Panorama

Fipronil-belastete Eier Behörden wussten seit Anfang Juni vom Gift

file.jpg

Bereits seit Anfang Juni wissen die belgischen Behörden davon, dass Hühnereier im Umlauf sind, die mit dem Insektizid Fipronil belastet sind. Doch warum sind sie nicht eingeschritten?

Die belgischen Behörden haben bereits vor zwei Monaten von einer Belastung von Hühnereiern durch das Insektizid Fipronil erfahren. "Wir wussten seit Anfang Juni, dass es möglicherweise ein Problem mit Fipronil in der Geflügelzucht gibt", sagte eine Sprecherin der belgischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Katrien Stragier, dem Fernsehsender VRT.

Dennoch habe die Behörde entschieden, den Verdacht nicht öffentlich zu machen. "Das war, damit die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit machen konnte." Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen Betrugs. Gemeldet hatten die belgischen Behörden erste Fipronil-Fälle nach Angaben der EU-Kommission erst Wochen später am 20. Juli.

EU-weit gemeldet hatten die belgischen Behörden erste Fipronil-Fälle erst Wochen später am 20. Juli. Am 22. Juli wurde das Gift in den Niederlanden in Eiern von sieben Betrieben nachgewiesen. In den Tagen darauf folgten weitere Funde, auch vier deutsche Geflügelhöfe sowie eine Briefkastenfirma wurden beliefert.

Bundesagrarminister Christian Schmidt hat sich über die belgischen Behörden enttäuscht gezeigt. Schmidt hätte erwartet, zeitnah und umfassend informiert zu werden, erklärte ein Sprecher des CSU-Politikers. Am Montag wolle er mit seinem Amtskollegen in Brüssel telefonieren.

Millionen Eier aus dem Verkehr gezogen

Fipronil ist ein unter anderem bei Hunden und Katzen erlaubtes Kontaktgift, das gegen Hautparasiten wie Läuse, Milben und Flöhe wirkt. Die Anwendung bei Tieren, die Lebensmittel liefern, ist in der EU verboten. In hohen Dosen kann Fipronil für Menschen gefährlich sein. Wie genau es wirkt, ist allerdings nicht bekannt. In Experimenten mit Ratten schädigte der Stoff das Nervensystem und die Leber, hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt. Vorerst gebe es aber keine Befunde mit einem möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei.

Die belgische Behördensprecherin Stragier verteidigte die Entscheidung für die späte Weitergabe des Verdachts. Man habe zunächst Informationen über die Dimension des Problems sammeln müssen. Die ist inzwischen gewaltig: Millionen mit Fipronil belastete Eier wurden in den vergangenen Tagen in mehreren europäischen Ländern aus dem Verkehr gezogen. In Deutschland nahmen Aldi Nord und Süd sämtliche Eier aus den Regalen. Inzwischen gibt es zudem erste Rückrufe für Produkte mit verarbeiteten Eiern. Betroffen sind Salatprodukte eines Lübecker Unternehmens. 

Deutschland habe wie alle anderen EU-Staaten am 20. Juli erste Informationen erhalten, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt. Der Meldung zufolge habe es aber keinen Vertrieb in andere Länder und auch nach Deutschland gegeben. Am 28. Juli hätten die Niederlande dann abends über das EU-Schnellwarnsystem informiert, dass belastete Eier nach Deutschland gelangt waren.

Minister lässt Kritik abprallen

Der Minister wies Kritik an seinem Krisenmanagement zurück. "Die Lebensmittelüberwachung ist Aufgabe der Bundesländer." Trotzdem habe sich sein Ministerium unverzüglich eingeschaltet und befinde sich im engen Austausch mit den Ländern. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hatte Schmidt vorgeworfen, tagelang in der Versenkung zu verschwinden, während die Verbraucher verunsichert seien. Auch Ex-Agrarministerin Renate Künast kritisierte, ihr Amtsnachfolger habe sich nach Bekanntwerden des Problems erst einmal nicht gekümmert. "Obwohl sich das Land entgeistert gefragt hat: Was machen eigentlich Läusebekämpfungsmittel in meinem Ei?" 

In fast allen Bundesländern wurde inzwischen Fipronil in Eiern nachgewiesen. Auch Schweden und die Schweiz sind betroffen. Das für diesen Zweck verbotene Insektengift war vor allem in den Niederlanden in Legehennenbetrieben eingesetzt worden. Die giftige Substanz gelangte nach derzeitigem Stand der Ermittlungen über das Reinigungsmittel Dega-16 in die Ställe. Mutmaßlich hatte ein belgischer Hersteller Fipronil beigemischt. Auch wenn Experten bei den bisher nachgewiesenen Konzentrationen keine großen Gesundheitsrisiken sehen - die Verbraucher reagieren auf den Fipronil-Skandal: Bei Eiern sei mittlerweile "eine deutliche Kaufzurückhaltung" der Kunden zu beobachten, hieß es vom Lebensmittelhändler Rewe.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte Schadenersatz für betroffene Betriebe. Die Landwirte dürften nicht auf ihren Schäden sitzenbleiben, sagte der stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei dem Fipronil-Einsatz handele es sich "um ein klares Fehlverhalten eines Dienstleisters, der dieses Insektizid illegal einem legalen Desinfektionsmittel untergemischt hat".

Quelle: ntv.de, bdk/dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen