Panorama

"Möglichst jeder" soll ankommenBahn weitet Fahrpläne aus

21.12.2010, 18:13 Uhr

Die Deutsche Bahn weitet mit zusätzlichen Intercity-Zügen aus - und lehnt sich weit aus dem winterlichen Fenster: "Möglichst jeder" solle sein Weihnachtsziel erreichen, verspricht Vorstand Ulrich Homburg. Das Unternehmen habe sich intensiv auf die Wetterverhältnisse vorbereitet. Kritiker zweifeln allerdings daran.

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Mehr Züge sollen die zusätzlichen Fahrgäste ans Ziel bringen. (Foto: dpa)

Die Deutsche Bahn hat nach den witterungsbedingten Problemen der vergangenen Tage zu Weihnachten ein Höchstmaß an Anstrengungen versprochen. Alle verfügbaren Züge würden fahren und "möglichst jeder" solle sein Reiseziel zu Weihnachten erreichen, sagte Personenverkehr-Vorstand Ulrich Homburg der "Bild"-Zeitung. Verkehrsexperten von FDP und Grünen hielten dem Konzern massive Fehler vor.

Wichtige Routen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung will die Bahn deshalb stärken. Sie reagiert damit auf den starken Zustrom von Reisenden, die angesichts des eisigen Winterwetters von Auto und Flugzeugen auf die Bahn umsteigen. Dazu werden ab Mittwoch die Fahrpläne für wichtige Fernverkehrsverbindungen ergänzt, wie die Bahn mitteilte. Die Änderungen sollen voraussichtlich bis 31. Dezember gelten. Auf weniger ausgelasteten IC-Strecken wird die Linienführung verändert, zum Teil werden auf diesen Verbindungen ersatzweise Regionalzüge fahren.

Ausgefallene Flüge und verschneite Straßen hatten in den vergangenen Tagen einen Ansturm auf die Bahn verursacht – allerdings hatten Schnee und Eis auch zu Verspätungen und Zugausfällen bei der Bahn geführt. Am Wochenende riet die Bahn sogar von nicht unbedingt notwendigen Fahrten ab. Auf den Routen, die jetzt verstärkt werden, seien bis zu 30 Prozent mehr Reisende unterwegs gewesen als im Vorjahreszeitraum.

Täglich 50.000 Reisende mehr

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Homburg: "So intensiv wie seit Jahren nicht auf den Winter vorbereitet." (Foto: dpa)

Seit dem Wintereinbruch habe die Bahn eine halbe Million zusätzlicher Buchungen gezählt, berichtete das Unternehmen. Derzeit kauften täglich rund 50.000 Fahrgäste mehr als sonst ein Bahnticket, freitags seien es sogar bis zu 100.000 Zusatzbuchungen auf den Hauptstrecken. Vorstandsmitglied Ulrich Homburg sagte, die Bahn wolle trotz des Engpasses bei ihren Wagen möglichst alle Fahrgäste an ihr Ziel bringen. "Mit den aktuellen Fahrplanänderungen wollen wir überbesetzte Züge auf den Hauptstrecken vermeiden und dennoch auf den Nebenstrecken keinen Fahrgast stehen lassen."

Bahn-Vorstand Homburg sagte, er könne verstehen, dass Kunden genervt sind. Aber trotz der extrem widrigen Umstände leisteten die Bahn-Mitarbeiter "immer noch Unglaubliches" und brächten 7,3 Millionen Fahrgäste in Bus und Bahn sicher an ihr Ziel. "Ich entschuldige mich bei all denjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist."

Zum besonders stark frequentierten Weihnachtsverkehr sagte Homburg, "wir werden alle verfügbaren Züge fahren und sicherstellen, dass die Hauptreiserouten im Fernverkehr mit der nötigen Kapazität befahren werden. Auf den Nebenstrecken wird unsere Regionalzug- und Busflotte dafür sorgen, dass möglichst jeder sein Reiseziel zu Weihnachten erreicht." Im Vergleich zum Auto- und Luftverkehr schlage sich die Bahn gut. Homburg sagte, sein Unternehmen habe sich so intensiv wie seit Jahren nicht auf den Winter vorbereitet, es seien fast viermal so viele Techniker im Einsatz und 10.000 Schneeräumkräfte.

Keine Reserven

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(Foto: dpa)

Der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann hielt der Bahn allerdings Versäumnisse vor. Der vom Konzern im Sommer vorgelegte Präventionsplan Winter 2011 sei "nicht mehr als Symptombekämpfung" gewesen, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses der "Passauer Neuen Presse". Die eigentlichen Probleme lägen woanders: "Es fehlt an Zügen und Wagen für den Betrieb." Große Teile des Bestandes seien in der Wartung.

Viele Weichen seien immer noch nicht mit einer Heizung ausgestattet und müssten per Hand freigeschaufelt und enteist werden, doch verfüge die Bahn dafür nicht über "ausreichend eigenes Personal", kritisierte Hermann weiter. "Hier rächen sich das übertriebene Spardenken vergangener Tage und die absurden Börsenträume der Bahn."

Auch der FDP-Verkehrsexperte Patrick Döring kritisierte den zu kleinen Wagenpark der Bahn. Dieser sei "auf Kante genäht", sagte er. Wegen des umfangreichen Wartungsprogramms aufgrund der Probleme mit Achsen bei ICE-Zügen gebe es keine Reserven mehr.

Quelle: AFP/dpa