt sagt ihr, dass sich hinter der schönen Fassade etwas Schmutziges verbirgt. Sie forscht nach, will herausfinden, wer David wirklich ist. Ein Anruf bei der Armee lässt dort die Alarmglocken schrillen. Aber da ist es bereits zu spät. Erste Leichen tauchen auf.

Genre-Mix und 1980er-Hommage

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"The Guest" ist bei Splendid auf DVD und Blu-ray erschienen. (Foto: Splendid)

Bis zum Ende von "The Guest" kommen weitere hinzu. Regisseur Adam Wingard und Drehbuchautor Simon Barrett haben sich den Plot wohlüberlegt. Wie bei ihrem ersten Film in Spielfilmlänge "You're next" lassen sie es dabei Genre-technisch aber mal so richtig krachen. 1980er-Jahre-Horror trifft hier auf Home-Invasion-Thriller; Familien-, Coming-of-Age- und Highschool-Drama auf Verschwörungs-Actionknaller.

Als Zuschauer wird man das Gefühl nicht los, alles sei schon mal dagewesen: Stevens erinnert an Ryan Gosling (rein äußerlich und auch in seiner coolen, charismatischen Spielweise). Die Aufmachung von "The Guest" könnte auch von John Carpenter stammen. Die Schlussszene erinnert an "Halloween", "Carrie" und "My Bloody Valentine". James Camerons "Terminator" kommt einem ebenfalls in den Sinn.

Ein Film, der Stil hat

Das i-Tüpfelchen ist aber der Score. Front 242, DAF, Love and Rockets, Sisters of Mercy: Der 1980er Synthie-Sound begleitet die Story nicht nur, er treibt sie vorwärts. Techno ist ebenfalls mit im Spiel.

All das zusammengenommen macht "The Guest" zu eben diesem außergewöhnlichen Film, der er ist. Hommage trifft es am Besten. Hommage an eine Zeit, wo die Welt noch in Ordnung schien, wo Filme noch Jahre brauchten, ehe sie nach dem Kino im Fernsehen liefen. Eine Zeit, in der Filme noch handgemacht waren und Kunstblut Hochkonjunktur hatte. Eine Zeit, in der man ehrliche Arbeit noch geschätzt hat.

Wingard und Barrett gebührt daher Dank, ebenso Hauptdarsteller Stevens. Der bleibt cool, bescheiden, ja selbst höflich bis zum Schluss. Auch wenn er dabei mächtig viel Blut fließen lässt. Er mordet mit Stil. Und wie der Teufel, der eigentlich ein Eichhörnchen ist, ist Davids Mission am Ende von "The Guest" noch lange nicht "accomplished".

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Quelle: ntv.de

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